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Sprüche und Kurzgedanken Prosatexte, die einen Sachverhalt möglichst kurz und knapp schildern.

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Alt 29.08.2012, 03:51   #1
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Standard Für GK 12 Deutsch

Meine Schüler wollten eine Musterversion für die Klausur von mir. Dafür habe ich jetzt wieder mehr Zeit.

Gedicht-Interpretation (Das Göttliche)

In seiner, in freien Rhythmen verfassten, Hymne „Das Göttliche“ entwirft Goethe ein Programm für die Entwicklung der Humanität und skizziert ein Menschenbild, das wir der Weimarer Klassik zuordnen.

Das Gedicht gleicht mit zehn Strophen den biblischen zehn Geboten des Moses. Es hat thematisch einen symmetrischen Aufbau. Die Strophen eins und zehn enthalten einen moralischen Appell, die Strophen zwei und neun stellen die Verbindung zwischen Göttern und Menschen dar. In der dritten bis sechsten Strophe wird der Menschen als Teil der Natur, in der siebten und achten Strophe als über ihr stehend gezeigt.

Die Tugenden, um die es geht, werden gleich in den ersten beiden Versen genannt: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!“ In der letzten Strophe, wird das Edelsein nochmals durch die Charaktereigenschaften „hilfreich und gut“ und das Streben „Unermüdlich schaff‘ er das Nützliche, Rechte“ genau bestimmt: als ein moralisch geprägtes Leben, das dem göttlichen Vorbild einer Verantwortung für alles Leben nacheifert. Erste und letzte Strophe bilden so einen Rahmen um die Erläuterung des Konzepts.

Der Appell („sei…!“) der ersten beiden Verse wird gleich in den nächsten Versen mit der Sonderstellung des Menschen, seiner herausgehobenen Position, begründet und gerechtfertigt: „Denn er allein unterscheidet sich von allen Wesen, die wir kennen.“ Diese Unterscheidung wird später im Mittelteil des Gedichts genauer ausgeführt.
Den Wesen, die wir „kennen“, werden in der zweiten Strophe die „höhern Wesen, die wir ahnen!“ gegenüber gestellt. Diesen Göttern, heißt es hier, „gleiche der Mensch!“ und zwar so sehr, dass seine Vollkommenheit („Das Göttliche“, wie es im Titel heißt), an die Existenz der Götter glauben lässt. Auch in der neunten Strophe ist dieses das Thema.

Die Strophen drei bis fünf stellen nun Natur und Glück dem Menschen gegenüber. Beide sind gefühllos und ohne Moral. Die außerirdischen (Strophe drei: Sonne, Mond, Sterne) wie die irdischen Naturerscheinungen (Strophe vier: Wind, Ströme, Donner, Hagel) wirken ohne Verantwortung für das moralisch Gute wahllos ein. Auch das Glück (Strophe vier) wird guten und schlechten Menschen gleichermaßen zuteil. Aber Strophe sechs zeigt, dass auch der Mensch („müssen wir alle“) wie sie „ewigen…Gesetzen“ unterliegt und so etwas mit ihnen teilt.

In den Strophen sieben und acht aber wird der Mensch als etwas Besonderes deutlich: „Nur allein der Mensch vermag das Unmögliche:“. Vernunft, Entscheidungsvermögen und Erinnern befähigen ihn auszuwählen und zu richten und machen dies zugleich zu seiner Aufgabe. So bringt er eine für heilende Ordnung hervor, in der jeder dem andern nützt.

Das Gedicht fordert also -bezeichnend für die Weimarer Klassik- eine moralische Evolution des Menschen auf ein Ideal hin. Die Gesellschaft soll nicht mehr durch revolutionären Umsturz verbessert werden sondern durch Reifung jedes einzelnen.

Die Vollkommenheit zeigt das Gedicht formal durch Symmetrie. Programm und Form ergänzen und spiegeln sich so.
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