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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 22.03.2017, 10:50   #1
männlich klaatu
 
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Beiträge: 3.353

Standard Das Nicken der Stadttauben

All die Stadttauben
haben verlernt zu fliegen.
Sie nicken mit den Köpfen,
im Takt der Straßenmusiker,
während die Ratten
auf ferngesteuerten Spielzeugautos
um die Wette fahren.

Ich werfe Pennern
neidische Blicke zu:
Sie tragen schicke Hüte
und aus ihren Schuhen
wachsen wundersame Blumen.

Meine eigenen Schuhe
tragen mich widerstandslos
zu Weideflächen aus Beton.
Hier schauen ausgemergelte Milchkühe
dem Beton beim Wachsen zu.

Bissige Kaufhausregale
hängen sich an meine Hacken.
Picken, hacken, packen mich.
Nur mit Mühe kann ich fliehen.

Plötzlich fahre ich selbst
mit den Ratten um die Wette
und die Tauben grüßen mich nickend.
Laufen gluckernd im Kreis
und picken, gurren und nicken.
Ich stimme ihnen zu.
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2017, 10:57   #2
Richard L.
 
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Alter: 53
Beiträge: 1.592

Ganz schön cool ist das, klaatu. Glückwunsch zu diesem Wurf!
LG
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2017, 14:07   #3
männlich klaatu
 
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Beiträge: 3.353

Hey, Dankeschön! Ein Glück, dass ich ihn auffangen konnte!
LG
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.03.2017, 23:23   #4
weiblich Ex-Letreo71
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Dabei seit: 01/2014
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 4.032

Anders, aber durchaus sehr lesenswert, klaatu.

Lieben Gruß

Letreo
Ex-Letreo71 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.04.2017, 22:46   #5
männlich stephanius
 
Dabei seit: 06/2016
Ort: Sachsen
Beiträge: 406

Lieber klaatu,
find ich super den Text,
Deinen Ausflug in die
kuputtierte Modernität
unserer Stadtlandschaft,
großartiges Bild.
Beste Grüße
Stephanius
stephanius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.04.2017, 12:42   #6
männlich klaatu
 
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Beiträge: 3.353

Danke, Stephanius! Ich hege ernsthaft die Befürchtung, dass irgendwann der Tag kommt, an dem ich auch kopfnickend durch die Fußgängerzone stolziere und McDonalds-Reste vom Boden picke...
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.04.2017, 19:55   #7
weiblich Unar die Weise
 
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Alter: 42
Beiträge: 5.271

Standard Hallo Klaatu.

Zitat:
Zitat von klaatu Beitrag anzeigen
Danke, Stephanius! Ich hege ernsthaft die Befürchtung, dass irgendwann der Tag kommt, an dem ich auch kopfnickend durch die Fußgängerzone stolziere und McDonalds-Reste vom Boden picke...
Diese Vorstellung ist gar grausig.
Dein Gedicht ist nicht grausig, das ist schön andersartig.
Ich bewundere deinen surrealen Stil, und deine Betrachtungsweise auf die Gesellschaft.

Liebe Unargrüße an Dich.
Unar die Weise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.04.2017, 10:04   #8
männlich klaatu
 
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Beiträge: 3.353

Zitat:
Ich bewundere deinen surrealen Stil, und deine Betrachtungsweise auf die Gesellschaft.
Das ist lieb, aber diese Betrachtungsweise wünsche ich niemandem...
LG
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.04.2017, 10:14   #9
männlich stephanius
 
Dabei seit: 06/2016
Ort: Sachsen
Beiträge: 406

Lieber klaatu,
man kann wohl bei der Analyse der Gesellschaft nicht hart genug sein.

Wir stehen schon vor Veränderungen und nicht alle sind positiv.

Sicherlich war das zu allen Zeiten so und die Menschen haben ähnliches gesagt.

Das heißt aber nicht man sollte heute dazu schweigen.

Ich find den Text nach wie vor ganz toll.

Beste Grüße
Stephanius
stephanius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.04.2017, 16:53   #10
männlich klaatu
 
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Beiträge: 3.353

Hey Stephanius!

Da stimme ich dir zu, das war sicher zu allen Zeiten so. Was aber die letzten paar Jahre angeht, empfinde ich die Richtung und Geschwindigkeit dieser Entwicklung allerdings nicht mehr als normal. Es kommen so viele Dinge zusammen, die eine mehr als explosive Mischung bilden. Schlimm finde ich, dass ich schon immer pessimistisch war und immer wieder und wieder bestätigt werde...

LG
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.04.2017, 19:51   #11
männlich stephanius
 
Dabei seit: 06/2016
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Beiträge: 406

Hi klaatu,
was den Pessimismus angeht, da können wir uns sicherlich die Hände reichen, ich sehe es ähnlich wie Du, aber wie gesagt, ist es vielleicht auch nur die Empfindung auf Grund unseres begrenzten Blickwinkels. Insgesamt geht es immer weiter, aber bestimmte Handlungsstränge, bestimmte Entwicklungen innerhalb der Gesellschaften können schon enden, zum erliegen kommen. Hab es mal in einem Gedicht aus dem "Unsere Zeit" Zyklus versucht so auszudrücken:

Alles zerfällt vor unsern Augen,
zerrinnt dann zwischen unsern Fingern,
staubig geht’s aus unsern Händen bald hervor.

Alles was einst so feste war,
betongleich wohl im Raume stand,
Alles, … alles geht dahin.

Verblassende Erinnerung, …
nichts … so Garnichts bleibt,
die braunen Zeiger stehn wohl bald
auf Mitternacht!

Ist sicherlich extrem pessimistisch, bedeutet aber nicht, dass es hernach nicht in irgend eine andere Richtung weitergeht, es sind nur Teile der gesellschaftlichen Entwicklung die veröden.

Nun ja es gibt wohl noch viel Stoff für den Versuch zu kritischer Lyrik.

Beste Grüße
Stephanius
stephanius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.04.2017, 09:23   #12
männlich klaatu
 
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Beiträge: 3.353

Zitat:
Nun ja es gibt wohl noch viel Stoff für den Versuch zu kritischer Lyrik.
So sollte man das sehen. Zumindest für mich ist das der Antrieb, der mich überhaupt dazu bringt zu schreiben. Zu deinem Gedicht: Man kann nur hoffen, dass die braunen Zeiger, wenn sie denn dann auf Mitternacht stehen, feststellen, dass alle Menschen längst Digitaluhren besitzen...
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.04.2017, 13:03   #13
männlich stephanius
 
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Tja lieber klaatu, die Aufgabe der Poeten wird es künftig sein,
lyrisch angenehme Formulierungen für Zeiten zu finden die
von Digitaluhren angezeigt werden z.B.
"und das Chronometer zeigt schon fast 00:00"
es gibt noch viel zu tun
Grüße
Stephanius
stephanius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.04.2017, 08:38   #14
männlich klaatu
 
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Beiträge: 3.353

@ Stephanius

Du glaubst ernsthaft es gäbe künftig Aufgaben für Poeten?? Dieses Chronometer ist meiner Meinung nach abgelaufen... Wir können im Grunde nur unsere Runden im Elfenbeinturm drehen, uns im Vorbeigehen die Hände schütteln und darauf hoffen, dass niemand unser Türmchen zum Einsturz bringt. Denke ich jedenfalls.

LG
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.04.2017, 21:46   #15
männlich stephanius
 
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Lieber klaatu,
einreißen werden die Poeten die Welt nicht, aber vielleicht ein klein wenig dazu beitragen, sie ein bischen besser zu machen oder wenigsten dafür zu sorgen, dass man die "echte Illusion" hat, darin ein my angenehmer zu leben.

Dazu müssen die Poeten wohl oder übel, ab und an mal, aus dem kleinen Fensterchen des Elfenbeiturmes hinaus schauen.

Wenn er schon wackelt ists wohl zu spät

Grüße Stephanius
stephanius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.04.2017, 21:56   #16
Richard L.
 
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Was habt ihr nur mit diesem Elfenbeinturm?
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.04.2017, 22:27   #17
männlich stephanius
 
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Lieber Richard,
der Elfenbeinturm war nicht meine Idee, hab dies Bild aber dankbar aufgegriffen.
Aus meiner Sicht wars im Sinne von im Leben stehn gemeint.
Nur dann kann Lyrik vielleicht was bewirken.
Gruß Stephanius
stephanius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.04.2017, 08:10   #18
männlich klaatu
 
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Die Künstler in ihrem Elfenbeinturm ist ja ein altes Bild. Aber eigentlich passt es ganz gut, wenn ich mir die Kunstszene ansehe - demnächst kommt dazu auch ein Text von mir... Und ja, Lyrik kann etwas bewirken. Aber leider auch nur bei den Leuten, die so etwas lesen. Und selbst da habe ich Zweifel.

LG
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.04.2017, 08:15   #19
männlich stephanius
 
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Lieber klaatu,
der geboren Pessimist eben
ich hab da immer noch Hoffnung.
Grüße
St.
stephanius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.04.2017, 08:54   #20
männlich klaatu
 
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Ja, das bin ich wohl. Aber einer muss den Job ja machen!

Die Hoffnung stirbt verletzt... zuletzt...
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
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