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Alt 25.12.2007, 19:33   #1
Hamilkar Barkas
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 97


Standard Medea III (2)

(Auftritt des Chores)

Chorführerin
Kein Gott hat das getan, doch wird euch einer richten,
weil ihr ermordet habt des Königs armes Kind,
durch deren rauhen Tod ihr keinen Ruhm gewinnt.
Auch gab es keinen Grund das Mädchen zu vernichten.
Doch kommen wir dem nach, euch alles zu berichten.
Das Fest war längst im Gang, als eure Gabe kam
und alle wurde still, als sie die Kinder sahn.
Man sah die Augen sich auf eure Boten richten.
Selbst Kleuka schien bedrückt, die Kinder dort zu sehen.
Auf ihrem schönen Mund das Lachen, es verging.
„Das ist der letzte Streich, den deine Frau beging“,
sprach sie zu ihrem Mann. „Sie sollten besser gehen.“
Sie hielten einen Zweig dem König da entgegen.
Der Ältere, er sprach: „Wir bringen ein Geschenk
für Jasons neue Braut, der alten eingedenk,
die unsre Mutter ist. Sie gibt euch ihren Segen.“
Der König billigt das, läßt sie vor Kleuka treten,
was sie auch folgsam tun. Sie geben ihr das Kleid,
dazu noch euren Kranz, und Kleuka ist bereit
die Sachen zu probiern, weil wir sie darum baten.

Medea
Sie haben sie berührt, eh sie sie Kleuka gaben?

Chorführerin
Das grausame Geschenk bekam sie auf die Hand,
das weitere Geschehn habt ihr bereits erkannt.

Medea
So ist es meine Schuld, daß meine Kinder starben.
So ist es meine Schuld, daß meine Kinder starben!

Chorführerin
Kaum trug sie euer Kleid, erhob sich schon ein Jammer,
das von den Kindern rührt. Genau an jener Hand,
die euer Kleid berührt, entflammt ein gift’ger Brand.
Die Knaben suchen sich einander festzuklammern.
Das facht das Gift noch an sich weiter auszubreiten
und rote Glut bedeckt die beiden Körper ganz,
die bald darauf erstrahln in einem hellen Glanz.
Man sieht momentelang wie sich die Augen weiten
und konnt‘ in ihrem Blick die Todesängste lesen,
eh er dann endlich bricht und sie zu Boden gehen
und mit gebroch’nem Blick hinauf zur Decke sehn.
Zwar fließt noch warm ihr Blut, doch sieht man sie verwesen.

Medea (schreit)
Was intressiert mich das? Erzähl wie sie gestorben,
wie Jason reagiert, doch nichts von seiner Brut,
sonst trifft am Ende dich Medeas rasend Wut.
Jetzt tut es auch nichts mehr, noch einmal mehr zu morden.

Chorführerin
Kaum daß die Kinder tot, entweicht auch Kleukas Wangen
das zarte rosarot, das sie doch stets geschmückt
und auch ihr Blick geht irr, als wäre sie entrückt
und alles, was sie sieht, von Nebeldunst verhangen.
Als träfe sie ein Blitz, beginnt sie dann zu schwanken,
doch will’s das Schicksal nicht, daß Ohnmacht sie umfängt.
Man sieht der Armen an, wie sie der Schmerz bedrängt,
als sie mit Macht versucht zum Vater hin zu wanken.
Sie hat ihn fast erreicht, als sie beginnt zu zucken
und giftig grüner Schaum aus ihrem Mund entfließt,
der sich wie eine Flut auf ihre Brüste gießt.
Zu allem Überfluß beginnt sie Blut zu spucken.
Auf ihrem Kopf der Kranz verwandelt sich in Schlangen,
die beißen ins Gesicht, daß sie vor Schmerzen schreit
und das hört nicht mehr auf. Sie schreit die ganze Zeit,
bis sie gestorben ist.
Medea: Es hat erst angefangen!

Erzieher
Wie sich Medea freut, die Schande aller Frauen,
weil sie das Leiden schuf, das Kleuka umgebracht,
weil sie, was sie gedroht, schlußendlich wahr gemacht.
Ihr solltet alle mal in ihre Fratze schauen!

Medea
Als ich gemordet hab, weil Jason es so wollte,
da hab ich Recht getan, doch jetzt bin ich verflucht,
weil ich mit diesem Mord das eigne Recht gesucht?
Was hättet ihr denn gern, das ich jetzt machen sollte?
Ich habe das getan, das ich für gut erachte
und büße schwer dafür, durch meiner Kinder Tod,
doch wußt‘ ich keinen Weg aus meiner großen Not
und rächte mich an dem, der mich so dreist verlachte.
Wer ist denn Jason schon, der erste aller Helden?
Glaubt ihr etwa im Ernst, er hätt mich je geleckt?
Er wußte grade mal, wo Mann ihn ihr reinsteckt.
Wer ihm etwas verdankt, der soll sich bei mir melden.
Doch bin ich mir gewiß, es wird sie niemand finden,
denn abgesehn vom Vlies hat er nie was vollbracht
und selbst bei dieser Tat hat er nicht mehr gemacht,
als eine schwache Frau mit seinem Schwanz zu schänden.
Was geht euch Kleuka an, das liderliche Flittchen?
Was hat denn diese Frau jemals für euch getan,
für das ihr dankbar wärt? Erwacht aus eurem Wahn,
sie macht‘ die Beine breit in ihrem Lotterbettchen.
Und nun, erzähle uns, was weiterhin geschehen.

Chorführerin
In Strömen floß das Blut von ihrem Kopf herab
und troff von dort auf’s Kleid, zum Boden dann hinab.
Es konnte, was geschah, von uns niemand verstehen.
Kaum daß ein Tropfen Blut des Kleides Saum berührte
entzündete es sich und flammte rasend schnell
in blauem Lichte auf. Das Feuer gleißte hell
und brannte derart heiß, wie ich noch keines spürte.
Es hat ihr Fleisch gekocht, die Haut warf große Blasen.
Ihr Vater ging zu ihr. Wir warnten ihn davor.
Der Anblick dieses Leids, verschloß jedoch sein Ohr,
denn Kleuka, sie begann, im Augenblick zu rasen.
Sie warf sich hin und her, versucht‘ sich zu befreien,
doch war es schon zu spät und schließlich war sie tot,
was noch das Beste war, das Ende ihrer Not.
Doch Kreon konnte sich ihr Sterben nicht verzeihen.
Es wäre seine Schuld. Weil er euch ja verschonte,
gab er zu dieser Tat euch die Gelegenheit.
Und darum wollte er auch teilen Kleukas Leid
Und warf sich über die vom Tode längst bewohnte.
Wir sahen dann im Saal, den König auch verdorben.
Nach kurzem Todeskampf war dann auch Kreon fort.
So wurdet ihr belohnt, für euren grausen Mord,
denn statt der Tochter bloß, sind beide jetzt gestorben.

Medea
So war es nicht gedacht. Der Plan ist fehlgeschlagen,
ich wollte Kreons nicht und nicht der Kinder Tod.
Nur Kleuka galt mein Schlag und Jason sollt‘ die Not,
die ich durch ihn erlitt am eignen Leid ertragen.
Ich habe sie ermahnt, als ich es übergeben:
„Ihr gebt das Kästchen nur und rührt nichts weiter an,
ihr gebt ihr das Geschenk, ihr knickst und geht sodann.“
Und hätten sie gehört, sie wären noch am Leben.
Ich streichelt‘ seinen Kopf und küßte seine Wange:
Da du der ält’re bist, vertraue ich’s dir an,
du gibst das Kästchen ihr, du knickst und gehst sodann.“
Und er versprach mir fest. „Wir bleiben dort nicht lange.“
Nun liegen sie erstarrt in Kreons Burg am Boden
und rühren sich nicht mehr. Kein Lachen mehr ertönt
aus meiner Kinder Mund. Ich hab sie stets verwöhnt
und hab sie umgebracht. Mein Haß hat mit betrogen.
Was mir das Liebste war, ich habe es verloren
durch meine eigne Schuld. Ich war zu unbedacht
und habe meinen Plan mit heißem Herz gemacht
und nicht mit kühlem Kopf, weshalb er fehlgeboren.
Zu spät, es ist geschehn und ich kann’s nicht mehr wenden.
Die Wangen tränennaß starrt ihr mich feindlich an.
Ich fühle euren Haß, den ich verstehen kann,
doch kümmert er mich nicht. Ich will es nun beenden.


Erzieher
Und enden wird es auch. Wenn sich hier niemand findet,
der dafür Sorge trägt, dann werde ich es sein,
der dem ein Ende macht, ein kleines Sklavenschwein.
(bei diesen Worten springt er auf und stößt ihr ein Messer in den Bauch.)
Dann werde ich es sein, der dir die Hände bindet.
Jetzt seht Medea an. Sie brachte uns Verderben,
sie brachte Mord und Tod mit ihrem Herz aus Gift,
da ist es nur gerecht, daß sie mein Messer trifft.
(er stößt es ihr ins Herz)
Das hast du nicht gedacht, durch meine Hand zu sterben.
(Zeitgleich mit des Erziehers letztem Satz aus dem Off

Jason
Wo ist Medea hin? Sie darf uns nicht entkommen.
Ihr geht und sucht sie dort, ihr andern folgt mir nach
und wer sie findet ruft. Sucht auch in dem Gemach,
ob sie sich dort versteckt. Sie wird uns nicht entkommen.
(Jason tritt auf)
Was ist hier passiert? [Schweigen] Wie konnte das geschehen?
Spricht niemand mehr mit mir? Ja, seid ihr alle stumm?
Ich warne jeden hier, verkauft mich nicht für dumm.
Wer diese Tat beging, der wird sie auch gestehen.

Erzieher
Am Messer ist noch Blut, das wird euch Rede stehen.
Die Mörderin ist tot und ich hab‘ es getan.

Jason
Medea, meine Frau und du hast es getan,
doch hattest du das Recht für das, was hier geschehen?
[Geht zu Medea, nimmt ihren Kopf in den Schoß.]
Kein Mensch war je wie du, war schöner oder wilder
und darum liegst du hier in deinem eignen Blut,
weil du ein Opfer bist, der eignen, wilden Wut.
Wenn du dich jetzt so säh‘st; du blickst im Tod viel milder.
Wer siegte jetzt im Spiel und wer hat es verloren?
Vernichtet hast du mich, Medea, ganz gewiß,
doch war es auch geplant, daß du gestorben bist?
Wie kann es sein? Kein Jubel dringt an meine Ohren.
Ist dir dein Racheplan am Ende doch mißlungen
Und war es Absicht nicht: der Kinder grause Tod?
Du würdest es gestehn, dein Antlitz wütend rot,
wär Leben noch in dir. Der Tod hat mich bezwungen.
Wer hätte das gedacht: man kann dich doch besiegen
und das auch noch ganz leicht, als wärst du nur ein Weib.
Ich hatte stets gedacht es wohnt in deinem Leib
Ein Dämon oder Gott, der könnt nicht unterliegen.
[Erhebt sich]
Nun bin ich ganz allein, denn du bist mir gestorben,
genau wie meine Braut, die du ermordet hast.
Auch unsrer Kinder Tod verschuldete dein Haß.
Am Leben hast du mir dadurch die Lust verdorben.
[Ersticht mit seinem Schwert den Erzieher.]
Du hattest nicht das Recht, Medea selbst zu richten,
wie sie es nicht gehabt, wie’s keinem Mensch gebührt
ein Rachegott zu sein. Wer meine Schmerzen spürt,
der handelt so wie ich und wird sich selbst vernichten.
(Stürzt sich in das eigene Schwert.)

Chor
Wir singen nun das alte Lied
vom Gottvertrau‘n.
Man sollte auf die eig‘ne Kraft
doch lieber bau‘n.

Jetzt stehen wir hier Knöcheltief
in rotem Blut,
das kübelweis‘ gesoffen hat
Medeas Wut.

Chorführerin
Es herrscht im Himmel Zeus auf ungeahnte Weise
und zeigt uns seine Macht in vielerlei Gestalt.
Wir beugen uns darum der göttlichen Gewalt
und dienen diesem Spruch zum lebenden Beweise.

Chor (Gegenstrophe)
Was immer sich der Gott gedacht,
wir wissen’s nicht.
Wer immer gegen ihn sich stellt
hat kein Gewicht.
Wir dulden das, was ihm gefällt
und klagen nicht,
denn unser Leben ist ein Glück,
das schnell zerbricht.
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