Die Waise bei Poetry.de

Ilka-Maria · 03.09.2011, 18:49

Ich öffne die Tür, du du ziehst sie ins Schloss,
noch einmal treten wir beide hinaus,
ein letzter Blick schweift über das Haus,
in dem ein Teil unseres Lebens floss.

Ich folge dem Ruf, du suchst einen Weg,
wir denken nach vorn und nicht zurück,
wie Jungvögel sind wir: frei und flügg,
die Zukunft offen und ohne Beleg.

Ich gehe nach links, du wendest nach rechts,
die Liebe allein, sie weilt noch aus
und geistert kraftlos durch‘s leere Haus
als Waisenopfer des letzten Gefechts.

3. September 2011
by Ilka-M.

Thing · 03.09.2011, 19:43

Halli Hallo, Ilka-Maria -

tja ...
Was soll ich schreiben?
Daß ich beeindruckt bin?
Daß dies ein ungemein origineller und wehmütiger Text ist?
Daß mir "flügg" besonders gut gefällt?
D a s halte ich nämlich für innovativ (neben anderen Metaphern).

Thing

PeterB · 04.09.2011, 08:29

Die Liebe als Waise, was für eine wunderbare Metapher.

Liebe Ilka-Maria,

das ist ein schönes, wehmütiges Gedicht. Und KEIN Funken Kitsch dabei! Das ist gekonnt. Denn bei diesem Thema wäre die Gefahr gegeben, ins Kitschige abzugleiten. Diese Klippe hast Du schön umschifft.

Lieben Gruss

P.

Perry · 10.09.2011, 20:57

ein Gefühl, das man gut nachvollziehen kann. Wenn sich zwei Liebende Menschen trennen und den Ort ihrer Liebe verlassen, dann bleibt die Liebe als Waise zurück.
Konstruktiv würde ich das zweite "du" in der ersten Zeile weglassen, falls es kein Flüchtigkeitsfehler ist.
LG
Perry

Ilka-Maria · 10.09.2011, 20:59

Natürlich ist das ein Tippfehler - danke.

Ex-Odiumediae · 10.09.2011, 22:35

Zitat:

Zitat von PeterB

Die Liebe als Waise, was für eine wunderbare Metapher.

Gut, dass ich vorher die Kommentare lese, fast genau das Gleiche wollte ich auch sagen. So umgeht man den Kitsch auf gekonnt elegante Weise und gibt seinem Werk gleichermaßen Tiefe.

joerg · 10.09.2011, 22:59

Auch ich finde dieses Gleichnis gelungen; besonders gefiel mir:

Zitat:

Zitat von Ilka-Maria

die Liebe allein, sie weilt noch aus
und geistert kraftlos durch‘s leere Haus

...kraftloses Geistern- hervorragend!

mitgenommen (in die dargestellte Szenerie)

jörg

El Machiko · 11.09.2011, 00:21

in wirklich ausgezeichnettes Gedicht!!!

Obwohl mir das ende zu unromantisch ist.

Aber das mit dem geist war wirklich gut. Obwohl das haus dadurch ja jetzt nicht mehr leer ist.

Ilka-Maria · 11.09.2011, 02:31

Zitat:

Zitat von El Machiko

Obwohl mir das ende zu unromantisch ist.

Wenn du glaubst, eine Trennung habe etwas mit Romantik zu tun, dann schreibe darüber ein romantisches Gedicht. Ich gebe Dir schon mal etwas vor:

"Glücklich getrennt/geschieden"

"Höllisch vereint/himmlisch entzweit ...."

"Hölle zu zwei'n, endlich allein ..."

Laß der Romantik freien Lauf.

Kurier · 11.09.2011, 11:15

Liebe Ilka-Maria,
ein schönes Gedicht, der Inhalt überzeugend.
Ich habe nach mehrmaligem Lesen versucht, dieses Gedicht als kreuzgereimtes zu lesen; eine durchaus gelungene Variante.
LG Dieter

Ilka-Maria · 11.09.2011, 11:55

Zitat:

Zitat von Kurier

Liebe Ilka-Maria,
ein schönes Gedicht, der Inhalt überzeugend.
Ich habe nach mehrmaligem Lesen versucht, dieses Gedicht als kreuzgereimtes zu lesen; eine durchaus gelungene Variante.
LG Dieter

Gute Idee. Über Kreuz geht es auch. Danke für den Hinweis.

Lux · 12.09.2011, 17:19

Liebe Ilka,

WOW! Ich bin echt beeindruckt. Ein Trennungsgedicht der ganz anderen Art. Ist dir wirklich gelungen und es hat mich berührt.

LG
Lux

03.09.2011, 18:49	#1
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.082 Meine Gedichte Meine Favoriten	Die Waise Ich öffne die Tür, du du ziehst sie ins Schloss, noch einmal treten wir beide hinaus, ein letzter Blick schweift über das Haus, in dem ein Teil unseres Lebens floss. Ich folge dem Ruf, du suchst einen Weg, wir denken nach vorn und nicht zurück, wie Jungvögel sind wir: frei und flügg, die Zukunft offen und ohne Beleg. Ich gehe nach links, du wendest nach rechts, die Liebe allein, sie weilt noch aus und geistert kraftlos durch‘s leere Haus als Waisenopfer des letzten Gefechts. 3. September 2011 by Ilka-M.

10.09.2011, 20:57	#4
Perry Dabei seit: 11/2006 Alter: 71 Beiträge: 3.762 Meine Gedichte	Hallo Ilka-Maria, ein Gefühl, das man gut nachvollziehen kann. Wenn sich zwei Liebende Menschen trennen und den Ort ihrer Liebe verlassen, dann bleibt die Liebe als Waise zurück. Konstruktiv würde ich das zweite "du" in der ersten Zeile weglassen, falls es kein Flüchtigkeitsfehler ist. LG Perry

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03.09.2011, 19:43	#2
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Halli Hallo, Ilka-Maria - tja ... Was soll ich schreiben? Daß ich beeindruckt bin? Daß dies ein ungemein origineller und wehmütiger Text ist? Daß mir "flügg" besonders gut gefällt? D a s halte ich nämlich für innovativ (neben anderen Metaphern). Thing

04.09.2011, 08:29	#3
PeterB abgemeldet Dabei seit: 11/2010 Beiträge: 236 Meine Gedichte	Die Liebe als Waise, was für eine wunderbare Metapher. Liebe Ilka-Maria, das ist ein schönes, wehmütiges Gedicht. Und KEIN Funken Kitsch dabei! Das ist gekonnt. Denn bei diesem Thema wäre die Gefahr gegeben, ins Kitschige abzugleiten. Diese Klippe hast Du schön umschifft. Lieben Gruss P.

10.09.2011, 20:59	#5
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.082 Meine Gedichte Meine Favoriten	Natürlich ist das ein Tippfehler - danke.

11.09.2011, 00:21	#8
El Machiko Dabei seit: 11/2008 Ort: bye the Godfarther! The God? the God!..... Father! Alter: 40 Beiträge: 949 Meine Gedichte	in wirklich ausgezeichnettes Gedicht!!! Obwohl mir das ende zu unromantisch ist. Aber das mit dem geist war wirklich gut. Obwohl das haus dadurch ja jetzt nicht mehr leer ist.

11.09.2011, 11:15	#10
Kurier R.I.P. Dabei seit: 06/2010 Beiträge: 701 Meine Gedichte Meine Favoriten	Liebe Ilka-Maria, ein schönes Gedicht, der Inhalt überzeugend. Ich habe nach mehrmaligem Lesen versucht, dieses Gedicht als kreuzgereimtes zu lesen; eine durchaus gelungene Variante. LG Dieter

12.09.2011, 17:19	#12
Lux Dabei seit: 03/2010 Alter: 38 Beiträge: 839 Meine Gedichte Meine Favoriten	Liebe Ilka, WOW! Ich bin echt beeindruckt. Ein Trennungsgedicht der ganz anderen Art. Ist dir wirklich gelungen und es hat mich berührt. LG Lux