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Alt 27.01.2008, 20:59   #1
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626


Standard Lieg im Trend mit Bath-Pumping

Ein weiteres Mal hat eine neue Trendsportart unsere Herzen und unsere Gehirne erobert. Dieses Mal handelt es sich um eine Erfindung aus dem beschaulichen Schwarzwald, der oft auch als die Heimat der Choleriker und Chlorreiniger bekannt ist. Das Bath-Pumping!
Erfunden wurde sie von Erna K. Diese war bis zu ihrem 25. Lebensjahr Hausfrau, nachdem sie mit 23 ihren Exmann Peter K. geheiratet hatte. Erna hatte zunächst ein Sportstudium abgebrochen und fühlte sich nun unbestätigt, da ihr die drei männlichen Boardercollies im Haus kaum noch Zeit für sich selbst ließen, nicht etwa, wegen der endlosen Spaziergänge, sondern weil Erna den ganzen lieben langen Tag hinter ihnen hersaugte. Doch im Nachhinein muß ihnen die mittlerweile 30-Jährige danken, denn aufgrund der langen Haare der Tiere war oft der Abfluß ihrer Badewanne verstopft. „Also mußte ich mit nem Pümpel ran!“, berichtet Erna und schlürft auf der Dachterrasse ihres zweiten Hauses ihr isotonisches Sportgetränk. Schon bald fielen ihr dann die harmonischen Bewegungen auf, die dabei Oberkörper und Arme ausführen mußten. „Durch die Reinigung des Abflusses reinigt man zugleich sich selbst. Und das Grundwasser in der Wanne hat eine ähnliche Wirkung, wie die einer Kneippkur.“ Mehr und mehr kam Erna die Idee, das „Pumping“, wie sie es heutzutage nennt, als Gymnastikart einzuführen. Allerdings war das eine schwere Geburt. Die meisten interessierten Kundinnen hatten wenig Lust, wirklich Abflüsse zu reinigen, viel zu dreckig und ekelhaft, fanden sie es. Also lieh sich Erna das Geld von ihrem Ehemann und erstellte die ersten Pumpinggeräte. Ein befreundeter Techniker, der sich heute öffentlich zur Bisexualität bekennt, bastelte ihr einen Pümpel mit verstellbarem Widerstand und ergonomischem Handgriff. Tatsächlich fand sie einen Sponsoren, einen Handbalsamhersteller und schon bald hatte sie ihre erste Pumpinggruppe in Starnberg, mangels Kundschaft im Schwarzwald, wo alle selber pümpelten. Die High-Society war begeistert. Bald konnte Erna ihre Technik noch mehr verfeinern und zu dem machen, was es heute ist: Ein Fitneßbrunnen für Körper und Seele:
Ein jedes Pumping-Training beginnt mit einer Konzentrationsphase, in der die Schüler(innen) versuchen, alles hinter sich zu lassen. Den anstrengenden Haushalt, die Kinder, den verstopften Abfluß, die Rechnungen. Kurz darauf erfolgt ein kurzes Warm-up mit dem „Stretch and Work-out Pümpel“, der besonders biegsam und langstielig ist. Mithilfe der verkleinerten Saugglocke kann man Körperteile ansaugen und somit dehnen. Der lange Stiel ist hilfreich bei Sit-Ups oder Rückenübungen, die sehr wichtig sind, da das Pumping stark auf die Wirbelsäule schlagen kann, wenn die Rückenmuskulatur zu gering ist. Anschließend folgt stets eine Chill’n’Cool-Phase, bei der Unterarme und Unterschenkel in faltbaren Silikonwannen mit kühlem Wasser übergossen werden. Dieses kann bei Bedarf auch angewärmt werden und mit diversen Rosenessenzen oder anderen Stoffen angereichert sein. Wichtig ist, dass sich das Opfer hierbei entspannt! Schließlich folgt der Höhepunkt der Trainingsstunde, das eigentliche Bath-Pumping. Hierbei positioniert man sich in variablen Beinstellungen innerhalb der Silikonwanne und stellt Abfluß-Verstopfungsregulator und Pümpelwiederstands-regulator auf die gewünschte Trainingsintensität ein. Dann erzeugt man ein Vakuum durch die kraftvolle Kompression der Saugglocke. Anschließend folgen die Übungen. Man unterscheidet grundsätzlich in kreisende, lineare und pumpende Bewegungen, die unterschiedliche Muskelpartien ansprechen. Doch Vorsicht! Manch einer mag versucht sein, ein solches Training zu Hause mit einem handelsüblichen Pümpel durchzuführen, oder gar in einer handelsüblichen Badewanne! Damit bekommt man allenfalls einen Abfluß frei, aber der sportliche Effekt ist gleich Null! Das Holz der gewöhnlichen Haushaltspümpel ist viel zu hart und nicht biegsam genug, außerdem schadet die geschwungene Form eines Badewannenbodens enorm dem Fußbett. Sollten sie aber dennoch außerhalb eines Fitneßstudios pümpeln wollen, sollten sie die nicht ganz maßvoll teuren Utensilien selbst erstehen. Die richtige Ausrüstung ist schließlich das A und O. Eine rutschfeste, stoßfedernde Kautschukunterlage, darauf eine Edelstahlplatte zum Auffangen des Wassers und zur Stabilisierung sollten die Basis der Pumping-Station bilden. Die Silikonwannen gibt es in den drei praktischen Größen „viel zu klein“, „ausverkauft“ und „unhandlich“, und sind außerdem in den Farben „Barbie“ „Barbie mit Magendarmproblem“ und „Omas Lieblingsbluse“ erhältlich. Die Pümpel selbst bestellen Sie am besten bequem über das Internet von Erna K.s Homepage, zusammen mit den drei Trainnings-DVDs „Pümpel dich schlank 1, 2 + 3“ und Erna K.s Diätratgeber „Im Wasser trainieren, mit Wasser abnehmen“. Hinter dieser bescheidenen Sportart steckt mittlerweile ein riesiges Industrie-Imperium. Doch so viel Erfolg Erna auch mit Pumping hatte, sie ist immernoch auf dem Boden geblieben. Ihr Kleidungsstil ist leger und sportbezogen. Auch auf der Dachterasse, den Strohalm im Mund, trägt sie ihren zartrosa Hausanzug und Sonnenblumenflipflops. „Die Leute sollten lernen, nur auf die wichtigen Dinge zu hören“, sagt sie und kratzt sich mit dem Fingernagel Zahnbelag von den Zähnen. Sie wirkt so unbeschwert und vollkommen befreit. „Bathpumping ist mein Leben geworden und ich möchte, dass noch mehr Leute dieses Leben teilen“ Dafür arbeitet sie immer noch hart. Derzeit entsteht in ihrer Heimat, im Schwarzwald ein Spa-Hotel mit dem Namen „Ernatopia“, immer mehr Stars aus Hollywood schreiben sie an, mit der Bitte, Erna möge sich doch als ihr Personal-Trainer verpflichten. Sogar für den Friedens-Nobelpreis wurde sie vorgeschlagen, als die Person, die mit einem einfachen Haushaltsgerät die ganze Welt um ein paar Stressfalten ärmer gemacht hat. Auf die Frage, ob Erna ihr altes Leben vermisse, lacht sie nur. „Meinen manisch-depressiven Ehemann und meine zwei Hauptschulschläger? Nie im Leben!“



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ich hatte nach längerer Zeit mal wieder Lust, mich an sowas zu versuchen

Engelsgruß, Lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.01.2008, 22:48   #2
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


Also Lichtel,
das ist einfach genial. Wieso hat das noch keiner entdeckt? Ich finds herrlich, ich hab auch so gar keine Kritik momentan.
Dieser Berichterstattungsstil gespickt mit Anglizismen, die das ganze pseudomodern machen. Diese eigentlich sinnlose Beschäftigung, welche zur eigenen Wissenschaft erhoben wird. Nicht zu vergessen die ironischen kleinen Hinweise darauf, dass das alles nur Profitgier ist. „Barbie mit Magendarmproblem“ -
Es erinnert sicher nicht ungewollt an Nordic Walking und ähnliche hochgepriesene Sinnlossportarten. Natürlich verändert das so nebenbei gleich das ganze Leben zum Positiven. Köstlich. Der Aufbau ist auch rund - der Abschluss greift wieder die Erfinderin und ihr jetzt glückliches Leben auf.
Wie kommt man eigentlich auf so eine Idee?

Würd ich nominieren, wenn ich könnte.

Grüße vom Forenigel
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.01.2008, 18:12   #3
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626



danke für das fette lob

wie ich drauf gekommen bin?
gaaaaaaanz ursprünglich durch meinen vater, der die ganze zeit rummotzt, dass "Die wie die Hasen durch den Englsichen Garten hopsen, um fit zu sein... Und wozu wollen sie fit sein? Damit sie durch den Englischen Garten Hoppeln können!" Außerdem sagt er dann gerne Dinge wie "Wenn ich Bewegung will, dann setz ich den Komposthaufen um, da hab wenigstens nicht nur ich was davon!"

es freut mich sehr, dass es dir gefällt, es hat auch beim schreiben ziemlich viel spass gemacht

engelsgruß, lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.01.2008, 18:37   #4
turmfalke
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 677


okay, ich kriegs echt nicht hin, eine vernünftige kritik zu schreiben, deswegen stimme ich struwel einfach mal voll und ganz zu.
das ist einfach eine unheimlich amüsante geschichte, ich hab fast die ganze zeit gelacht - und das ist selten.
ganz nebenbei kann ich mir gruseligerweise auch noch eine dazu passende dauerwerbesendung vorstellen.

wirklich, lichtel, da ist dir was gelungen

liebste grüße
falke
turmfalke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.01.2008, 18:41   #5
Meta
 
Dabei seit: 10/2007
Beiträge: 15


Ja, es wusste auch mir zu gefallen.

Struppi hat es sehr gut auf den Punkt gebracht, also ist das hier eigentlich nichts weiter als ein Dito-Post. *pfeif*

Sehr unterhaltsam!

Grüße,
Meta
Meta ist offline   Mit Zitat antworten
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