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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 02.01.2016, 20:12   #1
weiblich Giraffenherz
 
Benutzerbild von Giraffenherz
 
Dabei seit: 01/2016
Beiträge: 13

Standard Donnerstag Nachmittag

Donnerstag Nachmittag

26.11.2015

Ein Tag, der mir wohl lange im Gedächtnis bleiben wird.
Es war ein Donnerstag.
Ein Donnerstag Nachmittag.
Ich hasse Donnerstag Nachmittage,
weil es immer zusätzlichen Stress mit sich bringt, aber auch mag ich ihn,
weil es nur ein halber Tag für mich ist.
Ein halber Tag, wo man wahrscheinlich stündlich die ganze Bandbreite
an Gefühlen durchlebt.
Alleine deshalb, weil ich mit Menschen arbeite, um genau zu sein mit Patienten.
Mit alten, mit jungen, mit kranken, mit nörgelnden, mit traurigen,
mit fröhlichen, mit absolut authentischen und mit absolut desinteressierten Menschen.
Ich erlebe fast täglich die verschiedensten Arten, die verschiedensten Hüllen und Emotionen von Menschen.
Oftmals schaue ich in deren Inneres und sehe, wie die taffe Frau die in das Zimmer hineinkommt, nun plötzlich vor mir liegt und weint.
Oder man sieht einfach jemanden im Zimmer sitzen und denkt sich seinen Teil über diesen Menschen und schwups, ist er alles, nur nicht das, was man sich ausmalte.
Ja, Menschen....

Jedenfalls war es der 26.11 und Frau L. hatte ihren Termin um 14:30.
Sie war eine Patientin, wo ich sagen würde..."neee, bitte jeder, nur nicht sie."
Aber jegliches Beten half mir da nicht mehr.
Nun gut dachte ich mir, Zähne zusammenbeißen und durch.

Da waren wir nun im Zimmer, ich habe sie rein geholt, vorbereitet und nun saß sie da alleine, nachdem ich die Glastür schnell hinter mir zu machte und in den Flur ging.
Als ich zwischen durch dann wieder bei ihr war, sie behandelte und mit ihr sprach, kamen wir ganz schnell auf ein gemeinsames Thema, was von ihr aus ging.

Wir sprachen also über eine Schule, über das, was dort vor sich ging.
Wir sprachen darüber und langsam merkte ich wie sich etwas zwischenmenschliches zwischen uns anbahnte...gruseliges Gefühl.

Nun denn...da das ja noch nicht genug war, kamen wir auf noch ein Thema und noch ein Thema, was dann langsam so ein wenig persönlicher wurde, nicht zu persönlich, aber dennoch schon außerhalb der Patientenrichtlinien.

Wir sprachen also nun über diese Themen und ich merkte wie sich meine Gesichtsfarbe von weiß zu rot wechselte...einfach, weil ich es nicht gewohnt war, eben über diesen Rahmen zu springen.

Irgendwie wurde mir die Patientin immer angenehmer und irgendwie fand ich sie gar nicht mehr so schrecklich.

Frau L. war eben einfach eine Patientin, die immer nörgelt, die einfach merkwürdig ist...einfach jemand...zu dem mir nichts mehr einfiel. Ich mochte sie eben einfach nicht.

Bis zu diesem Tag.

Nun fällt mir sehr viel zu ihr ein. Doch. Ja.

Sie ist nett.
Und sie weiß, was sie sagt.
Und dafür mag ich sie nun.
Ich mag sie dafür, dass sie in mir mehr gesehen hat, als ich ihr zu dem Zeitpunkt gegeben habe und wieder musste ich merken, wie sich ein großes Tränenmeer in mir anstaut in dem ich zu ertrinken drohte, aber mir nichts anmerken ließ, außer meiner Gesichtsfarbe, die jetzt nicht nur rot war, sondern wohl auch glühte vor Peinlichkeit.

Doch weshalb erzähle ich Euch dies nun ? Was ist das Spannende nun dran, außer, dass ich mit Patienten arbeite und alle unterschiedlich sind?

Die Magie dieser kleinen Donnerstag-Nachmittags-Geschichte liegt in folgendem letzten Satz von Frau L. als die Behandlung zu Ende war und sie Richtung Glastür in den Flur verschwand.

Sie sagte : " Egal was, aber schreiben Sie. Schreiben Sie von mir aus ein Buch über die doofen Patienten, aber schreiben Sie."

Und da musste ich lachen, einfach weil dieser Satz mir wieder zeigte, dass gerade die Menschen, wo ich denke, dass sie so unangenehm böse sind und ich sie nicht mag, doch jene sind, die mich stärken und an mich glauben.

Ich weiß, dass Frau L. diesen Text hier niemals lesen wird, das soll sie auch nicht, aber ich weiß, dass wenn sie das nächste Mal wieder kommt, ich mich bestimmt auf sie freuen werde :-)

(Ev)
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