Romantiker-Schicksal bei Poetry.de

Philonoumena · 11.05.2011, 21:03

Vor Jahren schon geliebt ward sie von mir,
erträumt, erhofft, die kleine blaue Blume,
ihr Zauber hatte mich so tief berührt.
Ob sie wohl Schöpfung nur der Phantasie?
So forschte emsig ich nach ihrem Grund,
um meiner Sache ganz gewiß zu sein.

Doch wie erlang´ ich Kenntnis über´s Sein,
das gleichermaßen in und außer mir
sich selbst verbirgt so wie auch seinen Grund,
dann wieder prachtvoll strahlt durch diese Blume,
als Kind der Freiheit und der Phantasie,
die jene gern so ahnungsvoll berührt.

Des Schicksals Hand hat oftmals mich berührt,
gefangen war ich von dem großen Sein,
die Flucht ermöglichte die Phantasie,
da sie geöffnet manches Türchen mir,
dahinter schaute ich dann meine Blume,
des heißen Sehnens erster, wahrer Grund.

Doch meine Hoffnung stand auf sand´gem Grund,
von tiefer Traurigkeit war ich berührt,
es welkte Alles mir, auch jene Blume,
entschwunden war mir schon mein eignes Sein.
Ich wollte heim und fand nicht mehr zu mir,
denn Streiche spielte mir die Phantasie.

Verbannen wollt ich schnell die Phantasie,
sah sie als meines Unglücks trefflich Grund
und wähnte mich ganz ohne sie bei mir.
So sehr mich auch der Augenblick berührt
- beglückendes Gefühl ganz Ich zu sein -
lebendig blieb der Sehnsuchtsruf der Blume.

Da ich vor dir nie Ruhe finde, Blume,
du Leitbild, schönstes, meiner Phantasie,
so will ich leiden hier an meinem Sein,
wenn ich nur weilen darf auf kühlem Grund,
die Sinne mein von deinem Duft berührt,
in deren Rausch die Wahrheit zeigt sich mir.

Es bleibt in mir das Wesen jener Blume.
Ich bin berührt von dieser Phantasie,
erahn´ den Grund für alles irdisch Sein.

Ex-Schamanski · 11.05.2011, 21:05

Das ist großartig! Besonders die Technik, die Zeilen in jeder Strophe alternierend mit denselben sechs Wörtern enden zu lassen! Wirklich beeindruckend.

Ilka-Maria · 11.05.2011, 21:09

Puh, da bin ich platt! Ist nicht unbedingt der Stil, den ich bevorzuge, sehe mich aber an schöne Zeiten erinnert, als ich mich erstmals mit der Romantik beschäftigte. Novalis und die blaue Blume: Atlantis ist überall!

(Ich sah in meiner Jugendzeit mal einen Kinofilm, da spielte die blaue Blume auch eine Rolle.)

Philonoumena · 11.05.2011, 21:20

Nein, nein, das ist nicht großartig, sondern nur an die Regel (Sestine) gehalten.
Aber da ich es normalerweise nicht so mit der Technik habe, mußte ich es halt mal ausprobieren.

Ich danke sehr für den supernetten Kommentar.

Mich interessierte noch:
was fällt dem geneigten oder auch nicht geneigten Leser zum Inhalt ein?

Ahh... ich bin zu langsam...

danke Ilka-Maria, das genau war´s...
nun bin ich zufrieden

Ex-Schamanski · 11.05.2011, 21:20

Das ist nicht nur Spielerei.

Zitat:

sondern nur an die Regel (Sestine) gehalten.

Sestinen waren mir gar nicht bekannt. Da will ich aber schnell diese horrende Bildungslücke schließen.

Philonoumena · 11.05.2011, 21:24

Nein, Spielerei war es nicht, sondern tatsächlich Arbeit, also eigentlich etwas, was meinem Empfinden von lyrischer Tätigkeit widerspricht ;-)

Ilka-Maria · 11.05.2011, 21:32

Zitat:

Zitat von Philonoumena

Nein, nein, das ist nicht großartig, sondern nur an die Regel (Sestine) gehalten.
Aber da ich es normalerweise nicht so mit der Technik habe, mußte ich es halt mal ausprobieren.

Ich danke sehr für den supernetten Kommentar.

Mich interessierte noch:
was fällt dem geneigten oder auch nicht geneigten Leser zum Inhalt ein?

Ahh... ich bin zu langsam...

danke Ilka-Maria, das genau war´s...
nun bin ich zufrieden

Das dampft ja auch geradezu aus allen Poren!

Thing · 11.05.2011, 21:48

Halli Hallo -

der unschöne Tippfehler im ersten Vers ließ mich zurückschrecken.
Aber dann kommt - sehr ausführlich, sehr ausladend - die Romantik zum Zuge.
So intensiv konnte ich meine Neigung noch nie bedichten.
Großes Talent!
Und gar nicht sarkastisch gemeint: Blumig!

Thing

Vor Jahren schon geliebt wart sie von mir,

Philonoumena · 11.05.2011, 22:05

@Thing
Och neee, wie obermegapeinlich...
Gut, dass ich in der Vorstellung nur von halbwegs des Schreibens mächtig gesprochen habe

Hab´s ganz schnell korrigiert.
Danke.

@Ilka-Maria - der Ansicht bin ich ja auch, aber nach der Erfahrung, dass bei dem Gedicht nur an Vergißmeinnicht gedacht werden kann...

Thing · 13.05.2011, 21:39

Halli Hallo -

ach, nee!
Obermegapeinlich ist ein gar übles Wort!
Haste nich nötig!

Dank Deiner Antworten werd ich mich über die Sestine kundig zu machen versuchen.

Bitte mehr Deiner Gedichte einstellen!

Thing

11.05.2011, 21:03	#1
Philonoumena Dabei seit: 05/2011 Ort: Tairnbach Alter: 58 Beiträge: 27 Meine Gedichte	Romantiker-Schicksal Vor Jahren schon geliebt ward sie von mir, erträumt, erhofft, die kleine blaue Blume, ihr Zauber hatte mich so tief berührt. Ob sie wohl Schöpfung nur der Phantasie? So forschte emsig ich nach ihrem Grund, um meiner Sache ganz gewiß zu sein. Doch wie erlang´ ich Kenntnis über´s Sein, das gleichermaßen in und außer mir sich selbst verbirgt so wie auch seinen Grund, dann wieder prachtvoll strahlt durch diese Blume, als Kind der Freiheit und der Phantasie, die jene gern so ahnungsvoll berührt. Des Schicksals Hand hat oftmals mich berührt, gefangen war ich von dem großen Sein, die Flucht ermöglichte die Phantasie, da sie geöffnet manches Türchen mir, dahinter schaute ich dann meine Blume, des heißen Sehnens erster, wahrer Grund. Doch meine Hoffnung stand auf sand´gem Grund, von tiefer Traurigkeit war ich berührt, es welkte Alles mir, auch jene Blume, entschwunden war mir schon mein eignes Sein. Ich wollte heim und fand nicht mehr zu mir, denn Streiche spielte mir die Phantasie. Verbannen wollt ich schnell die Phantasie, sah sie als meines Unglücks trefflich Grund und wähnte mich ganz ohne sie bei mir. So sehr mich auch der Augenblick berührt - beglückendes Gefühl ganz Ich zu sein - lebendig blieb der Sehnsuchtsruf der Blume. Da ich vor dir nie Ruhe finde, Blume, du Leitbild, schönstes, meiner Phantasie, so will ich leiden hier an meinem Sein, wenn ich nur weilen darf auf kühlem Grund, die Sinne mein von deinem Duft berührt, in deren Rausch die Wahrheit zeigt sich mir. Es bleibt in mir das Wesen jener Blume. Ich bin berührt von dieser Phantasie, erahn´ den Grund für alles irdisch Sein.

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11.05.2011, 21:05	#2
Ex-Schamanski abgemeldet Dabei seit: 12/2010 Beiträge: 2.884 Meine Gedichte	Das ist großartig! Besonders die Technik, die Zeilen in jeder Strophe alternierend mit denselben sechs Wörtern enden zu lassen! Wirklich beeindruckend.

11.05.2011, 21:09	#3
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Gedichte Meine Favoriten	Puh, da bin ich platt! Ist nicht unbedingt der Stil, den ich bevorzuge, sehe mich aber an schöne Zeiten erinnert, als ich mich erstmals mit der Romantik beschäftigte. Novalis und die blaue Blume: Atlantis ist überall! (Ich sah in meiner Jugendzeit mal einen Kinofilm, da spielte die blaue Blume auch eine Rolle.)

11.05.2011, 21:20	#4
Philonoumena Dabei seit: 05/2011 Ort: Tairnbach Alter: 58 Beiträge: 27 Meine Gedichte	Nein, nein, das ist nicht großartig, sondern nur an die Regel (Sestine) gehalten. Aber da ich es normalerweise nicht so mit der Technik habe, mußte ich es halt mal ausprobieren. Ich danke sehr für den supernetten Kommentar. Mich interessierte noch: was fällt dem geneigten oder auch nicht geneigten Leser zum Inhalt ein? Ahh... ich bin zu langsam... danke Ilka-Maria, das genau war´s... nun bin ich zufrieden

11.05.2011, 21:24	#6
Philonoumena Dabei seit: 05/2011 Ort: Tairnbach Alter: 58 Beiträge: 27 Meine Gedichte	Nein, Spielerei war es nicht, sondern tatsächlich Arbeit, also eigentlich etwas, was meinem Empfinden von lyrischer Tätigkeit widerspricht ;-)

11.05.2011, 21:48	#8
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Halli Hallo - der unschöne Tippfehler im ersten Vers ließ mich zurückschrecken. Aber dann kommt - sehr ausführlich, sehr ausladend - die Romantik zum Zuge. So intensiv konnte ich meine Neigung noch nie bedichten. Großes Talent! Und gar nicht sarkastisch gemeint: Blumig! Thing Vor Jahren schon geliebt wart sie von mir,

11.05.2011, 22:05	#9
Philonoumena Dabei seit: 05/2011 Ort: Tairnbach Alter: 58 Beiträge: 27 Meine Gedichte	@Thing Och neee, wie obermegapeinlich... Gut, dass ich in der Vorstellung nur von halbwegs des Schreibens mächtig gesprochen habe Hab´s ganz schnell korrigiert. Danke. @Ilka-Maria - der Ansicht bin ich ja auch, aber nach der Erfahrung, dass bei dem Gedicht nur an Vergißmeinnicht gedacht werden kann...

13.05.2011, 21:39	#10
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Halli Hallo - ach, nee! Obermegapeinlich ist ein gar übles Wort! Haste nich nötig! Dank Deiner Antworten werd ich mich über die Sestine kundig zu machen versuchen. Bitte mehr Deiner Gedichte einstellen! Thing