Zu spät für Gespräche?

[Wolf65]

Freital: Ist es zu spät?

Am Samstag radelten Hunderte von Dresden nach Freital, um ihre Solidarität mit Flüchtlingen zu bekunden. An diesem Wochenende gab es Anschläge auf Flüchtlinge und das Büro der Linkspartei.

Ist es zu spät, mit den Verzweifelten zu reden?
Mit denen, die gehetzt, verletzt,
sich selbst aufgeben?

Die, nicht gebraucht und ausgestoßen,
sich schämen, statt jetzt aufzusteh`n?
Sind sie die Kleinen- wir die Großen?

Und wenn sie, ihre Wut ausrufend,
hilflos an Straßenecken steh`n,
was sind sie anderes als suchend?

Suchend nach Halt, und nach Vertrauen.
Nach Hilfe, die wir anderen gern geben.
Sind sie die Dummen- wir die Schlauen?

Und wenn sie andere, die sie gar nicht kennen,
verteufeln, glauben, was sie glauben sollen,
sind wir dann klug, wenn wir sie „dämlich“ nennen?

Ist es zu spät, dass wir begreifen,
dass diese armen Menschen uns so ähnlich sind?
Wir haben Zeit. Sie hatten keine Zeit, zu reifen.

Das gleiche Mitgefühl, das wir den Fremden geben,
wo ist es, wenn wir unserm Nachbarn kalt begegnen?
Wie wollen wir mit Nachbarn und den Fremden leben?

Wenn wir das nächste Mal nach Freital fahren,
fahren wir wieder an Verzweifelten vorbei.
Geschützt von Staatsgewalt, von Polizei.

Warum nicht klug organisieren,
dass man mit diesen Menschen reden kann?
Wir sind genug- was gibt es zu verlieren?


Statt Menschen „Pack“ zu nennen,
müssen wir verstehen, was sie hindert.
Wer Menschen lieben will, der muss erkennen,

was sie unterdrückt. Lest Brecht, der schrieb:
„Der Mensch wär` so gern gut und gar nicht roh.
Doch die Verhältnisse, die sind nicht so.“

Ist es für unsern Mut zu spät,
Dann fließt bald Blut.
Zeit, dass ihr versteht.
Zeit, dass wir verstehn,
wenn wir uns und andre sehn.