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Alt 11.01.2017, 22:47   #1
weiblich weltenbummer3
 
Dabei seit: 01/2017
Alter: 27
Beiträge: 1

Standard Der Schwan - Rainer Maria Rilke (Interpretation gesucht)

Hallo,

ich habe die Aufgabe zugeteilt bekommen für eine Präsentation das Gedicht "Der Schwan" von Rainer Maria Rilke genauer unter die Lupe zu nehmen.

Hier das Gedicht:

Diese Mühsal, durch noch Ungetanes
schwer und wie gebunden hinzugehn,
gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes.

Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen
jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn,
seinem ängstlichen Sich-Niederlassen - :

in die Wasser, die ihn sanft empfangen
und die sich, wie glücklich und vergangen,
unter ihm zurückziehen, Flut um Flut;
während er unendlich still und sicher
immer mündiger und königlicher
und gelassener zu ziehn geruht.

Mir selbst ist aufgefallen, dass sich die 1. und 2. Stophe (was das Reimschema angeht) zusammenzuhängen und die 3. eine Art Abschluss bildet.
Außerdem scheint das Gedicht den Verlauf des Lebens zu spiegeln. (Die letzten zwei Verse scheinen auf den Tod anzuspielen, daher der Gedanke)

Leider fällt es mir ziemlich schwer noch weiteres aus dem Gedicht zu interpretieren, da ich meistens das Gefühl habe meine Ansätze sind eventuell zu weit hergeholt ..

Würde mich über Unterstützung freuen!

Liebe Grüße.
weltenbummer3 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2017, 23:08   #2
männlich dr.Frankenstein
 
Benutzerbild von dr.Frankenstein
 
Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.467

Stellt euch einen Schwan vor. Seht ihr wie er da sitzt und sich überlegt loszugehen?
Loszufliegen?

Diese unendliche Anstrengung die vor ihm liegt.

Und dann wenn ihr so durch Lüfte fliegt... so tirili hier und da.
Müsst ihr nicht wieder landen?

Landen im Meer des Unbewussten... einem Meer das euch trägt und mit Futter versorgt, für den nächsten Flug.

Wieder den Schwan vorstellen, wie er auf dem Wasser landet... Fals das mal jemand gesehen hat.
Hand hoch, wer hat schon einen Schwan landen sehen oder losfliegen? Beides ist überwältigend oder?

Sollte er da wirklich den Tod meinen an dieser Stelle:
"Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen
jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn" ?

Oder ist er in einem anderen Zusammenhang mit dem Tod befreundet unser Schwan.
Er hat ja die 3 Farben weiß, schwarz und rot... was jetzt nix mit den Nazis zu tun hat... Er ist ein Bote der anderen Welt, wie der Storch.

Jetz stell dir wieder vor ein Schwan zu sein. Du willst los rennen und fliegen, aber es geht nicht mehr. Du bist alt und schwach.

Denkst du jetzt daran: wie es wäre sanft zu landen?
dr.Frankenstein ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2017, 23:13   #3
männlich dr.Frankenstein
 
Benutzerbild von dr.Frankenstein
 
Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.467

Bisschen arbeit wollt ich dir noch lassen, ein paar Überlegungen fallen mir noch ein.
dr.Frankenstein ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2017, 23:40   #4
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 31.042

Zitat:
Zitat von weltenbummer3 Beitrag anzeigen
Diese Mühsal, durch noch Ungetanes
schwer und wie gebunden hinzugehn,
gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes.

Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen
jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn,
seinem ängstlichen Sich-Niederlassen - :

in die Wasser, die ihn sanft empfangen
und die sich, wie glücklich und vergangen,
unter ihm zurückziehen, Flut um Flut;
während er unendlich still und sicher
immer mündiger und königlicher
und gelassener zu ziehn geruht.
Das Gedicht war mir bislang unbekannt. Bei mehrfachem Lesen kamen mir aber ein paar Ideen.

Das Reimschema wechselt von Kreuzreimen (bei den Tripletten) zu einem Paarreim (2. Strophe) und schließlich zu einem umarmenden Reim. Den Rhythmus zu analysieren solltest du selbst hinbekommen. Was mir noch aufgefallen ist: Das Gedicht arbeitet viel mit den dunklen Vokalen "u" und "a". Auch solltest du dir Gedanken machen, weshalb Rilke nach dem ersten Gedankengang eine Zäsur gemacht, also die ersten sechs Zeilen in zwei Tripletten aufgeteilt hat.

Aus der ersten Triplette geht hervor, dass das Gedicht nicht einen Schwan besingt, sondern einen Vergleich mit ihm zieht: Was (der Mensch?) noch nie erfahren hat, macht seinen Gang unsicher wie den Watschelgang eines Schwans auf festem Grund.

Die größte Unsicherheit entsteht jedoch beim Gedanken an das Sterben (2. Triplette), dann wird nicht nur der Gang unsicher, sondern auch das Stehen auf dem täglichen Grund. Es zieht uns förmlich den Boden unter den Füßen (Flossen) weg. Ängstlich lassen wir uns auf die unumgängliche Tatsache des Sterbenmüssens ein. Hier ist der Gedankenstrich auffällig, er steht wohl für die Länge und Intensität dieser Angst.

Doch der Doppelpunkt hebt diese Angst auf und schlägt einen tröstenden Ton an: Wir müssen uns dem Wasser anvertrauen und lernen, uns von ihm davontragen zu lassen und zu königlicher Gelassenheit zu finden. Oder anders gesagt: Wer seinen rechten Ort und seine Bestimmung gefunden hat, kann in Würde sterben.

Das sind meine persönlichen Eindrücke. Sie können falsch sein, aber vielleicht geben sie einen Anstoß, tiefer in das Gedicht einzutauchen und weitere Ansätze zu finden.

Lieben Gruß,
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
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