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Alt 08.05.2009, 20:30   #1
Dimi
 
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Beiträge: 108


Standard Sowas wie der Beginn einer Autobiographie

Meine Mutter hatte schon immer eine Schwäche für grüne Wollstrumpfhosen, vor allem wenn es darum ging ihren Jüngsten einzukleiden. In meiner Erinnerung trug ich in den ersten Jahrne meiner Kindheit nichts anderes als grüne Wollstrumpfhosen. Im Zusammenspiel mit den grünen Pullovern, die sie mir damals nur allzu gerne Anzog, wirkte ich auf meine damaligen Freunde wohl wie eine Kombination aus „Kermit der Frosch“ und „Die Grüne Hornisse“. Wenn ich in meinen grünen Strumpfhosen im Garten auf dem Spielplatz herumtollte, riefen unsere älteren Nachbarnsowas wie: „Dimilein, du siehst heute aber wieder süß aus in deinen knuffigen Strumphosen “, während die älteren Kinder eher so was wie: „Hey Spastifrosch, hau ab, sonst setzt es was“ schrieen. Mir fiel durchaus die Diskrepanz in der Wahrnehmung meiner Altersgenossen, im Vergleich zu den netten Nachbarn auf, nur kam ich eben nicht auf die Idee, dass grüne Strumpfhosen auf achtjährige Jungs wirken mussten, wie rote Tücher bei einem Stier in einer spanischen Arena. Ich fühlte mich eben wohl in meinen Strumpfhosen.

Als ich dann das vierte Lebensjahr erreichte, entdeckte Mütterchen eine neue Lieblingsfarbe: ORANGE. Plötzlich war alles nur noch Orange. Zuerst wurde unser Wohnzimmer in orangefarbene Tapeten gehüllt, anschließend waren meine beiden Geschwister und ich dran. Glücklicherweise besaß sie die Weisheit uns nicht in Tapeten einzukleiden, aber, was fast genauso schlimm war, in orangene Jacken, Hosen und Pullover. Waren mal Freunde meiner Eltern zu Besuch da, nahmen sie häufig keine Notiz von uns, wir waren quasi unsichtbar, da wir in unserer Kleidung mit der Tapete im Hintergrund zu einer Einheit verschmolzen. Im Wohnzimmer war Orange ganz klar eine Tarnfarbe, dafür fielen wir im Rest der Welt umso stärker auf. Es gab die normalen Menschen und uns. Noch heute Frage ich mich, ob man wohl gegen die Farbe Orange allergisch werden kann, wenn man nur häufig genug orangefarbene Strickpullis getragen hat.
Meine Liebe zu Superhelden ist wohl durch diese Umstände begünstigt worden, da ich bemerkte, welch wundervollen Vorteile Unsichtbarkeit mit sich bringen konnte. Wurde ich sonst immer von irgendwelchen fremden Menschen geknuddelt und in die Wange gekniffen, war ich jetzt einfach für Besucher nicht mehr existent. Das war ein herrliches Gefühl, ich wollte ein Superheld sein und sei es nur als unsichtbarer Frosch. Jahrzehnte später sollte ich tatsächlich erfahren, welcher Superheld ich bin. Im Jahr 2007 führte ich im Internet einen Test zur Frage“ Welcher Superheld bist du?“ durch, indem ausgedrückt wurde, zu wie viel Prozent man welcher Superheld war. Eigentlich musste ich den Test gar nicht erst machen, um zu Wissen was rauskommt. Ich war zu 100 % Aquaman und sonst nichts. Schon in der Grundschule musste ich immer den leicht bieder wirkenden Johnny Weißmüller für Arme spielen. Was konnte Aquaman? Schwimmen. Toll!!! Andere Superhelden waren schneller als das Licht, konnten Planeten bewegen oder Lichtstrahlen aus den Augen schießen lassen und was waren meine Fähigkeiten? Schwimmen und tauchen. Super!!!! Während meine Kumpel so coole Figuren wie Spider Man oder Batman sein durften, musste ich immer diesen billigen "Schrecken vom Amazonas" Abklatsch mimen. Das war umso bitterer, da ich Nichtschwimmer war und meinen verdutzten Mitstreitern erklären musste, wie Aquaman ein Nichtschwimmer sein kann. Zu der Zeit muss sich mein Sinn für ungewöhnliche Ausreden ausgeprägt haben.

Im meinem fünften Lebensjahr entwickelte Mutter eine Vorliebe für´ s Stricken, was für uns Kinder allerhöchste Gefahr bedeutete, immerhin waren wir die Versuchskaninchen ihrer Strickpulloverfolterexperimente. Natürlich strickte sie vorrangig Pullover in Orange, aber auch in so schönen Farben wie giftgrün oder kackbraun, auf ihren erlesenen Farbgeschmack war eben Verlass. Später in der Realschule durfte ich immer noch ihre Strickpullover tragen. Während meine Mitschüler so Billigmarken wie Lacoste oder Chevignon tragen mussten, hatte ich das Privileg, einen echten Ladoyannis tragen zu dürfen. Der Neid meiner Mitschüler war mir sicher, dachte meine Erzeugerin, während ich die Pullover auf dem Weg zum Schulbus auszog und nur im T-Shirt bekleidet zur Schule ging und das im Januar bei Minus 15 Grad Celsius. Sie wunderte sich dann immer, warum ich derart häufig erkrankte, wo sie mich doch immer so warm ankleidete.


To be Continued
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Alt 09.05.2009, 13:54   #2
weiblich C.Alvarez
 
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Beiträge: 4.889


Lieber Dimi,

eine ganz süsse Geschichte hast du hier geschrieben. Ich mag das sehr, wie du mit einem zwinkernden Auge erzählst, was du alles erleiden musstest und man dennoch aus jeder Zeile die Liebe zu deiner Mutter spürt. Auch deine Offenheit und Ehrlichkeit hat mich beeindruckt.
Am meisten gefällt mir jedoch, dass ich spüre, du bist ein Mensch, der auch mal über sich selbst lächeln kann. Das findet man selten, und noch seltener bei Männern.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzungen.

Liebe Grüsse

corey
C.Alvarez ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.05.2009, 15:00   #3
Dimi
 
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Ort: Bochum
Beiträge: 108


Zitat:
Zitat von Corazon De Piedra Beitrag anzeigen
Lieber Dimi,

eine ganz süsse Geschichte hast du hier geschrieben. Ich mag das sehr, wie du mit einem zwinkernden Auge erzählst, was du alles erleiden musstest und man dennoch aus jeder Zeile die Liebe zu deiner Mutter spürt. Auch deine Offenheit und Ehrlichkeit hat mich beeindruckt.
Am meisten gefällt mir jedoch, dass ich spüre, du bist ein Mensch, der auch mal über sich selbst lächeln kann. Das findet man selten, und noch seltener bei Männern.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzungen.

Liebe Grüsse

corey
Hey Corazon,

ja, meine Mutter ist was Besonderes. Die zwölf Aufgaben des Herkules sind im Vergleich, mich unter nicht ganz einfachen Vorraussetzungen zu einem halbwegs liebenswerten Menschen erzogen zu haben, ein Kinderspiel.

Wenn man mal alles bei einem Menschen alles redundante wegläßt, die Schutzmauern, die "ich bin ok, du bist ok Spielchen", den Zynismus, das Ego, die Clavin Klein Unterwäsche, was bleibt? Richtig entweder es ist zum lache oder zum weinen, meistens Beides zugleich. Ich habe mich für´s Lachen entschieden.

Liebe Grüße,

Dimi
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