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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 15.01.2013, 23:19   #1
männlich Schmuddelkind
 
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Dabei seit: 12/2010
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Alter: 38
Beiträge: 4.798

Standard Die Klosterruine

Wenn Einsamkeit mich quält,
dann will ich einsam sein,
dort wo mir nichts mehr fehlt,
im stillen Klosterhain,
wo die wilden Rosen geilen.
Dort will ich verweilen.

Was Menschenhand gebaut
zur Einkehr frommer Ruh,
der Schöpfung anvertraut,
die wirket immerzu,
die Ruine fest umschlingend
durch den Fensterbogen dringend.

Von hier schau ich ins Tal,
beschaue meine Welt,
wo Vieles in der Zahl
ein Einziges erhält
und das Eine weilt zu walten,
sich ins Kleinste zu entfalten.
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.01.2013, 09:06   #2
weiblich MuschelIch
 
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Dabei seit: 09/2012
Alter: 62
Beiträge: 309

Was für ein schönes Gedicht,
ich mag es sehr !

Wenn man tief drinnen einsam ist,
auch wirklich in die Einsamkeit - außen - zu gehen,
das ist wohltuend.
Als Einsamer sich in den Menschengebieten aufzuhalten,
tut nur weh.
Im stillen Klosterhain ist die Luft erhaben und die Gedanken können auch still werden und sich abwenden von dem,
womit anderer sich plagen ....
u.a. vom Liebesschmerz.

Ein wenig lachen muß ich über die Rosen,
die "geilen" - ausgerechnet im Klostergarten ;
ein Suchen in google erklärte die unbekannte Bedeutung des Wortes, das ich nur im sexuellen Kontext kenne.

Die mittlere Strophe finde ich verwirrend im Satzbau.

Im ersten Teil ist das Subjekt "das" (, was Menschenhand gebaut ....)
Was ist denn in den letzten beiden Versen das Subjekt ?? Das ist unklar - jedenfalls mir.

Was Menschenhand gebaut
zur Einkehr frommer Ruh,
der Schöpfung anvertraut,
die wirket immerzu,
die Ruine fest umschlingend
durch den Fensterbogen dringend.


Der Blick vom Berg ist einer der schönsten - ;
Menschenwerk und das, womit sie sich tragen, wird alles klein und unbedeutend, aus dieser Warte betrachtet.
Deine dritte Strophe bringt dies ins Bewußtsein
und baut dabei die Brücke zum Göttlichen, dem "Einen".
Die letzten beiden Zeilen finde ich .... unklar ausgedrückt .

Was meint: "Das Eine weilt zu walten?"

Liebe Grüße

MuschelIch

Von hier schau ich ins Tal,
beschaue meine Welt,
wo Vieles in der Zahl
ein Einziges erhält
und das Eine weilt zu walten,
sich ins Kleinste zu entfalten
MuschelIch ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2013, 13:50   #3
männlich Schmuddelkind
 
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Alter: 38
Beiträge: 4.798

Danke,

ich denke, das Gedicht kann auch nur nachvollziehen, wer das erlebt hat:

Zitat:
Wenn man tief drinnen einsam ist,
auch wirklich in die Einsamkeit - außen - zu gehen,
das ist wohltuend.
Freut mich sehr, dass es dir gefällt.

Zitat:
Ein wenig lachen muß ich über die Rosen,
die "geilen" - ausgerechnet im Klostergarten ;
ein Suchen in google erklärte die unbekannte Bedeutung des Wortes, das ich nur im sexuellen Kontext kenne.
Das ist schade, dass das Wort diese Bedeutungshistorie erfahren hat. Ist so n schönes Wort und doch muss man gleich an Schmuddeliges denken. Dafür kann der einzelne Leser freilich nichts. Bemerkenswert, dass du über diese Assoziation hinaus gelangen konntest!

Zitat:
Im ersten Teil ist das Subjekt "das" (, was Menschenhand gebaut ....)
Was ist denn in den letzten beiden Versen das Subjekt ?? Das ist unklar - jedenfalls mir.
"Die Schöpfung" ist in den letzten drei Versen das Subjekt. Das meine ich nicht unbedingt religiös, sondern eher im Sinne von "das Wirken der Natur" (auch wenn mir deine Lesart mit "dem Göttlichen" nicht unangenehm ist, denn letztendlich ist es ja eine Frage der Perspektive, wie man dieses Wirken betrachtet).

Zitat:
Die letzten beiden Zeilen finde ich .... unklar ausgedrückt .

Was meint: "Das Eine weilt zu walten?"
Was genau ist dir denn unklar? Ich denke, was ich in etwa sagen wollte: Die Vielfalt der Natur schafft einen übergeordneten Sinn, der wiederum wie ein Plan interpretiert werden kann, als würde das Eine, Große, Prinzipielle über die Entfaltung der Natur walten. Hoffe, ich konnte ein wenig zur Klärung beitragen.

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2013, 13:59   #4
Thing
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Beiträge: 34.998

Einfach rundum gelungen, Schmuddelkind.
Kennte ich nicht Gleiches (auch hier bei uns steht eine Klosterruine), ich wäre nicht so tief angerührt.

Ein Ort der Kontemplation für mich, nicht der Einsamkeit.
Dort ist Stille.

Hin und weg:
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2013, 14:10   #5
männlich Schmuddelkind
 
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Danke, Thing!

Zitat:
Kennte ich nicht Gleiches (auch hier bei uns steht eine Klosterruine), ich wäre nicht so tief angerührt.
Als ich noch im Saarland gelebt habe, bin ich, um allein zu sein und meine Welt zu überschauen, oft und gerne auf den Klosterberg bei Wörschweiler gegangen. Auf dem Gemäuer der Klosterruine konnte ich oft zurück zu mir selbst finden.

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2013, 14:16   #6
Thing
R.I.P.
 
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Genau d i e meine ich!
Welch ein Zufall!
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2013, 14:20   #7
männlich Schmuddelkind
 
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Beiträge: 4.798

Haha, ist ja witzig!

Zitat:
Welch ein Zufall!
Die Soziologen sagen dazu "Gelegenheitsstruktur".
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2013, 14:44   #8
weiblich simbaladung
 
Dabei seit: 07/2012
Alter: 67
Beiträge: 3.073

Möge jeder, der es braucht, seinen Klosterberg finden! (Der Blick von Halden
ist zwar auch ganz schön, aber es fehlen die alten Mauern.) Aber nicht, dass du denkst, im Ruhrgebiet gäbs keine Klöster!

Sehr schön, Schmuddi!

Und wieder hab ich ein neues Wort gelernt! freu
Pflanzenexperte?

lg simba
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2013, 15:29   #9
männlich Schmuddelkind
 
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Beiträge: 4.798

Zitat:
Möge jeder, der es braucht, seinen Klosterberg finden!
Amen!

Danke für deinen liebevollen Beitrag! Das Gedicht hat Spaß gemacht zu schreiben, weil ich mich an jene Momente auf meiner Klosterruine erinnert gefühlt habe.

Zitat:
Der Blick von Halden
ist zwar auch ganz schön, aber es fehlen die alten Mauern.
Das kann ich als echtes Schmuddelkind nachempfinden.

Zitat:
Pflanzenexperte?
Ganz und gar nicht; weiß auch nicht, woher ich solche Wörter kenne. Ich habe zwar gerne Natur und Pflanzen um mich herum und ich verwende sie oft in symbolischer Bedeutung, aber von Botanik hab ich keine Ahnung.

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
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Stichworte
geborgenheit, klosterruine, einsam

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