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Alt 11.06.2013, 17:34   #1
männlich Freidenker
 
Benutzerbild von Freidenker
 
Dabei seit: 06/2013
Ort: Deutschland
Beiträge: 11


Standard Das Leben von „Sie“

Ein Gebäude, groß von Gestalt, Menschen an dessen Eingang, Leute gehen ein und aus. Leute gehen an Ihr vorbei. Viele betrachten Sie nicht einmal. Manche bleiben stehen. Sie überlegen und gucken sie an, doch gehen sie nach kurzer Zeit weiter.

Doch nun, immer mehr Menschen betrachten Sie, gaffen Sie regelrecht an. „Was soll das?!“, rufen die Ersten. „Schwachsinn!!“, rufen die Nächsten. „Ruhe!“, rufen wenige Leute, die vor ihr stehen und nachdenken. Die Ungeduldigen gehen nacheinander weg, doch kommen immer mehr zu Ihr, so dass die Wenigen, die weggehen gar nicht auffallen. „Das ist Langweilig.“, sagt ein Kind zu seiner Mutter, „Ich will weiter!“. „Seien sie endlich mal ruhig!“, rufen die Nachdenker, die immer näher an Sie rangehen, nach hinten. „Ich verstehe es einfach nicht. Was will Sie zeigen, was bedeutet Sie? Können sie Sie interpretieren?“, „Nein, leider nicht und ich sitze schon ganze drei Tage vor ihr.“

Es vergehen Tage, Wochen und Monate. Keiner kam hinter ihre Bedeutung, Sie ist zu merkwürdig, zu komplex und zu schön, als das man über Sie nachdenken kann.

Es ist nun Winter. Ein ganzes Jahr war Sie nun schon im Gebäude und immer mehr Menschen verloren die Lust oder hatten nie die Lust über sie nachzudenken. „Bringt sie weg!“, rief der Direktor des Gebäuden mit wütender Stimme, „ Sie ist Schwachsinnig.“ Wie sehr hat Sie das verletzt. Der Hausmeister begleitet Sie nach draußen und stellt Sie in den Hinterhof. Sie friert und vergeht an der Kälte und Feuchtigkeit.

Eines Tages kommt ein älterer Herr zum Gebäude. Er sieht Sie zufällig im Müllcontainer, als suche Sie etwas. Er guckt Sie an, denkt und denkt und sagt diesen einen Satz „Diese Schönheit darf man nicht vergehen lassen. Die Emotion und Perfektion, die Sie auf ihre Art ausstrahlt, ist herrlich.“, sagt der alter Herr mit sanfter und wohlwollender Stimme.

Er nahm Sie nach Hause, brachte Sie zur Stube und bewunderte Sie Tag und Nacht. Doch als der ältere Herr starb, war sie wieder allein. Das Haus des älteren Herrn, eine Villa, verstaubte und verging und so auch Sie. Auch Sie wurde älter.

Eines Tages jedoch wurde das Haus wieder bewohnt. Es sind nun schon 57 Jahre vergangen. Der neue Eigentümer fand Sie wieder und dachte , Sie sei nichts wert und verbrannte sie. Ihre Asche liegt im Garten und ihre Seele und Schönheit in der Luft. Die Frage ist nur, hätte er sie auch verbrannt, wenn er gewusst hätte, dass sie seit einem Jahr gesucht wird, da sie das erste Gemälde eines Künstlers war.
Sie war das erste Werk eines Künstlers, doch war sie unvollkommen für die Kurz-Betrachter und vollkommen für die kaum vorhandenen Nachdenker. Nun doch nach der langen Zeit ist sie tot und ihr Inhalt war wertvoller als nichts anderes.

Ein jedes Bild sagt etwas aus, was manchmal niemand versteht außer der Künstler.
Freidenker ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.06.2013, 18:16   #2
weiblich Litteralia
 
Dabei seit: 01/2013
Beiträge: 538


Hallo Freidenker,
mir gefällt Dein Text echt gut. Er regt zum Nachdenken an, könnte man "Sie" doch als eine Metapher sehen.
Schön geschrieben!
Jana
Litteralia ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.06.2013, 18:26   #3
männlich Freidenker
 
Benutzerbild von Freidenker
 
Dabei seit: 06/2013
Ort: Deutschland
Beiträge: 11


Zitat:
Zitat von Litteralia Beitrag anzeigen
Hallo Freidenker,
mir gefällt Dein Text echt gut. Er regt zum Nachdenken an, könnte man "Sie" doch als eine Metapher sehen.
Schön geschrieben!
Jana
Vielen Dank und freut mich, dass ich bei dir mein Ziel des Nachdenkens erreicht habe
Freidenker ist offline   Mit Zitat antworten
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Stichworte
nachdenkliches, schönheit

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