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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 14.04.2012, 09:48   #1
männlich Desperado
 
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Standard Austreibung

Vogelfreiheit, Narrenfreiheit, es gibt alle möglichen Formen von Freiheit, unter anderm auch die, ab und zu einen Dämonen auszutreiben, oder gleich mehrere je nachdem.

Es ist gar nicht so schwer, die Bande aufzuspüren, weil diese Idioten sich ganz von selber entäußern, wenn sie geifernd aus dem Mund der Besessenen zu giften anfangen, sie wüssten genau wer ich bin und was sie mit mir zu schaffen hätten, kaum dass sie mich von Weitem erblicken. Denen geht sozusagen der Arsch auf Grundeis, wenn ich in ihrer Nähe auftauche.

Vermutlich liegt es daran, dass ich immer weiß, wo grade eine Schweineherde grast in der Nähe und wo der nächste Abgrund klafft, den sich die Rüsseltierchen im Falle ihres Besessenwerdens hinabstürzen können, aber mir tun die rosigen Ringelschwänzchen sowieso leid, ist nicht mein Ding, sie einfach so absaufen zu lassen, nur weil so eine Brut ums Verrecken nicht in die Hölle fahren will, wo sie schließlich hingehört, zum Schluss nistet sich die Legion noch in den Fischen ein, das ist mir alles viel zu unsicher.

Nö, bei mir gibt’s nur ein herzhaftes “Ab in die Hölle“, ich lass da nicht mit mir feilschen, Peterchens Höllenfahrt ist angesagt und Ende der Diskussion, die Kerle nerven und damit ist nun Schluss, ein für allemal, Aus Ende Amen und Finito, um des lieben Friedens Willen.

„Schweig und verlass ihn!“ Das ist die bewährte Formel, und sie klappt immer.

Sicher muss man den Finsterling zuvor ein wenig herauskitzeln, ihm drohen, ihn blöd anmachen, damit er aus seinem Versteck gekrochen und so richtig schön zum Vorschein kommt. Es soll jedoch niemand erschrecken drüber, dass der Gestellte, der bis dahin unbehelligt in seinem besetzten Menschlein gehaust hat, erstmal kräftig zu schäumen anfängt, zu toben und zucken, keifen und schreien, kreischen und irre zu lachen und einen auf Fürst der Finsternis machen, so dass sein Wirt sich am Boden wälzt wie von der Tarantel gestochen, so ein Dämon ist nunmal ein eitler Tropf, und wenn er weiß, dass er erledigt ist, legt er großen Wert auf einen geräuschvollen und imposanten Abgang, so nach dem Motto, seht alle her, wie förchterlich ich bin, ein ganz ein böser Schlimmer mit großer Macht, aber das macht nichts, denn wenn er so rumtönt, ist sie bereits gebrochen, allzuviel davon hatte er ohnedies nie.

Wenn’s noch dazu nur ein gemeiner Landsknecht ist, niederes Fussvolk aus dem Haufen des Belzebub Stinkers, mach ich bei so Gelegenheiten nicht einmal meine Zigarillo aus, ein wenig Rauchwerk hat bei sowas außerdem noch nie geschadet und gibt dem ganzen Brimborium eine Art sakralen Charakter, zumindest einen rituellen, verpasst ihm jedenfalls etwas Feierliches, auch Weihrauch und Weihwasser eignen sich gut dafür, aber nach meiner bescheidenen Meinung ist das viel zu viel Aufsehens und Aufwand für so einen armseligen Wicht, es genügt vollends, ihm -beziehungsweise seiner zwangsgeräumten menschlichen Bleibe- ein wenig Asche auf den Scheitel zu klopfen, das mag er nämlich gar nicht leiden.

Ich meine, ich könnte auch sagen, jetzt halt endlich deine bescheuerte Fresse und scher dich zum Teufel, wo du herkommst und hingehörst, aber das klingt dann doch ein klein wenig zu profan und banal, so einen Dämon treibst du schließlich nicht alle Tage aus, nicht dass es nicht genug gäbe von der Sorte, aber weil sie nunmal allesamt eine hinterhältige feige Brut sind, machen sich die meisten davon rechtzeitig aus dem Staub, noch bevor’s eng werden könnte für sie. Nur die Aufgeblasensten von ihnen glauben, sich mit mir anlegen zu müssen, selber schuld kann ich da nur sagen und nicht mein Problem.

Ehrlich gesagt ist so eine Austreibung eine dürftig aufregende Angelegenheit, grade deshalb legen die Demons großen Wert drauf, einen Mords Remmidemmi drum und draus zu machen, soll ja schließlich niemand wissen, wie simpel und nebensächlich ihre Verabschiedung in Wahrheit ist, wäre der selbstverschossenen Selbstdarstellung ihrer vermessenen Selbstüberschätzung enorm abträglich und würde sie als erbärmliches Gelichter überführen und dastehen lassen, nur ist es ganz einfach so, dass sie nunmal nichts anderes sind als das.

Schweig und verlass ihn, mehr gibt es fürwahr nicht zu sagen und gab es auch nie, ich sag’s euch, eine zünftige Keilerei gibt mehr her als so eine dämliche Austreibung, aber manche Dämonen legen es regelrecht darauf an, was also soll man da groß anderes machen?

Und keine Bange, wenn der Befreite ein Weilchen scheintot rumliegt, der wird schon wieder. Und kommt dann das bis dahin vollkommen undenkbare erste vernünftige Wort aus seinem Munde, schiebt ihm was Anständiges zwischen die Kiemen.

Ich bin dann mal weg, see you later.

Geändert von Desperado (14.04.2012 um 11:32 Uhr) Grund: kleiner Einschub
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Alt 14.04.2012, 11:30   #2
Thing
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Beiträge: 34.998

Halli Hallo, Desperado -


ist das auf einen "toten Mann" gemünzt?
Dann kann ich dem dollen Text nur ein lautes BRAVO zurufen.
Hast Du wieder prima gemacht.


LG
Thing
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Alt 15.04.2012, 09:48   #3
männlich Desperado
 
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Beiträge: 1.747

Servus Thing,

"tote Männer" sollte man in ihren Gräbern lassen.

Etwa wenn aller gesunde Humor gechmackloser Häme gewichen ist.
Verachtung ist der letzte verzweifelte Versuch des in seinem Menschsein kläglich gescheiterten Menschen, seiner inneren Leere und unerträglichen Langeweile einen beachtenswerten Anstrich zu verpassen.

Wo keine Liebe mehr ist zu nichts und niemandem, kein Mitgefühl für etwas oder jemanden, keine Vernunft, keine Offenheit, keine Selbstironie, kein Empfinden... da bleiben nur noch Triebhaftigkeit, Herablassung, Demagogie, Selbstherrlichkeit und Geschmacklosigkeit... das ist mir einfach zu wenig.

Pure Zeitverschwendung, sich näher oder überhaupt damit und mit so Jemandem zu befassen, hab viel zuviel Kraft und Gedanken daran vergeudet, damit ist jetzt endgültig Schluss. Ich habe den Dämon ausgetrieben, was andere mit ihm tun, bleibt ihnen selbst überlassen.

Schönen Sonntag!
Desperado
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Alt 15.04.2012, 09:57   #4
männlich Ex-Gamma
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Beiträge: 1.194

@Desperado: Bravo, bravissimo. Es gibt auch unter den Christen gute Menschen.
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Alt 17.04.2012, 19:17   #5
männlich Desperado
 
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Zitat:
Zitat von Gamma Beitrag anzeigen
@Desperado: Bravo, bravissimo. Es gibt auch unter den Christen gute Menschen.
Das mag schon sein, Gamma, ist sogar sicher der Fall... die Frage ist nur, ob ich dazugehöre.
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