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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 01.08.2008, 23:39   #1
MutedStoryteller
 
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Beiträge: 307

Standard Murmelauge

Murmelauge

Das schwere Gewicht ließ Stein und Putz zerbersten.
Was nicht den Weg nach unten nahm, spritzte über den Platz oder vollführte einen waghalsigen letzten Luftsprung, bevor es seinen Sinn und Zweck endgültig verlor und hart auf den Grund aufschlug. Was blieb, war eine unförmige Masse, die von den Arbeitern mit Fahrzeugen weggeräumt wurde. Laute Stimmen dirigierten den Baulärm; ein Teil der Kulisse, in deren Mitte ein ganzes Viertel spurlos verschwand, um schon in einigen Monaten um ein Vielfaches schöner wieder neu aufzublühen.

Rufe und das Scheppern des Blechzaunes, als ein graues Stück Material oben auf dem metallenen Netz aufschlug, zerbrach und dann als Rest und Staub im freien Fall wieder von der Schwerkraft eingefangen wurde. Der Aufschlag war nur mehr ein bröckeliges Stöhnen. Wie ein Seufzen, weil es am Zaun gescheitert war und die Person, die unmittelbar davor stand, gerade nicht mehr erwischt hatte.

Ich stieg aus dem Wagen, und erblickte das Mädchen sofort. Sie stand da ohne sich zu bewegen, das konnte schon mal schief gehen. Neben ihr lag der zerplatzte Putz auf dem Boden. Dass sie nicht von dem dicken Stück getroffen worden war, war eine Sache von zehn bis zwanzig Zentimetern gewesen. Während ich mich im Hintergrund hielt war das einer anderen Person ebenfalls aufgefallen.

„Hallo? Du da!“
Energische Schritte waren zu vernehmen.
„Hey, hey, hey, hey!“ Die Handschuhe fassten sie ruppig an den Schultern und drückten sie bestimmt zurück. „Mädel, das hier ist ne Baustelle! Wartest du darauf, dass dir so ein Mörtelstück ne Kopfnuss verpasst?“, blaffte Rheiner Volkers, Bauleiter der Vollbau Gmbh Hamburg, „Das ist kein Spielplatz!“
Seine Augen durchbohrten sie… Zwecklos. Sie sah ihn nicht an.
„Hör’ mal zu! Wenn dir hier was passiert, bin ICH dafür verantwortlich!“
Der Mann hatte sich zwar etwas gefasst, aber da sie immer noch nicht reagiert hatte, begann er nun, sie zu schütteln.
„Verstanden?“ Die kurze, herausfordernd gestellte Frage blieb ohne den gewünschten Erfolg.
Sekunden verstrichen.
Volkers stand wie vor einer Wand. Er wollte gerade einen ganz anderen Ton anschlagen, als sich unvermittelt etwas regte.

Sie sah zunächst bloß auf.
Als sie sich rührte, hatte er es fast schon aufgegeben. Sie schien ihn tatsächlich nicht nur bemerkt, sondern auch verstanden zu haben.
Ihre Augen konterten seinen Blick…, wenn auch unsicher.
Das reichte ihm aber.
Er schob sie noch ein Stück weiter vom Gitter weg - hob ihr das weiß orange Absperrband über den Kopf. In einem letzten fast lächerlich anmutenden Versuch wies er noch einmal auf das Schild mit der roten Warnaufschrift. Dann ließ er sie kopfschüttelnd alleine zurück.

Als ein weiterer Teil des Gebäudes einbrach, war sie vor Splittern sicher.
Der nun respektvolle Abstand machte jeglichen Kontakt mit dem fliegenden Bauschutt unmöglich. Sie war sicher… Dass sie ihre Wohnung nie wieder betreten würde, die gerade vor ihr zusammenbrach.
Ihr Heim seit sie denken konnte.

Ein Zuhause zu verlieren, hatte sie immer wieder gesagt, war nichts so Schlimmes. „Aber wenn ich es einfach dalassen will und gehen, weiß ich nicht, wo ich hin soll. Ich…“ Sie wurde dann unsicher in ihren Worten, obwohl ihr keiner zuhörte. Vermutlich wusste sie nicht, wie sie es ausdrücken konnte. Dabei war sie sprachgewandt und daran änderten ihre schlechten sozialen Verhältnisse nichts.
Und dieses Gesicht… Die Züge wahren sanft und die Haut ohne jeden Makel, abgesehen von ein paar blassen Sommersprossen.
Aber, und man muss wohl aber sagen: Sie besaß etwas Besonderes, das man heutzutage sehr selten antraf. Eine Leichtigkeit in ihren Worten. Wenn sie sprach – WENN sie einmal sprach – schien sie nie jemanden beeinflussen zu wollen. Ihr Gesicht blieb stets ohne jeglichen Ergeiz, die Stimme ohne Schärfe oder Nachdruck. Eine seltsame Art, ziellos… und nur von Mal zu Mal wirkte sie etwas gefasster. Aber dass sie das Wort erhob, kam wie gesagt ohnehin schon selten vor.

Was einem allerdings manchmal richtig Angst einjagen konnte wahren ihre Augen. Diese starr wie blitzende Spiegel blickenden Pupillen. Ruhig aber bestimmt schauten sie durch die fallenden Mauern. Und wenn ich sage durch, dann meine ich das auch so. Sie schienen gar nichts von dem früheren Heim zu fixieren, sondern auf etwas anderes zu blicken, etwas das sich dahinter befand. Nicht scharf aber in diesem Fall dennoch beängstigend, denn man fühlte sich dabei, als spielte man nur eine untergeordnete Rolle in dieser Szene - als sei das, was man selber wahrnähme, nur Illusion vor einer viel größeren Wahrheit, die nur sie sah, und für die man blind blieb, sosehr man sich auch anstrengte.

Ich glaube sogar, dass ihr dieser Neid auf ihre Gedanken die meisten Probleme einhandelte, wenn sie auf dem Weg von der Schule angesprochen wurde. Viele der Cliquen machten sich einen Spaß daraus, sie aus der Fassung zu bringen – oder sollte man sagen in die Fassung? Es galt jedenfalls als Spiel, einen Blick zu ergattern. Das ging von einfachen Hänseleien bis zum Überschütten mit Flüsigem aus Wassereimern. „Glasauge“ nannte man sie. Sogar im Kollegium sprach man vom Mädchen, deren Augen Aussahen wie zwei gigantische Murmeln. Leer und ausdruckslos. Es war allen unverständlich, dass ein solcher Mensch während des Unterrichtes überhaupt etwas mitbekam. Sie wurde oftmals geschnitten, von einigen Lehren die sie plötzlich (nachdem sie sie monatelang unbeachtet gelassen hatten) mit Fragen torpedierten.
Sie antwortete auf ihre typische Art, sie brauchte Zeit, aber wusste nahezu jede Antwort. Später wurden diese Vorfälle weiniger. Seit ihrem 16. Lebensjahr hatten Lehrer und Schüler das Interesse an ihr endgültig verloren. Erst da wurde eigentlich sichtbar, die einzige Brücke zu ihrem selbst nur auf diesen Hänseleien aufgebaut gewesen war. Selbst zwei Schülerinnen, die sich vorher um sie bemüht hatten, ließen sie nun weitgehend in Ruhe.

Das war die Zeit, als sie begann, für ihre Schulwege immer länger zu brauchen. Nicht dass sie langsamer ginge: Nein! Davon war sie weit entfernt, sie nahm es sehr ernst nicht zu trödeln!
Aber ihre Auffassung von Stetigkeit war trotzdem nicht immer ganz nachvollziehbar. Stunden später noch konnte man sie am Stadtpark abpassen oder an irgendwelchen anderen entlegenen Gegenden. Sie hatte kaum konkrete Ziele: Mal ins Zentrum…
Manchmal wollte sie einfach nur an den Fluss oder Teich im Park. Einmal sogar an die Ostsee… and den Strand.
Soweit ist sie dann doch nie gekommen. Ihr fehlte es an Mut, länger von Zuhause wegzubleiben. Wenn gleich sich ihre Mutter nie beschwerte oder nachfragte.

Es mag etwas damit zu tun haben, dass ihre Mutter sich häufig selbst im Bad eingeschlossen hatte, wenn Linda nach Hause kam. Dann antwortete die Frau immer nur sehr gebrochen und zögerlich auf Nachfragen, die ihr Kind von außerhalb der Tür stellte. Dieses zittern in der Stimme… Das erfüllte Linda im Laufe der Zeit immer mehr mit einer unbestimmten aber deutlichen Angst. Sie hat ihre Mutter nie darauf angesprochen. Alles geschluckt hat sie, bis heute…
Vermutlich beruhte es auf Gegenseitigkeit, dass ihre Mutter nie groß nach ihrem Verbleiben fragte während Linda nicht fragte was ihre Mutter in ihrer Abwesenheit trieb.

Diese unangenehmen Fragen… Das waren einfach keine Themen für die beiden.
Abends hatten sie dafür immer viel Zeit miteinander verbracht. Und obwohl ihre Tochter sehr selbstständig war, vorbildlich kochen und haushalten konnte, kam die Mama immer mit ins Zimmer, wenn es Zeit war, sich fürs Bett fertig zu machen. Momente, an die sich Linda sehr gerne erinnerte: Auf jede Frage ihres Kindes wusste Frau Kopske eine passende Antwort. Sie konnte erklären, wie Flugzeuge funktionierten und warum die Nachbarn umgezogen waren; weshalb das eine süß und Löschpapier eben nur nach Papier schmeckte und auch, warum ungute Gefühle an einem kleben blieben wie Honig, während Angenehmes so schnell wieder abfiel. Einige male malte sie Linda aus, wie die Sonne so gelb war, weil… naja eben weil… eine riesige Hand da oben eine Kerze anzündete und über den Horizont bewegte, und wenn es dunkel wurde, sah man die Funken des erloschenen Lichtes, die eine ganze Nacht brauchten, um wieder auf den Boden zu fallen.
Mit offenen Augen fragte die Tochter nach dem Mond. Die Frau erwiderte, dass wenn man ein Licht auspustete, immer etwas davon zurück blieb. Das Gleiche galt für alles, was einmal zerstört werden konnte, dabei musste das, was blieb, nicht immer sichtbar sein. Jeder Krug, den je jemand herunter geschmissen hatte, war irgendwo nicht zerbrochen und noch ganz. Man musste nur lernen, ihn zu finden.
Linda hatte etwas aufgeatmet, weil sie schon viele Krüge, Teller und Tassen zerbrochen hatte. Gegen Schluss wurde die Geschichte immer häufiger und machte sich im gemeinsamen Abend breit. Diese Momente haben ihr Hoffnung gegeben, die sie nie loswurde. Vielleicht hat es sie manchmal blind gemacht sich immer geborgen zu fühlen, aber es war wichtig für sie, über Alles Bescheid zu wissen.

Und wenn sie mal wieder eine Kerze ausblies oder eine erlosch und sie noch Minuten lang davor hockte, wurde sie nie enttäuscht. Kaum schloss sie ihre Augen, hing der Mond, das Abbild der Kerze über dem Docht, so klar dass man ihn fast greifen konnte, nur das sie nun ihre Hände nicht mehr sehen konnte.
Unberührbar, damit keiner ihn niederreißen konnte.

Nur einmal, und daran erinnert sich das Mädchen bis heute noch gut, wusste die Mama keine Antwort. Sie wollte an dem Abend wissen, ob ihre Augen aus Glas geputzt werden mussten. Die Mutter reagiert zunächst gar nicht, nahm sie dann fest in die Arme und hielt sie lange Zeit fest an sich gedrückt, ohne etwas sagen zu können. Dann strich sie ihr eine Strähne aus dem Gesicht und legte ihre Wange auf die ihrer Tochter.
„Keiner hat Glasaugen“, flüsterte ihre warme, manchmal etwas zu raue Stimme. „Keiner…“ Sie murmelte noch etwas, das ihre Tochter nicht verstand…
Irgendwann sprach sie wieder lauter: Über Linsen, über Brillen und wozu sie gut waren, was man mit dem richtigen Glas erkennen konnte und dass man Licht einfangen konnte, wenn man eine Lupe besaß. Die Augen selber, sagte sie immer wieder, waren aus etwas wunderbarem, aber nicht aus Glas.
Die eigentliche Frage blieb im Raum stehen… Wurde nie von der Mutter beantwortet.

Und nun hatte sie keine Möglichkeit mehr dazu.
Das Sozialamt machte Druck, weil die Tochter „in diesen zwei Wänden“ nicht leben könne. Man beschloss ziemlich kurzfristig, sie in einem Heim unterzubringen. Schnell wurde es durchgesetzt denn man fand bei der Überprüfung etwas, dass die Mutter hätte nicht besitzen dürfen. Das brachte die Mutter in die Rolle des 'Klägers'.
Schnell wurde entschieden das selbständige Kind einzuquartieren.

Fast lustig, dass der zuständige Bearbeiter anschließend genau diese Behandlung des Mädchens ablehnte, als die Mutter nicht mehr da war. Da forderte er eine Betreuung des Kindes durch die Verwandtschaft: Es sei nicht „stabil“ - Was immer das heißen sollte. Doch die Hinterbliebenen (wie lange hatte man suchen müssen, um welche zu finden…) waren sich einig, dass Linda es in einer WG gut genug hätte. Sie wäre ja nicht auf den Kopf gefallen, nur weil sie manchmal etwas apathisch wirkte. Sie wäre fähig, alles alleine zu bewerkstelligen, was nötig sei, schließlich hatte sie in den letzten Jahren den gesamten Haushalt geschmissen.
Und Linda stimmte dem auch noch zu, in ihrer freundlichen, etwas naiven Art…
Die Arme…

Was ihr Verständnis von diesem zukünftigen Leben auch immer war...
Vermutlich hatte sie nie richtig begriffen, was man da von ihr verlangte. Sie ging auch nie zu der Adresse, bei der sie sich melden sollte, als ihre Verwandten sie fast so abrupt wieder verließen, wie ihre Mutter es zuvor getan hatte. Stattdessen lief sie zurück in die alte Wohnung. Vielleicht war die nie mehr vermietet worden oder der Herr, der sie besaß, kümmerte sich nicht mehr groß um das morsche Gebäude. Auf jeden Fall konnte sie ungestört weiterleben. Sie hatte ja auch keine Freunde oder Menschen, an die sie sich wenden konnte, was blieb ihr also über?
Sie hatte nie etwas anderes kennen gelernt…
Nur war sie jetzt auf sich ganz alleine gestellt.

Es ging…
Mit den Wochen lebte sie sich neu ein. Der neue völlig eigene Rhythmus gefiel ihr sogar. Sie kam selbst noch regelmäßig zur Schule, hielt ihre Noten, machte einen bravourösen Abschluss, um den sich keiner scherte. Naja, was ist Hauptschule heutzutage auch noch wert. Aber… Für sie persönlich war es ein Sieg. Ihre Grundschullehrer hätten sie lieber auf der Sonderschule gesehen, doch die Mutter hatte sich in der Abschlusszeit für das Mädchen eingesetzt, wie Linda sie es noch nie von ihr erlebt hatte. Linda hatte auf diese Weise etwas Großes für sich selbst und ihre kleine Familie erreicht. Und das Mädchen erzählte ihrer Mutter davon… Sie erzählte ihrer Mutter alles. Abends in ihrem Zimmer…

Es war schon klar, dass etwas passieren musste, als sie nach den freien Tagen morgens an der Schule ankam und plötzlich nicht mehr hereingelassen wurde. „Du hast doch dein Zeugnis. Was willst du noch!“, hatte einer aus dem Kollegium sie doch tatsächlich zurückgestoßen. Unverstehend hatte sie ihn angeblickt und es hatte eine ganze Weile gebraucht, bis sie begriff. Und als wäre das alles noch nicht genug, hatte an diesem Tag der Abriss ihres Wohnblocks begonnen. Die Absperrungen waren gezogen und man räumte aus - netterweise hatte man ihr die Sachen aus der Wohnung noch übergeben, obwohl die offiziell schon längst leer stand. Die ersten Nächte hatte sie trotz der Arbeiten noch im Haus verbringen dürfen. Aber nun?
Wo sollte sie hin. Sie hatte erst gestern wieder auf dem Schulhof gestanden und heute war sie vom Rektor persönlich davon geschickt worden. Sie nahm den Mann sehr ernst und ich glaube sicher, sie kommt nicht mehr dahin zurück.
Ihr Kopf musste ganz der Baustelle gleichen, die nun fast vollständig von allem Überschuss befreit war.

Während das mir durch den Kopf raste, wie eine Entschuldigung, hatte ich mich nicht gerührt und nur stumm auf ihren Rücken geblickt. Manchmal seitlich ihren Kopf… ihr Gesicht und den in die Ferne gerichteten Blick gesehen.

Ich tippte ihr vorsichtig auf die Schulter.
Sie drehte schnell, aber nicht hastig den Kopf und blickte mir überrascht ins Gesicht. Sie hatte mich erkannt. „Komm mit… ich habe eine Überraschung für dich“, sagte ich und versuchte freundlich zu lächeln, wobei mir alle immer sagen, dass das auf meinem breiten Gesicht nur ein ekliges Grinsen abgäbe.

„Herr Hansen.“ Anfangs war sie überrascht, aber schnell sah man ihr an, dass sie sich zu freuen begann. „Darf ich wieder…“
„Nein!“, unterbrach ich sie „Aber komm mal trotzdem mit. Wo sind deine übrigen Sachen? Die hast du doch sicher raus gebracht, bevor sie dich verscheucht haben.“ Ich versuchte, das Ganze etwas aufzulockern. Das würde es ihr leichter machen, in mein Auto zu steigen. Nur war ich nicht sehr gut darin. „Die nehmen wir mit und dann fahr ich dich rum.“

Jetzt hatte ich sie etwas verwirrt. „Wo… wo fahren wir rum?“
„hmm Egal… Komm einfach mit.“ Grummelte ich und öffnete die Autotür, so dass sie hineinsteigern konnte. Erst jetzt sah ich die Sportasche, die noch am Bauzaun lag. Mit einigen schnellen Schritten, um ohne eine Bemerkung des Bauleiters wegzukommen, schnappte ich das schwere Utensil. Was sie wohl alles mitgenommen hatte?
Wieder zurück sah ich sie einsteigen, sie blickte mir entgegen.
„Ich...“, begann Linda.
„Nein“, unterbrach ich und schalt mich innerlich dafür schon wieder so harsch zu beginnen „Ähm…Du musst hier rüber. Das andere ist der Fahrersitz, weißt du? Da kann nur der sitzen, der den Wagen steuert.“

Nachdem ich mich zu ihr gesellt hatte, verschloss ich die Tür und startete den Motor. „Hör mal… zu mir können wir nicht“, erklärte ich „Bei der Schule lassen sie dich nicht rein und ich kann kein Mädchen in meiner kleinen ‚Hausmeisterwohnung’ verstecken.“ – verstecken – schon alleine! Wie hörte sich das an!
Na dann, erklär ihr das mal!
„Das ist ja auf dem Gelände weißt du?
Die werden mir das einfach nicht erlauben…“ Ich schluckte unsicher.

Sie war mir nicht ganz gefolgt, das konnte ihr ansehen.
„Wohin dann?“, fragte sie. Ich war verwundert über ihre Offenheit. Es war ein bisschen lächerlich, dass ich nun an ihrer Stelle ratlos mit den Schultern zuckte.
„Mal sehen…“, gab ich knapp zurück.
„Ich kenn’ ein paar Leute über die Schulen, in denen ich war, bevor ich in eurer die Tische von Edding freigekratzt habe.“ Wieder versuchte ich, es lustig klingen zu lassen. Sie lächelte sogar, sah aber geradeaus durch die Scheibe. Wieder mit diesem Blick.
„Wir kriegen dich schon unter.“, flüsterte ich und legte ihr eine Hand auf die Schultern „Und wenn mein Arsch es zulässt, kriegst du auch noch ein paar Jahre Schule.“ Das war ganz schön hoch gegriffen. Aber gut.
Ich konnte es versuchen.
„Habe ich Ihnen Arbeit gemacht?“, fragte sie unvermittelt. „Ich habe ganz schön viele Tische bemalt.“ Ich stutzte… begriff dann, dass es sich auf das Abschleifen der Tische bezog. Und antwortete zum dritten Mal seit unserer „Begegnung“ mit einen „Nein…“. Das war’s auch schon. Mehr wusste ich dazu nicht zu sagen.
„Du…“, begann ich, mühsam die Spur haltend.
„Du sprichst in den Pausen viel mit dir selber.“ Es war nur halb eine Frage.
„Echt?“ fragte sie mit einer Stimme, die mir glockenhell vorkam.
Ich nickte… und bog schweigend in eine Seitenstraße ein.
MutedStoryteller ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.08.2008, 00:08   #2
Fuenkchen
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 51

Hallo MutedStoryteller!

"Einmal sogar an den die Ostsee… and den Strand."

"Schnell wurde es durchgesetzt denn man fand bei der Überprüfung etwas, dass die Mutter hätte nicht besitzen dürfen. Das brachte die Mutter in die Rolle des Klägers."

Erstmal diese beiden Dinge. Die Fehler im ersten Satz findest du vermutlich selber. Zum Zweiten: Wenn man bei der Mutter etwas Verbotenes findet, bringt sie das in die Rolle der Angeklagten und nicht in die des Klägers!? Oder habe ich was falsch verstanden?

So, jetzt zum Rest: Find ich schön Schön geheimnisvoll.
Ich war von Anfang an gefesselt. Man fragt sich, was mit dem Mädchen los ist, als sie stumm an der Baustelle steht und nicht gehen will. Man fragt sich, was für eine Geschichte die Hauswände verbargen. Mir gefällt vorallem wie du im weiteren Verlauf das Mädchen charakterisierst ohne in den Erzählmodus zu verfallen. Du beschreibst Situationen, zeigst wie sie ist. Mit Linda hast du einen interessanten, vielseitigen Charakter geschaffen und man versteht immer mehr, wie sie zu dem Menschen wurde, der sie ist. Die Erzählperspektive ist ebenfalls gut gewählt. Ich frage mich bloß, woher der Hausmeister Lindas Lebensgeschichte kennt...

Liebe Grüße,
Fünkchen.
Fuenkchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.08.2008, 00:19   #3
MutedStoryteller
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 307

Danke erstmal.
Entschuldige bitte... Denn ich habe die Text heute noch überarbeitet und genau der erste Satz den du da zitierst ist ziemlich verändert worden daher der Fehler

Zum zweiten, war es eher so gemeint, das sie sich nun das Kind einklagen muss. hmmm vielleicht kommt das nicht so richtig rüber... ich sehe mir das morgen nochmal an!

Der Still ist sicher gewöhnungsbedürftig und daher freut es mich doppelt das er dir gefällt und sein ziel, diese Person praktisch vor den Augen des Betrachters ein Stück weit zu schaffen, nicht verfehlt.

Aber nun zum Hausmeister ;-)
Lies noch einmal die letzten Zeilen in Ruhe durch. Es ist nicht das wichtigste aus Lindas leben aber vielleicht ein weiteres Puzzelteil... das zumindest diese Frage beantwortet.
MutedStoryteller ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.08.2008, 00:34   #4
Fuenkchen
 
Dabei seit: 02/2006
Beiträge: 51

Meinst du das?

Zitat:
„Du sprichst in den Pausen viel mit dir selber.“ Es war halb eine Frage.
Wenn ja, dann könnte das einiges erklären... 8)

Das Kind einklagen? Das hatte ich anders verstanden, aber vielleicht denke ich auch nur zu kompliziert. Schau mal, was die anderen Leser sagen, dann kannst du immer noch entscheiden, ob du es so lässt oder verändern willst.
Fuenkchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.08.2008, 00:37   #5
MutedStoryteller
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 307

Ja, das ist die richtige Stelle

Zum rest... wie gesagt. Morgen nochmal in aller ruhe und wenn sich hier noch jemand dazu meldet beziehe ich das natürlich in meine überlegungen mit ein.

Nochmal ein großes danke...
so kurz war der text ja nicht.

Grüße
Muted Storyteller
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