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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 16.04.2017, 19:50   #1
weiblich Ex-MeineEigeneWelt
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Standard Es herrscht Krieg

Es herrscht Krieg mit all seinem Schrecken.
Stumme Schreie aus dem Dunkel der Nacht.
Unerhörte Stimmen aus leeren Verstecken.
Der Schatten überfällt den, der bewacht.

Gebrochener Muskel, erstickende Seele;
Werden sie regenerieren oder entschlafen?
Anspannung - Ungewissheit quetscht die Kehle.
Einsam im Beisein von drei schwarzen Schafen.

Der Alltag gleicht nur noch dem Gräbergang.
Links um, rechts um: zerplatzte Lebensträume.
Die Suche nach Sicherheit schürt den Fang:
Die bunte Armee zerbombt blasse Räume.

Reißende Fluten brechen brüllend herein.
Der Ascheregen vergilbt auf dem Sinnbild.
Memorien kehren in Totenstille mit heim.

28.03.2017
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Alt 16.04.2017, 22:06   #2
weiblich Ilka-Maria
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Nicht rund, aber tief.
Klasse, aus der Masse hervorstechender Text.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.04.2017, 23:12   #3
Thing
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Sehr ungewöhnlich, liebe Lara! Sowohl die Wortwahl als auch die Darbietung (letzte Strophe mit einer Waise) korrespondieren mit dem Inhalt.
Da kann ich nur erstaunt rufen: Alle Achtung!

Lieben Gruß
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2017, 22:20   #4
weiblich Ex-MeineEigeneWelt
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Beiträge: 1.503

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Nicht rund, aber tief.
Danke, was denkst Du könnte/sollte man abrunden?


Zitat:
Zitat von Thing Beitrag anzeigen
Da kann ich nur erstaunt rufen: Alle Achtung!
Dankeschön auch an Dich, Thing.
Ex-MeineEigeneWelt ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2017, 22:46   #5
männlich Eisenvorhang
 
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Hallo MeineEigeneWelt

Mir gefallen Deine Zeilen auch. Für Dein Alter eine beachtliche Leistung.

Meine Kritik:

Die Metrik. Also der geordnete Rhythmus wie du Wörter und Silben sprichst.

Was ist eine Silbe?

Ein Buchstabenpaar, dass entweder ein Wort einsilbig formt oder ein Wort mehrsilbig formen kann.

"Schrecken" besteht aus zwei Silben. "Schre-cken".
Die erste Silbe "Schre" ist betont und die zweite Silbe "cken" unbetont.

Wie kann man Silben sprechen?

Es gibt betonte Silben und unbetonte Silben.
Bei betonten Silben spricht man von sog. "Hebungen" und bei unbetonten Silben spricht man von sog. "Senkungen".

Eine Senkung stellt man in der Theorie als kleines "x" dar. Und eine Hebung mit einem großen "X".

Beispiel:

Da Tamm, da Tamm, da Tamm, da Tamm!
xX xX xX xX
oder
xXxXxXxX

Da (Senkung) Tamm (Hebung)
Deine Stimme ist bei "Da" tiefer und bei "Tamm" höher. Sprich es schnell nacheinander. Es ist wie eine Sinusschwingung.

Es herrscht, der Krieg, mit seinem, Schrecken

Da Tamm, da Tamm, da Tamm, da Tamm da.

Diese Form nennt man "Jambus", der im Beispiel vier Hebungen besitzt und fünf Senkungen.

vlg

EV
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2017, 22:51   #6
weiblich Ex-MeineEigeneWelt
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Beiträge: 1.503

Ich teile Deine Kritik, Eisenvorhang.

Durch Meishere konnte ich die Grundlagen der Metrik bereits erfahren, jedoch fehlt es mir immer wieder an Willen, diese auch in meinen Texten umzusetzen und beizubehalten. So versuche ich stets, zumindest grobe Holprigkeiten zu umgehen und mich lediglich auf den Inhalt zu konzentrieren.

"Der Anfang anzufangen ist so schwer."

Vielen Dank für Dein Bemühen. Ich werde mich wohl oder übel noch damit auseinander setzen müssen.
Ex-MeineEigeneWelt ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2017, 23:28   #7
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.078

Zitat:
Zitat von MeineEigeneWelt Beitrag anzeigen
Danke, was denkst Du könnte/sollte man abrunden?
Ich meinte mit tief, dass das Gedicht ein ziemlich drastisches Bild vom Krieg zeichnet, also die Aussage intensiv ist. „nicht rund“ bezieht sich auf Rhythmus und Wortwahl.

Anders gesagt: Die Metrik könnte fließender sein, und an manchen Stellen wäre ein anderer Ausdruck kräftiger und eleganter. Zum Beispiel klingen Partizipien meistens nicht schön („erstickende“ Seele). Auch sollte des Guten zu viel vermieden werden; wenn zum Beispiel reißende Fluten an Land oder gegen Felsen brechen, lässt schon das Wort „brechen“ genügend Lärm ahnen, so dass „brüllend“ überflüssig wird. Überhaupt: Adjektive meiden, wo immer es möglich ist.

„Memorien“ klingt etwas merkwürdig, gemeint sind wohl Erinnerungen, und statt „unerhört“ (Synonym für „frech“, „dreist“) ist wohl „ungehört“ gemeint. Die „leeren“ Verstecke geben dem Leser kein Bild, sondern bleiben rätselhaft: „leer“ von was, welche Verstecke? Ein Muskel bricht nicht, das tun die Knochen. Ferner sind sich widersprechende Ausdrücke wie „stumme Schreie“ (gerne gebräuchlich z.B. auch: „lärmende Stille“) schon ziemlich inflationäre Stilmittel. „quetscht“ klingt auch nicht gerade poetisch, hier wäre „würgt“ oder „drückt“ gegangen.

Das alles sind keine wirklichen Mängel, sondern Entwürfe, die eine Herausforderung darstellen, nach dem vielleicht doch noch treffenderen Ausdruck und Rhythmus zu suchen.

Beispiel 1. Strophe:

Es herrscht der Krieg mit all seinen Schrecken,
der Schrei des Todes zerschneidet die Nacht,
und ängstlich flüstert es aus den Verstecken.
Die Schatten fallen auf den, der bewacht.

LG
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2017, 23:34   #8
männlich Eisenvorhang
 
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Hallo Ilka-Maria

Eine Frage.
Die Verwendung von Partizipien.
Wird das allgemein in der Lyrik eher abgelehnt oder ist das eine subjektive Empfindung?

Ich fragte mich das bereits öfters.

vlg
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2017, 23:52   #9
weiblich Ex-MeineEigeneWelt
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Dankeschön für die Hinweise, sehr brauchbar!

Jedoch habe ich hiergegen etwas einzuwenden:
Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Ein Muskel bricht nicht, das tun die Knochen.
Diese Passage ist der Knackpunkt des Gedichts, welche keinen Denkfehler darstellt, sondern bewusst eingesetzt wurde. Dass ein Muskel nicht bricht, ist ja wohl klar, doch weshalb kann dann ein Herz brechen? Damit möchte ich nämlich auf die Doppeldeutigkeit, die das Gedicht beinhaltet, hinweisen. Und zwar behandle ich in meinem Text nicht nur den Krieg zwischen Völkern, Nationen, Menschen, sondern den Krieg, der sich im einzelnen Menschen abspielt. Der Kampf mit sich selbst, die Schlacht zwischen Gedanken und Gefühlen, dem eigenen Leben, der Psyche.

Daher kommen wir auch hier nicht ganz auf die selbe Meinung:
Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Die „leeren“ Verstecke geben dem Leser kein Bild, sondern bleiben rätselhaft: „leer“ von was, welche Verstecke?
Ex-MeineEigeneWelt ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2017, 00:14   #10
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von MeineEigeneWelt Beitrag anzeigen
Dass ein Muskel nicht bricht, ist ja wohl klar, doch weshalb kann dann ein Herz brechen?
Kann es nicht, eben weil das Herz ein Muskel ist. Macht aber nichts, denn ich habe trotz meiner etwas anderen Meinung verstanden, was du damit ausdrücken willst, und deshalb mit deinem Widerspruch gerechnet. Akzeptiert!

@Eisenvorhang
Zitat:
Die Verwendung von Partizipien.
Wird das allgemein in der Lyrik eher abgelehnt oder ist das eine subjektive Empfindung?
Die Anwendung von Partizipien wird von Schreibern, die Wert auf guten Stil legen, nicht nur in der Lyrik kritisch gesehen, sondern in jeder Art von Text (das gilt übrigens auch für den meistens nicht notwendigen Gebrauch des Passivs). Sie klingen ungelenk.

Beispiel:

Die unaufhaltsam vorwärtsschreitende Zeit brachte den durch die mit Spannung erwartete Nachricht nervös gewordenen und ständig seinen Blutdruck messenden Patienten an den Rand des Wahnsinns.

Na, ist das nicht ein hübscher Satz?

Und jetzt in verständlichem Deutsch:

Die Zeit schritt unaufhaltsam voran. Mit wachsender Spannung wartete der Patient auf die Nachricht. Schließlich wurde er so nervös, dass er ständig seinen Blutdruck maß und glaubte, wahnsinnig zu werden.

Alles klar?
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2017, 00:34   #11
männlich Eisenvorhang
 
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Jup, glasklar.

Danke

vlg

ev
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Alt 26.04.2017, 22:44   #12
weiblich Ex-Letreo71
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Beiträge: 4.032

Liebe MEW,

sehr düster, aber gut geschrieben.

Lieben Gruß

Letreo
Ex-Letreo71 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.04.2017, 00:15   #13
weiblich Ex-MeineEigeneWelt
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Zitat:
Zitat von Letreo71 Beitrag anzeigen
Liebe MEW,

sehr düster, aber gut geschrieben.

Lieben Gruß

Letreo
Dankeschön, Manu!
Ex-MeineEigeneWelt ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.04.2017, 00:29   #14
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Sehr endringlich, MeineEigeneWelt.

Sehr gern gelesen.

LG g
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.04.2017, 16:33   #15
männlich Gylon
 
Dabei seit: 07/2014
Beiträge: 4.269

Liebe MeineEigeneWelt,
der gebrochene Muskel sagt mir nicht so zu. Meiner Meinung nach, würde der gerissene Muskel auch funktionieren, denn man kann innerlich auch ganz schön zerrissen sein. Somit wäre die von Dir beabsichtigte Doppeldeutigkeit gegeben, ohne dass du Leser wie mich verwirrst. Alles in allem, Daumen hoch!

Liebe Grüße Gylon
Gylon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.05.2017, 23:28   #16
weiblich Ex-MeineEigeneWelt
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Beiträge: 1.503

Dankeschön für Dein Lob, Gummibaum. Freut mich.


Zitat:
Zitat von Gylon Beitrag anzeigen
Liebe MeineEigeneWelt,
der gebrochene Muskel sagt mir nicht so zu. Meiner Meinung nach, würde der gerissene Muskel auch funktionieren, denn man kann innerlich auch ganz schön zerrissen sein. Somit wäre die von Dir beabsichtigte Doppeldeutigkeit gegeben, ohne dass du Leser wie mich verwirrst. Alles in allem, Daumen hoch!

Liebe Grüße Gylon
Eine gute Idee, daran habe ich noch gar nicht gedacht, Gylon! Werde ich mir nochmal zu Gemüte führen. Ich danke Dir.
Ex-MeineEigeneWelt ist offline   Mit Zitat antworten
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