Frage eines Dichters

[Aquaria]

Hm, könntet ihr vielleicht nen neuen thread aufmachen, um den Text gehts hier ja wohl nicht mehr...

[Ex-Schamanski]

Zitat von Aquaria

Hm, könntet ihr vielleicht nen neuen thread aufmachen, um den Text gehts hier ja wohl nicht mehr...

Yo, sis.

[poet261184]

aber raptexte schreiben ist arbeit in der reflektion und aussage steckt! ich denke das die meisten nur irgendwelche versauten texte kennen oder nivaulose. es gibt aber auch viele sehr themenbezogene texte die einen klarstruckturierten inhalt haben und eine klar definierte aussage besitzen. meist ist dies ähnlich wie bei gedichten verschleiert-

[poet261184]

aber schimansky mit deiner aussage über kunst und rap geb ich dir recht.ich weis nicht wie man hier einenen thread aufmacht!

[Ex-Schamanski]

Es gibt hier eine eigene Rubrik "Rap- und Songtexte".

Zum Abchillen: Großmeister Bootzilla mit zwei hochbegabten deutschen Sprechgesangskünstlern.

http://www.youtube.com/watch?v=L5glD489yoA

[Heinz]

Huiiii, hier ist ja auf einmal der Teufel los. Mir macht es nichts uas, wenn mein Gedichtlein eine Diskussion verursacht, die mit dem Gedicht nur noch entfernt zu tun hat. Weil unter anderem auch eine Verständnisfrage gestellt wird, will ich mal den Fehler machen und ein eigenes Gedicht interpretieren.
1. Strophe:
Der Dichter ist verunsichert, weil ihm vorgeworfen wird, in einer wenig alltagstauglichen Sprache zu schreiben, damit auch jeder den Sinn seiner Worte versteht.
2. Strophe:
Der 1. Chor spricht im Sinne der Kritiker. Der Dichter möchte doch, bitte schön, so reden, dass ihn jeder versteht (unter anderem die mythologischen Bezüge weg lässt und sich nicht an die hergebrachten Formen der Verskunst hält. Dann wiederspricht sich der Chor selbst, wenn er verlangt, der Dichter möge die Leier zupfen, also Lieder zur Leier = Lyra = Lyrik schreiben.
3. Strophe:
Der zweite Chor spottet: "Das kann ja jeder (also Gedichte in Alltagssprache schreiben). Wir möchten in gehobener Sprache (entführ uns in lichtere Höhen) unterhalten werden und den geheimnisvollen Schleier nicht vermissen (also nicht direkt mit der Nase auf das Offensichtliche hingestubst werden)."
4. Strophe:
Beide Chöre sind sich aber einig, dass der Dichter zur Freude (zur Unterhaltung im besten Sinne) der Leser schreiben soll und auf der Leier (der Lyra, dem Instrument des Gotes Apollo, der Schirmherr der Poesie ist) die wohlklingensten Töne zupfen soll (sich Mühe geben soll).
5. Strophe:
Der Dichter, dem ja zum Vorwurf gemacht wird, dass er sich klassischer Versfüße bedient und sozusagen in einem Korsett gefangen ist, behauptet das Gegenteil (im Sinn von Schillers Stellungnahme: "Freiheit ist der Zweck des Zwanges! Wie man eine Rebe bindet, dass sie, statt im Staub zu kriechen, frei sich in die Lüfte windet."). Er findet, dass ein Gedicht eher den Weg zu den Herzen der Leser findet, wenn es eine Melodie erklingen lässt, die mit der "Partitur" allein nicht erklärbar ist. (Ich weiß nicht, ob Euch das auch passiert: Ihr sitzt in einem Konzert, hört die Musik und in seltenen Momenten hört man eine Melodie, die gar nicht in den Noten steht.)
6. Strophe:
Die Antwort auf die gestellte Frage des Dichters: Soll ich den Flug eines Milans genau beschreiben usw. deutet an, dass er doch schließlich kein Ornithologe ist, der das viel besser und exakter kann. Aber kein Leser wird aus einer detaillierten Beschreibung eines Naturphänomens "das Lied der Fittiche hören", also die Melodie herausspüren, die der Dichter singt.
Weshalb die fünfte Strophe sechs Hebungen hat? Keine Ahnung. Vielleicht wollte der Autor nur mal zeigen, dass er es kann.
Liebe Grüße Euch allen,
Heinz

[poet261184]

cool heinz

[Aquaria]

Wow, na ich danke erst mal für die Hilfe bei der Interpretation. Ich finde übrigens nicht, dass es ein Fehler ist, eigene Werke zu erleuchten, schon gar nicht auf die Bitte von grübelnden usern

Dann ist die Aussage des Textes, dass die Lyrik nur sehr untergeordnet eine informative und viel mehr eine ästhetische Funktion erfüllt, dass sie Sachverhalte nicht wissenschaftlich und unmittelbar verständlich darstellen soll, sondern in klingenden Versen, die die Fantasie und den Geist befreien und eben nicht in ein Korsett einschnüren, die Schönheit der Dinge zugänglich machen kann.

Inspiriert vom Gedankengut der Weimarer Klassik, oder?

Ein tolles Werk!

[Heinz]

Lieber poet,
danke fürs "cool"! Bin ich das? Oder meinst Du meine Antwort?
Liebe Aquaria,
ich hatte mal das große Vergnügen, einen der größten deutschen Lyriker (den man aus der DDR rausgeschmissen hat) - Peter Hichel - kennenzulernen. Eine Kommilitonin bat Herrn Huchel, doch mal eines seiner Gedichte zu interpretieren. Peter Huchel sah meine Kommilitonin groß an und sagte: "Junge Dame, alles, was ich zu sagen habe, steht in meinem Gedicht." Er sagte das ein bisschen kurz angebunden und fast unfreundlich und Petra war auch ziemlich sauer. Kurz darauf hatten wir eine Hausarbeit aufgetragen bekommen: Interpretieren Sie Goethes "Mahomets Gesang". Der Professor lebt noch und Du kannst ihn ja mal fragen, ob er sich meiner Interpretation, für die ich - was bei ihm sehr selten war - eine eins bekommen hatte, noch erinnert. Ich habe die Frechheit gehabt und das Gedicht säuberlich abgeschrieben und als Hausaufgabe abgegeben. Er verteilte die bewerteten Arbeiten, grinste, und gab mir meine "Arbeit", auf der die Eins prangte, zurück.
Was will ich sagen? Wenn ein Autor, abgesehen von Fachausdrücken, die nicht immer zu googeln sind, sein Werk erklären muss, dann hat er was falsch gemacht. (Wie willst Du einen Autor fragen, der sich die Radieschen schon von unten anguckt?). Ich gebe Dir völlig recht, wenn Du sagst, "dass die Lyrik nur sehr untergeordnet eine informative und viel mehr eine ästhetische Funktion erfüllt".
Wenn ich Informationen brauche, kauf ich mir keinen Lyrikband, sondern ein Fachbuch oder Lexikon (es sei denn, die Information soll mir Aufschluss darüber geben, was der Dichter alles so geschrieben hat). Informationen hole ich mir aus der Presse, dem Fernsehen, Google, Wikipedia, aus Fachbüchern.
Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt.
Liebe Grüße Euch beiden,
Heinz

[Aquaria]

Wenn ein Autor, abgesehen von Fachausdrücken, die nicht immer zu googeln sind, sein Werk erklären muss, dann hat er was falsch gemacht.

Jaahaa, ich tendiere auch immer gern dazu, dem Text die Schuld zu geben, wenn ich ihn nicht ganz verstehe, aber in diesem Fall würde ich doch mal mir die Schuld dafür geben


Danke jedenfalls, dass du die Flügeltüren aufgestoßen hast, durchs Schlüsselloch wär mir so viel entgangen!

[Ex-Schamanski]

Zitat von G. C. Lichtenberg

Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen, und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?

Nicht allemal im Buch und nicht allemal im Kopf.

---

Huchels Sternenreuse halte ich für eins der besten deutschen Gedichte aller Zeiten.

[poet261184]

deine Antwort dich kenn ich ja nicht...

[Thing]

Wessen Antwort?

Halli Hallo, poet -

ich habe s e h r wohlwollend bemerkt, daß Du in Deinen Kommentaren immer weniger Fehler machst, d.h. daß Du sehr Vieles dazugelernt hast.
(Das soll n i c h t arrogant klingen!!!! )

Das zeigt, daß Du im Gegensatz zu vielen "Dichtern" lernbereit bist. Auch der Tenor Deiner Kommentare läßt darauf schließen.

Deinen Ursprungstext werde ich mir nochmals zu Gemüte führen.
Aber hab Geduld, das geht nicht zwischen Tür und Angel.


Thing

[poet261184]

hi rumulus...danke oder so ähnlich bisher kennst du ja nur einen Text von mir...aber noch kein Gedicht oder ähnliches...ich denke man kann immer dazu lernen....

[Thing]

Heinz!

Ich habe mich von Deinem wundervollen Pfad auf Abwege begeben!
Verzeih!


Thing

[Heinz]

Liebe Aquaria,
aha, durchs Schlüsselloch wolltest Du einen Blick in mein Dichterstübchen werfen. Wenn ich die Türen geöffnet habe, dann gleich noch ein herzliches Willkommen in meiner Gedankenwelt!
Lieber poet,
ich habe schon verstanden und Thing hat Deine vorherige Bemerkung und meine Frage, was denn "cool" sei, nicht gelesen.
Lieber Schamansky,
das Bonmot von L. kannte ich nicht. Vielen Dank!
Lieber Thing,
natürlich habe ich Geduld und mal ein bisschen vom Pfad abkommen - na ja, wie will man sonst die Welt abseits der Wege kennenlernen?
Liebe Grüße Euch allen!
Heinz