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Alt 20.05.2008, 19:03   #1
Grob
 
Dabei seit: 05/2008
Beiträge: 45


Standard Der letzte Streich

Na schön, bevor ihr lest, nur kurz die Intention, die ich mit dem Posten dieser ersten drei Auftritte verfolge: Ich habe Goethes "Laune des Verliebten" gelesen und in den Anmerkungen mitbekommen, dass er dieses Werk mit achtzehn Jahren geschrieben hat. In Kürze: Die Handlung ist absolut dürftig, aber es ist in Reimen und Versen, sprachlich auch ganz anständig, deshalb hab ich mir gedacht, eigentlich könnte ich experimentell ebenfalls ein Stück in Vers und Reim schreiben. Ich hab gelegentlich daran gearbeitet, bin so weit gekommen und würde, bevor ich fortarbeite, mal gern eure Meinung einholen, ob ihr es lesenswert findet. Bisher hab ich mehr gereimt als gedichtet, auch mit Überarbeitungen ist es noch nicht weit her. Also, keine Detailkorrektur, nur was ihr von der Idee und der Umsetzung haltet. Oh, und sagt was zu den Namen, die wollen mir nicht gefallen. Äh... das sollte als Vorrede genügen, viel Spaß beim Lesen.

Der letzte Streich


Erster Auftritt:
Friedhof.
Pastor. Einige Messdiener. Trauergesellschaft, darunter: Don. Agilar. Laja.

Pastor:
Viel Seelen hab dem Grab ich zugetragen,
Die all so reich, so satt an Erdentagen,
Drum scheut’s mich nun, da Gott sich rückverschafft,
Was jüngst noch gepranget in Jugendkraft.
Zu rasch sind – ach! – schon zwanzig Jahr verflogen,
Und weitre sechs an ihm vorbeigezogen,
Zu früh lässt er die seinigen allein –
Doch recht – er kehrt im Himmel ein;
Sodass fortan sein Lachen, das so mild,
Mag trösten die Scharen im Engelsgefild.
Drum handelt weiter für Fried und Recht,
Und dienet dem Mächt’gen nach eurem Geschlecht:
Hasset nicht, man wird euch nicht hassen,
Vergebet, so wird euch die Sünde erlassen,
Erkennet den Heiland, ihr werdet erkannt,
Dienet, dann herrscht ihr im Vaterland,
Heiligt und haltet zudem eure Ehen –
Dann gibt es im Himmel ein Wiedersehen.
Bis dahin nehmt Abschied von diesem Gebein,
Im Himmel soll Edmar geborgen sein.
Don: (an das Grab tretend, das Haupt gesenkt)
Ich liebte die Stärke in deiner Hand,
Und liebte das Feuer in deinem Blick;
Doch jenes aus Staubkorn geword’ne Gewand
Fordert die Urkraft der Erde zurück. (tritt beiseite)
Agilar: (ebenso)
Ich liebte den Geist, der dein Leben durchfloss,
Und liebte die Ruhe in deinem Sinn;
Doch alles, was deinen Gedanken entspross,
Rissen die Fluten des Schicksals dahin. (beiseite)
Laja: (ebenso)
Ich liebte dein Herz, es war frei wie die Zeit,
Und liebt’ es als Tempel in deiner Brust;
Doch kein irden Ding für die Ewigkeit,
Als dieses Eine – die Narbe Verlust. (beiseite)
Pastor:
Staub sei Staub, Asche sei Asche –
Der Herr webt mit unergründlicher Masche,
Asche sei Asche, Staub sei Staub –
Verwirft den Leib, errettet den Glaub’.
Alle Anwesenden:
Leib und Seele, Baum und Samen –
Das ew’ge dem Ewigen. Amen.

Zweiter Auftritt:
Auf dem Leichenschmaus, Saal mit Bankett.
Don. Agilar. Inmitten der Trauergesellschaft, alle in der Nähe des Buffets.
Gemurmel.

Don: (macht ihn aus, geht auf ihn zu)
Agilar, mein teurer Freund,
lange Zeit ist’s her.
Agilar: (trübsinnig)
Don! – – Ach! – Was uns einst geeint –
Heute ist’s nicht mehr.
Don:
Darf’s mich deshalb nicht erfreun
Dich zu sehn, den guten, treun.
Agilar:
Doch, verzeih, gilt auch bei mir.
Don:
Sage, wie erging es dir?
Agilar:
Ach, der Arbeit stetes Plagen
Hielt mich meist vom Leben fern,
Kann drum nichts von Änd’rung sagen,
Mag ohn’hin das Alte gern.
Don:
Bist mir wohl der gleich’ geblieben,
Seit wir auseinandertrieben;
Dachtest da schon: In der Weile,
Liegt die wahre Lebensfreud,
So tat ich – als Knecht der Eile –
Dir von Herzen darum Leid.
Agilar:
Sag, was brachte dir das Leben?
Don:
Auch bei mir geschah nicht viel,
Lebte ganz nach Bauchgefühl
Ohne aufgewandtes Streben.
Doch träte meine Leidenschaft
Nur ein enzig’ Mal in Kraft –
Nun, du kennst mich –
Agilar:
Wohl zu gut.
Trägst im Herzen Blut und Glut.
Don:
Nur ein brennend Herz kann pochen.
Agilar:
Feuer hat manch Herz zerbrochen.
Don:
Feuer macht die Herzen frei.
Agilar:
Schluss mit dieser Kinderei!
Heut’ und hier ist dieser Streit,
Fehl am Platz und fehl an Zeit.
Don:
Richtig, bitte zu vergeben.
Agilar:
Was erbittest du’s von mir?
Bin, wie du, als Gast nur hier.
Jener aber ließ sein Leben,
Ihn befleh’, dich zu erheben.
(Zeigt dabei auf ein Bild des Verstorbenen, das zwischen schwarzen Rosen auf dem Tisch steht.)


Dritter Auftritt:
Ebenda.
Laja. Drei Freundinnen. Abseits die vorigen.

Laja: (tritt ein. Ruhig, den Blick häufig abgleiten lassend)
Die Zeit verrinnt wie unser Glück,
Und flüchtig ist sie, wie ein Kuss.
Wer schafft den Traum dem Herz zurück
Und sät mir Hoffnung auf Verdruss?
Die erste Freundin: (mit den anderen beiden von ihr abgewandt)
Die Wehmut hat sie ganz verschlungen
Wie lässt sie sich erweichen?
Die zweite:
Wir sind schon oft in sie gedrungen
Und konnten nichts erreichen.
Die erste:
Ein Schlückchen Wein, das tät den Coup.
Die dritte:
Lass sie mit dem Gesöff in Ruh!
Die Zeit, die kann alleine heilen,
Bis dahin muss man bei ihr weilen,
Sie zu trösten mit dem Kummer,
Da zu sein in grausem Schlummer,
Sie zu lieben, und, vor allen,
Sie zu fangen, sollt’ sie fallen.
Die zweite:
Ach, die Zeit ist nicht verlässlich,
Der vertrau ich keine an,
Denn das Werk der Zeit wird letztlich
Stets von Menschenhand getan.
Die dritte:
Wie denkst dann du, sie umzustimmen?
Die zweite:
Ich will sie in Gesellschaft bringen.
Die dritte:
Zweifelhaft, ob das gelingt.
Die zweite:
Blödsinn, ging ihr dort stets gut,
Macht’ ihr jungen, frischen Mut –
Wenn sie spricht – noch besser– singt,
Gibt’s nichts, das ihr Kummer bringt.
Die erste:
Seit dem Tode spricht sie wirr.
Die zweite:
Ihr redet so, als sei sie irr!
Die erste:
Gott bewahre –
Die dritte:
Nimmer, nein!
Die zweite:
Gut, dann muss es machbar sein.
Lasst uns den Versuch begehen –
Führt sie ’rum, man wird schon sehen!

(Die Szene verlagert sich in den Hintergrund, während das Gespräch von Agilar und Don wieder in den Vordergrund rückt. Die Freundinnen beschwatzen indes Laja, bis sie zaghaft nickt und sich einigen Gästen vorstellen lässt, die sie mit mitleidigem Lächeln grüßen. Laja wirkt nur teilweise begeistert, widersetzt sich aber weder noch erhebt sie Einsprüche.)

Don:
Entsinnst du dich der Jugendzeit?
Agilar:
Kann man sie je vergessen?
Don: (lachend)
Wir waren jung, doch stets bereit
Uns jugendkräftig zu vermessen.
Agilar:
Vermessenheit – das Tor zur Jugend!
Don:
Na ach! Und das von deiner Zunge?
Der seelisch Alte, leiblich Junge,
Bedenken galt dir doch als Tugend.
Du warst’s, der uns in Maße rief,
Als Wallung wild uns überlief –
So trauerst du den Zeiten nach,
Der du uns mahntest zu Gemach?
Agilar:
Jaja, und doch – ich hab’s genossen,
Zu dritt – vereint – war meine Welt
Erfüllt, weil dreisam heiter hält
Ist mir manch Bitternis verflossen.
Und auch wenn ihr’s oft übertrieben,
Ich konnte – wollte – euch nicht lassen,
(wehleidig) Bei euch konnt’ Hass man härter hassen,
Und Liebe umso leichter lieben.
Don (tritt näher an ihn heran, legt ihm die Hand auf die Schulter):
Auch ohne Edmar, halt das bei!
Agilar:
Gewiss.
Don:
Und Christus Herr verzeih’
Wenn wir den Freund ihm gleichgestellt,
Denn er war uns das Licht der Welt.
Laja:
Nichts Andres war von euch zu hoffen!
Beide:
Laja!
Laja:
In euch hat er zwei Freund getroffen.
Die Freundinnen:
Ah ja!
Laja:
Ich dacht’, ihr würdet nimmer scheiden,
Das Schicksal stellt sich manchmal quer.
Nun sind wir drei, die um ihn leiden,
Und Tröster wär’ alleine er.
Don (beiseite):
Was empfind ich – dieser Blick
Schneidet warm mir in die Brust –
Schabernack und Bubenstück
Brachten nie mir größ’re Lust.
Agilar (beiseite):
Diese Wiedersehensstunde
Trübt des Todes Blick, der scheele,
Doch spür ich – durch ihre Wunde
Eine lebenswarme Seele.
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