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Alt 10.10.2007, 21:37   #1
lyrwir
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 449


Standard Feldforschung

Der bekannte Anthropologe Professor Antonius Nabatäus von Hardstängl beschreibt in seinem jüngst veröffentlichten Bericht "Erscheinungen des Trunkentums in Deutschland" ein nicht ganz neues, jedoch immer häufiger zu beobachtendes Phänomen. Bei seinen in zahlreichen deutschen Discotheken nach der Methode der teilnehmenden Beobachtung durchgeführten Studien fand er heraus, dass der Mensch, besonders in der Adoleszenz, durchaus in der Lage ist, komplett ohne Gehirn auszukommen. Einige der von von Hardstängl untersuchten Probanden hatten eine Art Dummy im Schädel, bei anderen war es durch die Rückbildung der ursprünglich vorhandenen Gehirnmasse zu einer kritischen Verdichtung gekommen, bei der sich Anti-Gedanken entwickeln, die im Zusammenprall mit Ideen eine blitzartige Kettenreaktion bewirken. Dabei kann es zu so etwas wie einem Unknall kommen, wobei ungeahnte Kräfte freigesetzt werden.
Im Rahmen mehrerer Selbstversuche durchlebte von Hardstängl einige Nächte in direktem Kontakt mit den beobachteten Objekten. Hier ein Ausschnitt aus seinen Notizen:
"Eines Freitags abends befand ich mich auf einer so genannten "Tanzfläche", wobei ich feststellen musste, dass kaum an Bewegung zu denken war. Ich fand mich umzingelt von Kaugummikaumaschinen, die, hätten sie sich noch langsamer bewegt, zu Stalagmiten erstarrt wären. Ebenfalls vertreten waren einige so genannte Handtäschchenmädchen, die, im Kreis herumwandernd, gelegentlich ihre Handys hervorkramten, was angesichts der in der einen Hand gehaltenen Zigarette und dem an die andere Hand montierten Glas einigermaßen kunstvoll schien. Durch eine noch zu untersuchende Gruppendynamik befeuert, gelang es ihnen, ihr Handy hochhaltend, Bilder der "Tanzfläche" zu schießen, welche sie sofort an ihre Freundinnen sandten nebst dem Vermerk "hier tanz ich grade". Die Freundinnen waren allesamt nebeneinander auf der Tanzfläche versammelt.
Faszinierend auch die männlichen Unbehirnten. Im Bemühen, ihre wesentlichen Anliegen nicht zu vergessen, hatten sie ihre T-shirts beschriftet: "Suck my dick", "Dressed to kill every desire", "Meine Leber möcht ich nicht haben" usw. Erstaunlicherweise waren diese Individuen sogar in der Lage, an Sprache erinnernde Laute von sich zu geben. So bekam ich von einem, die halbe "Tanzfläche" blockierenden breitbackigen Testosteronriesen auf die Bitte, sich doch davon zu beheben, nach einiger Zeit die Antwort "Tanz doch um mich rum". Da es bereits 4:00 in der Frühe war, hätte die Zeit bis Feierabend nicht mehr dafür gereicht.
Die Versorgung mit Getränken gelingt diesen Hominiden hervorragend: "Bull-O", "Vodka-O" und "nochein".
Zusammenfassend glaube ich nicht, dass wir uns um den Standort Deutschland Sorgen machen müssen, wenn auch weitere Forschungsarbeit vonnöten ist. Ich stehe dafür gerne zur Verfügung."

Zur Zeit arbeitet der Herr Professor an einer Studie mit dem Titel ""Saufmichschön - Entwicklung des Trinkverhaltens deutscher junger Frauen". Hierfür werden noch Freiwilliginnen gesucht.
lyrwir ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.10.2007, 21:48   #2
Meta
 
Dabei seit: 10/2007
Beiträge: 15


Hm, mir fehlen ein wenig die Worte, den Text zu beschreiben.
Er gefällt mir auf jeden Fall sehr gut!
Ich finde die Kombination von Wortwahl, Textart und Inhalt einfach herrlich gelungen!

Einzig die unbehirnten verlangen ein großes "U".

Grüße,
Meta
Meta ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.10.2007, 18:18   #3
lyrwir
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 449


Hallo Meta,
schön, dass dir der Text Freude macht, dazu ist er da. Die Unbehirnten haben jetzt ein grosses U.
Grüße,
Lyrwir
lyrwir ist offline   Mit Zitat antworten
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