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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 24.08.2007, 19:42   #1
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Standard Wirkungslose Hände (2)

Bei der praktischen Prüfung
tue ich mich leicht.
Und erreiche eine hohe Qualität.
Doch die Arbeiten werden vertauscht.

Ich habe wirkungslose Hände

Ihr heiratet, endlich,
und streift diese Ringe
über Eure dünnen Finger,
die Ihr kennt.
Freiwillig hast Du die Säge bedient,
und dabei gelächelt und gescherzt.

Du hast wirkungslose Hände.

Du fährst den Kleinen im Kinderwagen
den Waldweg hinauf,
um die Berge anzusehen,
die Dir nachts als nahes Bild erscheinen.
An der steilsten Stelle
reisst der Kunststoffgriff,
ganz leicht.

Und Du hast wirkungslose Hände.

Du siehst die Sonne
vor der Hand am Himmel,
und stellst dir vor,
dass Du die Sonne halten kannst,
nachdem Du Ihre Brüste
schließlich spüren konntest.

Aber Du hast wirkungslose Hände.

Ihr schlagt die Kinder,
weil sie Nachbarskinder schlagen,
und zeigt den Nachbarn
eine Siegesgeste mit den Muskeln,
ganz bewusst.

Ihr rennt mit Euren Köpfen
gegen Nägel an der Wand,
die keine spitze Stelle haben.

Denn Ihr habt wirkungslose Hände.
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.08.2007, 23:09   #2
Captain Trunk
 
Dabei seit: 03/2007
Beiträge: 39

<<Betrug beim Abschluss einer handwerklichen Ausbildung: Das lyr. Ich wird von einem ungeschickten Kollegen betrogen und alle denken, dass das lyr. Ich unfähig ist.

Ein frisch verheirateter Mann sägt sich wegen Unaufmerksamkeit (einen) Finger ab, seine Hand wird dadurch nutzlos.

Ein Vater, der den Unfalltod seines im Kinderwagen liegenden Kindes nicht verhindern kann, auch ihm sind auf eine andere Art und Weise die Hände gebunden.

Jemand stellt sich vor, er könne seine Barriere gegenüber Frauen überwinden und die eine Frau berühren, die er liebt, doch er bleibt schüchtern und wird mit seinen Händen nie ihren Körper berühren.

Ein Elternpaar löst sämtliche familieninternen Konflikte mit Gewalt und trägt diese Gewalt auch in die Nachbarschaft.

Mehrere Leute versuchen verzweifelt sich umzubringen, schaffen es jedoch nicht - nutzlos sind ihre Hände.>>

So würde ich den Inhalt zusammen fassen.

Das, was du hier thematisierst finde ich sehr interessant und außergewöhnlich - wie bist du darauf gekommen?
Mir gefällt besonders, wie du bewusst von der "normalen" Art, den Textinhalt auszudrücken abweichst. In einem durchschnittlichen Werk hätte man wahrscheinlich die in meiner Zusammenfassung gewählten Begriffe gelesen.

Bei mir hat sich der Begriff "Hand", zumindest für eine Weile, direkt mit diesem Gedicht verknüpft.

Danke für die schöne Erfahrung,
Ich hoffe ich habe beim Inhalt ein paar spitzenlose Nägel auf den Kopf getroffen
Captain Trunk
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Alt 28.08.2007, 10:40   #3
Yve
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 756

Ich schließe mich nur an. Ich mag den Text auch. Unkonventionell, wie immer, aber gut Besonders schockierend fand ich, natürlich, die Strophe mit dem Kinderwagen. Ich bin mir aber sicher, dass hinter diesen Worten noch ein tieferer Sinn steckt. Gerade in dieser Strophe ist er nicht so offensichtlich. Es hat mehr als den unerwarteten Verlust in sich. Aber ich komme grad noch nicht drauf.

Generell muss ich dir noch sagen, wie gut du alltägliche Dinge in nichtalltägliche Texte packst. Mein liebstes Gedicht von dir hab ich noch immer in Erinnerung "Realitätsnähe". Ich muss heute noch lachen

Yve
Yve ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.08.2007, 17:24   #4
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Hi!

@Captain: Danke für Deine Antwort. Wie ich darauf gekommen bin, weiß ich nicht mehr genau. Aber ich glaube, ich habe den Text in meiner Probezeit vor ca. 3 Jahren geschrieben. Ich habe mich damals sehr angestrengt um Übernommen zu werden, wobei dieses Anstrengen eher unwichtiger war um es zu schaffen - wichtiger war Glück. Die Philosophie der Fa. war z.B., dass nur einer von 5 Leuten gut genug ist, um übernommen werden zu können. Und wie man das wahrnimmt ist natürlich sehr unterschiedlich... Ich hatte viele fähige Kollegen, die es wie ich verdient gehabt hätten.

Ich habe das auf eine Art und Weise umgesetzt, wo ich mir vorstellen konnte, dass es sinnvoll ist. Es sollte bemerkenswert klingen. So habe ich das lyr. Ich und das lyr. Du stark betont, und versucht den Ablauf so zu gestalten, dass er sich steigert (für mich selbst wird der Text zum Ende hin immer lauter). Dazu habe ich bildliche und sachliche Sprache vermischt, so dass es glaube ich schwer ist bestimmte Textstellen dem einen oder dem anderen zuzuweisen. Der Sinn des Wortes Hand variiert.

Vom Inhalt her liegst du ziemlich richtig. Man kann einiges aber auch ganz anders sehen... Bei der letzten Strophe zum Beispiel, war die Sache mit dem Kopf gegen die Wand eher bildlich gemeint, wobei das auch wieder so ein vermischter Satz ist, wo beides richtig sein kann. Selbstmord wollte ich aber nicht damit ausdrücken.

Danke für deinen Kommentar! Bin immer froh, wenn ich Rückmeldungen bekomme. Oft habe ich keine Ahnung wie die Leute einen Text lesen.

@Yve: Ich habe zur Zeit ein Thema im Kopf, das vielleicht was für einen ähnlichen Text wie "Realitätsnähe" wäre. Wo s mal wieder richtig praktisch zur Sache geht... In letzter Zeit bin ich da ein bißchen abwegig geworden. Klang, Wortspielerei und Ryhtmus haben mich grade mehr im Griff.

Die Kinderwagenstrophe war mir selber fast zu heftig.Aber es bringt halt ziemlich deutlich rüber, wie es sich verhalten kann, glaubt man sich bestimmter Dinge sicher sein zu können. Darin steckt "alles im Griff" und auch so was wie an einer Beziehung oder einer Meinung "festzuhalten". Die schöne Natur ist trügerische Romantik bzw. Schönheit die in Träumen lockt. Abhängig davon wie man einige Wörter liesst, kann man das, finde ich, vertiefen. Aber es gibt da nicht die eine richtige Art und Weise. Ich habe vielleicht eine im Kopf, wenn ich schreibe, aber es kann gut sein, dass ein Leser eine noch bessere findet, die mir noch garnicht aufgefallen ist.

Dank Dir Yve!

LG Inline
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
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