Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Forum durchsuchen Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Geschichten und sonstiges Textwerk > Geschichten, Märchen und Legenden

Geschichten, Märchen und Legenden Geschichten aller Art, Märchen, Legenden, Dramen, Krimis, usw.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 10.07.2008, 23:59   #1
männlich Benni125
 
Dabei seit: 03/2008
Ort: Schmalkalden
Alter: 35
Beiträge: 26


Standard Wie ich Sansozonien rettete

Ich werde hier zwei Abschnitte präsentieren ("Die schwarze Wand" und "Kleiner Exkurs in die Welt der Flora und Fauna"). In der Geschichte kommen sie nicht unmittelbar nacheinander, ich finde sie aber echt gut. Schaut einfach selber.

Diese Geschichte ist zum Teil auch als Satire zu sehen. Viele Figuren sind der Wirklichkeit entnommen. Das Angebot geht von Amseln von Canterbury, über Stephan Hawking, bis hin zu Kaspar Hauser.

Für Kritik, ob negativ oder positiv, bin ich natürlich jeder Zeit zu haben. Schreibt einfach:

Die schwarze Wand

Ich lag an Deck meines Schiffes, mit dem ich schon bei meiner 'weltbekannten Weltumsegelung' unterwegs gewesen war, der „Jodelnden Marie“, in einer Hängematte. Sie war zwischen Kajüte und Masten gespannt. Es war ein wundervoller Tag. Eine leichte Briese blies über das Meer. Über mir formten sich die Wolken zu phantasievollen Gebilden. Eine Angel hatte ich an der Reling befestigt und ich wartete darauf, dass ein Fisch anbiss. Ich hörte das Gekreische von Möwen.

Ich riss die Augen auf. Irgendetwas erschien mir falsch. Irgendetwas war nicht richtig. Ich befand mich auf offener See. Möwen.
Möwen?
Möwen!
Wo sie sind muss Land sein. Aber das war völlig unmöglich. Blitzschnell richtete ich meinen Oberkörper auf. Total verwundert rieb ich mir die Augen. Ja. Es waren wirklich Möwen. Ich sprang aus meiner Hängematte auf und lief zum Steuer, wo ein Kompass und eine Karte waren. Hektisch studierte ich die Karte. Ich sah immer wieder auf den Kompass . Als ich meinen Kopf wieder aufrichtete und auf das vermeintlich weite Meer schaute, erhoben sich vor mir gewaltige Felsen, auf die ich nun geradewegs zu steuerte.
Mit einem Ruck beschleunigte mein Schiff. Ich wurde immer schneller und die Felsen wurden immer größer. Eine pechschwarze Wand. Mein Unterkiefer klappte nach unten.

Ich wachte auf.
Mir war ganz unwohl. Ich rieb mir den kalten Schweiß von der Stirn. Ich sah zur Angel, die ich an der Reling befestigt hatte. Es hatte eine Fisch angebissen, der heftig an der Angel zerrte. Sie bog sich gefährlich, als würde sie jeden Moment zerbrechen. Ich stand, immer noch total verwirrt von meinem Traum, auf. Ich setzte meine nackten Füße auf die groben Holzbretter, aus denen das Deck bestand. Ich ging an meine Angel um den Fisch aus dem Wasser zu holen. Als ich sie in die Hand nahm, hörte ich mit einmal, das Gelächter von Möwen. Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ich blieb wie Versteinert stehen. Nur langsam drehte ich meinen Kopf und schaute auf das Meer.
Die Wand. Da war die Wand. Nur diesmal sah sie noch grauenerregender aus, als in meinen Traum. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Diesmal wurde auch nicht mein Schiff schneller, sondern die Wand. Sie kam auf mich zu. Mit rasender Geschwindigkeit. Ich erkannte auch, dass sie nicht aus Stein war. Sie war nicht fest. Sie waberte wie Nebel. Leise, ganz leise konnte ich ein Geräusch hören. Ein Rauschen oder Pfeifen, wie wenn Wind sich an einer Hausecke reibt, dass je näher die Wolke kam, umso lauter wurde. Mein Pulsschlag beschleunigte sich mit Anschwellen der Lautstärke dieses Geräusches. Ich spürte wie sich meine verschwitzte Haut abkühlte. Ein Wind kam auf und Blies mir ins Gesicht. Ich stand noch immer an der selben Stelle. Ich war unfähig mich zu rühren. Mich überkam ein Gefühl der Ohnmacht. Ich wusste zum ersten Mal in meinem Leben nicht, was zu tun sei. Mir wurde aber bewusst, was hier passierte. Ein unheimlicher und wahrscheinlich auch todbringender Sturm kam hier auf mich zu und war dabei mich zu verschlucken. Es würde nicht mehr lange dauern und diese schwarze Wand würde mich einverleiben, wie es das Meer mit einem Regentropfen tut.


Kleiner Exkurs in die Welt der Flora und Fauna

Ich lag in einem Bett. Ich öffnete die Augen, nein, es war eher so, als wären mir die Augen aufgeflogen. Ich richtete meinen Körper auf und sah mich um. Wo war ich? Was war passiert? Ich hatte Kopfschmerzen. Völlig befremdliche Bilder sausten durch meinen Kopf. Ich sah Lebewesen, die ich in meinen Leben noch nicht gesehen hatte. Und doch wusste ich zu jedem dieser Wesen Eckdaten. Das Wichtigste eben. Plötzlich viel mir ein, wer auf dem Meer meine Begleiter gewesen waren. Die Felsen – nein die Zwerge. Das waren gemeine Hohlfelszwerge. Sie nutzen die Felsen als eine Art Panzer. Sie sind Allesfresser, die jedoch Fisch bevorzugen und absolut ungefährlich. Sie sind sehr beliebt, da sie von Natur aus ehrlich und freundlich sind. Ein kleines Fischervölkchen, welches sich ausgerechnet auf Wale spezialisiert hat. Sie stehen in direkter Symbiose zu den Hängebauchfelssteinbeißern. Sie schaffen den Lebensraum für die gemeinen Hohlfelszwerge. Die Hängebauchfelssteinbeißer wandeln anorganisches Material in Kristallzucker um. Sie waren auch der Grund dafür, dass das Meer in Küstennähe so süß schmeckte. Ihr Name kam auch nicht von ungefähr. Durch die Steine und Steinbrocken, die diese vierbeinigen Tiere zu sich nehmen, dehnt sich ein Hautlappen auf der Unterseite. Sie sind kaum größer als ein Meerschweinchen. Sie haben ein sehr unregelmäßiges bis hässliches Gebiss.
Mir flog der Begriff Quarkblume durch den Kopf. Eine wohlschmeckende Pflanze, die auf vielen Wiesen dieses Kontinents zu Hause war. Oder die giftige Hühnerblume. Sie lockt mit feinen Düften. Nicht wenige Wanderer sind ihr zum Opfer gefallen. So zumindest eine Vermutung. Bis zu diesem Augenblick gab es keine offiziellen Opfer. Daher verwunderte es auch nicht, dass es nichtwissenschaftliche Annahmen gab, nach denen es sich hier um eine fleischfressende Pflanze handelte, die ihre Opfer nach der Vergiftung in eine Art Kokon einwickelt und sie dann nach und nach aussaugt. Wie das im Detail funktionierte war reine Spekulation. Es galt nicht einmal als gesichert, dass die Hühnerblume überhaupt giftig war. Vielleicht hatte sie einfach noch niemand gekostet. Sollte das der Fall gewesen sein, wird sie wahrscheinlich auch niemals jemand probieren. Zu fest war die Vorstellung einer giftigen fleischfressenden Pflanze in den Köpfen verankert. Viele weitere Tiere und Wesen, wie die Windbeutel, der langsame Schleichgänger, Geieradler, kleine Pustmäuse, Wurmfortsätzer, Schlafgilberlinge, Martinikane, die gefährlichen Kreuzameisen, Wisperhölzer, heiße Wasserbrenner, glühende Leuchterchen, gelbe Schwarzborker, Steinbohrer, unerschrockene Schwimmkatzen, Japplinge, Ödenwanderer, winzige Minielefanten, Mondanbeterinnen, kleine Äpfelwürmchen, verrückte Tollkirschfresser, Steinobstsammler, streunernde Hundesträuße, Gelbfußhaie, die riesigen Silberfischlinge, wandlerische Umgänger, Dünenmolche, harmlose Sandzombies, Küstenwölflinge, Paradoxchen, blutrünstige Großfliegen, Intelligenzbestien, Schnapsfiedler, gesellige Alleingänger, Schmeißvögel, verlogene Schmeichler und viele andere mehr, gingen mir durch den Kopf. Ab und zu kam es jedoch vor, dass ich ein Wesen vor den Augen hatte, jedoch sich mit ihm in meinem Kopf keine Informationen verbunden.
Nun, mit all dem Wissen, dessen Ursprung ich nicht kannte, dämmerte mir auch wo ich mich befand – in Sansozonien.
Benni125 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.07.2008, 20:03   #2
Umbra
 
Dabei seit: 05/2008
Beiträge: 14


Abend!
Besonders der zweite Abschnitt gefällt mir, auf solche Ideen zu kommen!
Ist sicher eine interessante Gesichte. Ich weiß jetzt nicht genau, ob das deine Absicht war, aber vorallem im ersten Teil sind deine Sätze schon etwas abgehackt. Zum Beispiel könnte man ja aus:
Zitat: Hektisch studierte ich die Karte. Ich sah immer wieder auf den Kompass.

Ich sah immer wieder auf den Kompass, während ich hektisch die Karte studierte.

machen. Nur so als Tipp. Sonst echt klasse. Ließt du Walter Moers? Erinnert mich so einwenig daran...

liebe Grüße,
Umbra
Umbra ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.07.2008, 20:45   #3
männlich Benni125
 
Dabei seit: 03/2008
Ort: Schmalkalden
Alter: 35
Beiträge: 26


Es soll beim lesen ja auch eine gewisse Hektik aufkommen. Wenn ich diese beiden Sätze nach deinem Vorschlag verbinde, klingt es doch sehr ruhig. Soll es aber nicht. Und ja. Ich bin bekennender Walter-Moers-Fan
Benni125 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.07.2008, 21:02   #4
Umbra
 
Dabei seit: 05/2008
Beiträge: 14


Haha,
bin ich gut! Ich habs doch gewusst!
Und jepp, ich denke, es sollte jeder so machen, wie er will. War auch nur so ein Vorschlag und sicherlich wirkt das auch im ganzen, zusammenhängenden Text anders, als bloß bei so einem Abschnitt.
Umbra ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.08.2008, 08:42   #5
Elemmire
 
Dabei seit: 08/2008
Beiträge: 21


Standard RE: Wie ich Sansozonien rettete

Hallo Benni!

Zunächst ein paar Worte zu “Die schwarze Wand “

Zitat:
Ich lag an Deck meines Schiffes, mit dem ich schon bei meiner 'weltbekannten Weltumsegelung' unterwegs gewesen war, der „Jodelnden Marie“, in einer Hängematte. Sie war zwischen Kajüte und Masten gespannt.
Als Exzerpt aus einer größeren Geschichte wirken die Anfangssätze zu stark erklärend. Hast Du die schnell dazugebastelt, damit der Ausschnitt hier nicht lose in der Luft hängt, oder kommt das auch in der Geschichte genauso vor, oder ist es vielleicht sogar der Anfang der Geschichte?

Zitat:
... Ich hörte das Gekreische von Möwen.

Ich riss die Augen auf. ...
Der Stimmungsumbruch vom ersten zum zweiten Abschnitt gefällt mir ganz gut, allerdings finde ich, dass er noch ein wenig drastischer gestaltet werden könnte.

Im ersten Abschnitt wird eine „heile Welt„ beschrieben, die dann im folgenden Abschnitt zu nichts verpufft, weil der Protagonist durch die Rufe der Möwen in Alarmbereitschaft versetzt wird und sich plötzlich mit einer schrecklichen Situation konfrontiert sieht. Ich finde der erste Abschnitt hätte seinen „heile Welt“-Singsang bis zum Ende fortsetzen sollen. Das Wort „Geschrei“ und die Kürze des letzten Satzes stören meines Erachtens nach diese Idylle. Schöner fände ich so etwas wie „Ich sah die Möwen am Himmel ihre Kreise ziehen und lauschte ihren klanglosen Rufen.“ Durch etwas mehr Trägheit und sanfte Worte könnte der Übergang in die Panikstimmung, die im zweiten Abschnitt folgt, verstärk werden.

Zitat:
im ersten Teil sind deine Sätze schon etwas abgehackt
Das mit den kurzen Sätzen, wie Umbra es bereits angemerkt hat, zieht sich durch die gesamte Geschichte hin, deswegen wirkt es in den wirklich hektischen Momenten kaum verstärkend.

Zitat:
wie wenn Wind sich an einer Hausecke reibt
Der Vergleich mit dem Geräusch, das entsteht, wenn sich Wind an einer Hausecke reibt, finde ich etwas unpassend und auch nicht unbedingt eindringlich. Vielleicht fällt Dir an dieser Stelle etwas aus der Seefahrt ein, was besser passen könnte, oder einfach eine allgemeine Assoziation für dieses Geräusch. Vielleicht habe auch einfach zu wenig Hauseckenwinderfahrung.

Zitat:
Total verwundert
Zitat:
total verwirrt
„Total“ ist kein besonders schönes Wort. „Vollkommen“ oder „völlig“ verrichten da meist bessere Dienste.

Wenn ich über diese Geschichte hinaus schaue und sie mit „André und Julian“ vergleiche, haben wir es hier in der Tat mit einem lyrisch viel ausgereifteren Kaliber zu tun, dabei ist zwischen den beiden Geschichten gar nicht so viel Zeit vergangen, oder etwa doch?

Möglicherweise trifft hier die Metapher zu, die Bilbo verwendet um seinen Gemütszustand zu beschreiben. Er spricht dabei von einem Stück Butter, das auf allzu viel Brot verteilt wurde. „Anrdé und Julian“ hat im Vergleich zu dieser Geschichte Überlänge, ist aber viel zu dünn bestrichen. Bei „Die schwarze Wand“ hast Du nicht so sehr mit den Details gegeizt und dadurch entsteht ein viel lebendigeres Bild dessen, was Du zu erzählen hast.

Trotzdem fehlen mir noch einige Details. Was schafft der gute Mann eigentlich mit der Karte und dem Kompass? (So und so lang bin ich unterwegs, da und dort steht jetzt die Sonne, eigentlich müsste ich jetzt hier sein, bin aber da, noch mal den Zirkel rausholen, noch mal nachmessen, auf den Kompass klopfen um zu prüfen, ob er auch nicht hängt) Was ist das für eine pechschwarze Wand? (eine Felsenwand oder eine magische Wand, saugt sie alles Licht ein oder glitzert sie, ist sie allumfassend oder kann man sie umschiffen) Aber ob man diese Details wirklich braucht wird erst die Geschichte im Gesamten entscheiden. Möglicherweise nehme ich die in diesem kurzen Abschnitt auftauchenden Elemente zu wichtig und im Gesamtzusammenhang, kommt ihnen diese Bedeutung gar nicht zu.

Soweit meine ersten Eindrücke, ich hoffe Du kannst etwas damit anfangen.

Bis bald,
Elemmire
Elemmire ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.09.2008, 20:52   #6
männlich Benni125
 
Dabei seit: 03/2008
Ort: Schmalkalden
Alter: 35
Beiträge: 26


Erstmal herzlichen Dank für diese mehr als glänzende Kritik .
Ähm... Mit den kurzen Sätzen... Das ist meine Art zu erzählen... Du wirst in meinen Geschichten auch sehr, sehr lange Sätze finden.

Die Schwarze Wand... Sie wird später in der Geschichte erklärt...

Wenn ich so sanfte Sätze erzähle, um wie du es meinst, stärkere Akzente setzen zu können, passt es dann noch zu der Person, die die Geschichte erzählt? 'Weiß ich nicht!?', wirst du dir denken und ich denke eben nicht.

Dennoch finde ich deine Kritik aufschlussreich und werde sie mir zu Herzen nehmen.

Der Benni
Benni125 ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Wie ich Sansozonien rettete

Themen-Optionen Thema durchsuchen
Thema durchsuchen:

Erweiterte Suche



Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.