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Alt 05.08.2006, 01:02   #1
rattentod
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Standard masken

mal was etwas älteres. die erste von mir geschriebene geschichte. passt leider nicht ganz rein, daher werde ich wohl kapitel nach kapitel posten müssen (sind über 25000 zeichen, bevor ich des doppelpostingsbeschimpft werde).






Masken

Rückkehr in die Wohnung

X. öffnete die Wohnungstür. Innen war es leicht dämmrig und die warme Luft hing schwer. X. hatte vor Verlassen der Wohnung die Vorhänge nicht aufgezogen und die von der Heizung verdorbene Luft musste nach seiner stundenlangen Abwesenheit unbedingt erneuert werden. Es war der erste Tag. Neue Wohnung, neue Stadt, neue Arbeit. X. hängte seinen Mantel an den Kleiderhaken neben dem kleinen Spiegel über den er gedankenversunken hinwegsah als er rechts in sein Wohn- und Esszimmer abbog. Von einem inneren Drang ergriffen ohne seinem Handeln auch nur Beachtung zu schenken riss er die Vorhänge des großen Fensters auf und kippte das Fenster um zu lüften. X. war nicht wohl. Der erste Tag war sicherlich gut gelaufen. Es hätte kaum besser laufen können. Er hatte allgemein einen guten Eindruck hinterlassen und man hatte ihn freundlich, ja fast herzlich, willkommen geheißen. Aber irgend etwas nagte an ihm und ließ ihm keine Ruhe. Es kreiste durch seinen Kopf und vereinnahmte jeden Gedanken. War es zu gut gelaufen? Und vor allem zu welchem Preis? War er echt? Waren sie echt? X. ging zurück in den kleinen Flur, wendete sich nach rechts, erreichte nach einigen Schritten die Badezimmertür und öffnete sie. Er wollte sich frisch machen. Er hatte das Bedürfnis sich etwas aus dem Gesicht zu waschen. X. drehte den Wasserhahn auf, hielt seine Hände in den kühlen Strahl bis sich die aneinandergedrückten Handflächen ausreichend mit Wasser gefüllt hatten und beugte sich nieder. Mit einem zügigen Schwung klatschte er sich das Wasser ins Gesicht. Irgendetwas stimmte nicht. Er fühlte das Wasser auf seiner Haut aber dennoch beschlich ihn das Gefühl es habe sein Gesicht nicht berührt. X. Hände strichen über sein Gesicht. Es fühlte sich an wie immer aber es war nicht das selbe. X. schaute beunruhigt in den großen Spiegel auf und taumelte erschrocken und im geöffneten Mund einen Schrei gefangen zurück. Auf seinem Gesicht hing eine transparente aber dennoch klar erkennbare hässliche Maske unter der sein Gesicht nur schwach hervorschimmerte. Entsetzt tastete er sein Gesicht ab. Er bekam die Maske zu fassen ohne sie fühlen zu können und begann an ihr zu zerren. Vor Angst, Wut, Entsetzen und Anstrengung schnaubend wirbelte X. durch sein Bad und riss nach Leibeskräften an der Maske bis sie endlich nachgab. Obwohl er sie sich aus dem Gesicht gerissen hatte hielt X. nun nichts in seinen zitternden nassen Händen. Schweißgebadet wandte sich X. wieder dem Spiegel zu um zu überprüfen ob er die Maske auch wirklich entfernt hatte und starrte wieder in sein gewohntes unverdecktes Gesicht. X. ging vor dem Waschbecken erschöpft auf die Knie. Was war gerade passiert? War es überhaupt passiert? Er rappelte sich wieder auf und stürmte zurück in das Wohnzimmer um Rat in einer alten Flasche zu suchen, die eigentlich für den Besuch guter Freunde vorbehalten war und sank, die Flasche fest umklammert und ohne Glas auf das Sofa nieder.
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Alt 05.08.2006, 01:03   #2
rattentod
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Weg zur Arbeit

X. verließ das Haus früher als gewohnt. Er hatte am ersten Tag vergessen die genaue Zeit zur Haltestelle zu stoppen. Es war neblig und kälter als am Vortag. X. hatte sich den Hut tief ins Gesicht gerückt, den Kragen des Mantels, aus dem ein schwarzer Schal hervorhing , so weit als möglich hochgekrempelt und stürmte fast eilend voran in den Nebel. Nach zwei Häuserblöcken bog er rechts ab und durchschritt eine Unterführung. Der Nebel hing leicht in sie hinein, war aber nicht so dicht wie außerhalb und Wasser tropfte an moosigen Fäden von der gewölbten Decke herab. X. Schritte hallten bedrückend von allen Seiten mehrfach wieder bis sie sich mit denen eines zweiten vermischten. X. drehte sich um und sah kurz vor Eingang der Unterführung einen Mann der ihm folgte. Einen maskierten Mann der ihm folgte. X. konnte die Beschleunigung seines Herzschlages fühlen und hören wie er ihm durch den Schädel fuhr. Er wandte sich um und beschleunigte panisch seine Schritte bis er am Ende der Unterführung bereits rannte. Wieder hinaus in den Nebel, den kurzen Bahndamm entlang, parallel zu den Schienen zur Haltestelle. Den Schal hatte er inzwischen bis über die Nase gerückt und es geschafft an diesem bitterlich kalten Tag, dessen feuchte Eisigkeit ihm bis in die Knochen gedrungen war, zu schwitzen. Die Bahn stand bereits und X. entschwand durch die Tür, fast springend, ins Innere der Bahn. Er schenkte den anderen Insassen keinerlei Beachtung und versteckte sich hinter der Zeitung die er aus seiner großen Manteltasche hervorholte. Was er las kam nicht in seinem Hirn an. Es war schon wieder in anderen Gedanken verfangen. Die Maske des Manns in der Unterführung hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit der, die er gestern meinte auf seinem Gesicht gesehen zu haben. Oder wurde er paranoid? War das vielleicht nach dem was er erlebt hatte gar nicht verwunderlich? X. wurde je aus seinen Gedanken gerissen als ihn eine warme Frauenstimme aufhorchen ließ. „Ist der Platz noch frei, mein Herr?“ X. schaute auf, über den Rand seiner Zeitung in eine weitere Maske und fuhr erschrocken von seinem Sitz auf. Die leicht transparente Maske auf dem Gesicht der Frau begann kurz zu flackern und verblasste stark. X. machte einen großen schnellen Schritt von der Frau weg, geriet ins Taumeln und rettete sich nur durch den instinktiven Griff an die Halteschlaufe unter der Decke der Bahn vor einem Sturz. X. Herz raste. X. ließ seinen Blick durch die Bahn wandern, von einem Insassen zum anderen und schaute in Masken die ihn allesamt anstarrten. Die Umgebung begann um X. rasend stillzustehen. Er löste, wieder ohne die Handlung bewusst überdacht zu haben, die Notbremse aus, mit dem Rücken zur Tür den Maskenträgern wie ein in die Ecke getriebenes Tier zugewandt. Die Bahn kam quietschend zum stehen, die Tür schwang auf und X. stürmte hinaus in den Nebel. Immer wieder wandte er sich kurz um ob ihn jemand verfolgte, aber es war niemand zu sehen. Dass der Zug weiterfuhr konnte X. im dichten Nebel nicht erkennen. Nach einiger Zeit erreichte X. völlig abgehetzt einen Wald. Durch das Unterholz und Kraut stolpernd eilte X. weiter, immer tiefer in den Wald hinein. Die Nebelschwaden waren von den Bäumen zerteilt und zogen sich wie lange Schleier durch den Wald. An einer großen Eiche hielt X. endlich erschöpft an und beugte sich keuchend und um Atem ringend. Der Wald um ihn begann sich zu drehen und er musste sich gegen den Baum stützen um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und zu stürzen. Die Drehung um ihn begann das feuchte faulige Laub um X. aufzuwirbeln. Er stand im Auge eines kleinen Sturms während das Laub um ihn herum langsam die Form von maskierten Gesichtern annahm. Hinter den Laubmasken konnte er die Gesichter alter Freunde erkennen. Das Heulen des Windes wurde zu Rufen und Gerede. X. konnte einige Fetzen aufgreifen und sich an sie erinnern. Mehr und mehr zerrte das Heulen an ihm und ließ ihn zu Boden gehen. X. rappelte sich schreiend auf und stürmte weiter in den Wald hinein. Die maskierten Laubgesichter verfolgten ihn eine Weile bis sie eine nach der anderen zergingen und zu boden fielen wo sie X. Spuren verdeckten. X. rannte noch wilder als er zuvor aus der Bahn geflüchtet war. Immer tiefer in den Wald hinein. Er sah sich nicht um und blieb auch nicht stehen als sich das Heulen der Lauberscheinungen verflüchtigt hatte und er eigentlich sicher war nicht mehr verfolgt zu werden. Er rannte und rannte. Über die eigene Kraft hinaus. Der Hals schmerzte von der winterlichen, eisig nassen Luft deren Kälte sich bis in die letzten Bronchiolen hinuntergefressen hatte. Der Wald wurde lichter als er begann sich einen Hügel hinauf zu erstrecken. X. stürmte empor. Die halb verrottete Schicht auf dem Boden gab ihm ächzend nach. Als X. die Spitze des Hügels erreicht hatte hielt er inne und schaute kurz hinab. Am Fuße des Hügels kniete neben einem Kleinen Weiher eine Frau, eine weiße Seerosenblüte in den Handflächen, die Augen geschlossen. Nicht durch eine Maske. Die Tatsache, dass sie keine Maske trug, war noch unglaublicher als ihre unbeschreibliche Schönheit. Sie war nicht nur der schönste Mensch den X. je gesehen hatte, sondern auch der einzige unmaskierte seit er am Vortag in seinen Badezimmerspiegel geschaut hatte. Und auch davor konnte er sich im nachhinein an keinen anderen erinnern. Als X. dies alles realisierte brach der lockere Boden unter seinen Füßen weg und er rutschte sich mehrfach überschlagend und Laub aufwirbelnd den Hügel hinunter. Der ihm entfliehende Schrei schreckte die Frau auf. Vor ihren Füßen blieb X. liegen. Als er zu ihr aufsah trug sie eine schwach flackernde Maske und um X. wurde es schwarz.
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Alt 05.08.2006, 01:04   #3
rattentod
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Fremde Wohnung

X. öffnete die Augen und starrte einige Sekunden unter die tapezierte Decke bevor er sich regen konnte. Er richtete sich auf und sah sich um. Obwohl sie ihm den Rücken zugewendet hatte konnte X. die Frau erkennen. Es war die selbe, die er im Wald gesehen hatte. X. musterte sich schnell von oben bis unten. Er stellte fest, dass er auf einem Sofa lag. Unverletzt. Es war ihm nichts geschehen. Die Frau und auch sonst keine maskierte Person hatte ihm irgendetwas angetan. Die Frau wandte sich um und X. erschrak nicht mehr über die Maske auf ihrem Gesicht. Sie schien ihm transparenter als die Maske anderer Leute. „Was treibt ihr zu solcher Zeit im Wald, mein Herr?“ „Ich wäre wohl berechtigt die Frage zu erwidern. Aber zuerst möchte ich euch danken. Es ist mir unsäglich unangenehm, dass ich ihnen zur Last gefallen bin.“ X. spürte wie sich etwas schwerer und schwerer auf sein Gesicht legte. „Keine Ursache. Geht es ihnen besser?“ X. zögerte kurz. „Nun ... ich bin mir nicht sicher. Ich bin offensichtlich nicht mehr ohnmächtig. Aber meine Sinnestäuschungen sind noch nicht genesen.“ „Sinnestäuschungen? Von welcher Natur?“ „Ich sehe Masken. Auch auf ihrem Gesicht. Um ehrlich zu bedingte dies meine Ohnmacht. Alle Menschen um mich herum scheinen Masken zu tragen. Aber damit nicht genug. Ich scheine ebenfalls eine zu tragen.“ Die Frau reichte ihm ein Glas Wasser und schaute X. durch ihre Maske tief in die Augen. „Tragen wir nicht alle beizeiten eine Maske?“ X. dachte kurz darüber nach. Es mochte sein. Aber warum sah er es plötzlich? War es Täuschung oder Erkenntnis? Oder doch einfach nur Wahnsinn? „Mir ist unverständlich warum ich mit ihnen darüber reden kann. Sie ... haben eine gewisse ... Wirkung auf mich.“ Auf X. Gesicht breitete sich schlagartig Leichtheit aus. „Was hält eigentlich ihr Mann davon, dass sie mich hier aufgenommen haben? Ich hoffe zumindest in dieser Hinsicht entstehen durch mich keine Unannehmlichkeiten.“ Die Leichtheit wich wieder. „Oh nein, mein Herr. Bloß keine Sorge. Ich lebe alleinstehend.“ Schreiendes Schweigen kam auf bis das immer lauter werdende Geräusch der Uhr die Oberhand gewann und genau in diesem Moment wieder die Stimme erklang. Eine warme wohltuende, die jeden fremden Laut an die Zimmerwände schob. „Haben sie bereits den Weihnachtsmarkt besucht?“ „Nein. Verzeihen sie, aber ich wohne erst seit sehr kurzer Zeit hier. Ich bin nicht einmal sicher ob ich ihn finden würde.“ „Wären sie geneigt mich am kommenden Samstag zu begleiten? Sie könnten mich hier abholen und den Weg mit mir gemeinsam gehen.“ Noch während X. überlegte Antwortete seine bezauberte Zunge schon. „Es wäre mir ein Vergnügen. Und sicherlich wird sich eine Gelegenheit bieten mich für die freundliche Behandlung die ich hier erfahren habe erkenntlich zu zeigen.“
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Alt 05.08.2006, 01:08   #4
rattentod
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Weihnachtsmarkt

X. ging dicht neben der Frau. Nicht so dicht, dass sie sich beim gehen berührten. Der Weihnachtsmarkt war schon weitem zu sehen. Tausende kleine Lichter die sich zu einem riesigen leuchtenden Brei vermengten. Sie näherten sich dem Platz. Holzhütten standen dicht. Schulter an Schulter und bildeten ein Labyrinth. An den wenigen Ein- und Ausgängen standen einzelne Maskierte. Zwischen den Buden gab es ein Kinderkarussell und ein Riesenrad. Das Karussell kreischte wild Musik um sich und das Riesenrad beugte sich bedrohlich über den Festplatz, die Hütten und die Besucher. Als sie einen der Eingänge passierten verschmolzen die Besucher zu einer dicken Masse. Man konnte nicht ausmachen ob sie flüssig oder fest war. Einige Hände schnellten heraus. Die Frau lächelte X. zu und forderte ihn mit einem Winken auf ihm zu folgen. Dann streckte sie den Händen die blind greifend und suchend aus der wabernden Masse hervorschauten ihren Arm entgegen und ließ sich langsam hineinziehen. X. zögerte kurz und folgte ihr dann. Langsam durchstieß er die Außenhaut der Masse und Tauchte ein. Tauchte ein in die bedrückende Hitze die ihn frösteln ließ. Die Umrisse der Frau hatten sich fast völlig aufgelöst, nur ihre ihn anlächelnde Maske konnte X. noch klar erkennen. Überall in der Masse schwammen Masken und obwohl ihn nur selten eine Anschaute fühlte X. sich dauerhaft beobachtet. Er wurde durch die Masse hindurchgetrieben. Es war fast wie tauchen. Aber er atmete. Er atmete die Masse. Er trank und erbrach sie sofort wieder. Die Lichter von außen strahlten nun um so bedrohlicher, heiß brennend auf X. hinab, während die anderen sich an ihnen zu ergötzen schienen. Die Masse trieb X. weiter, weiter in Richtung des Karussells, immer dicht neben der Maske der Frau schwimmend. Um das Karussell und auf dem Karussell waren Kinder verteilt, in ihren Umrissen klar erkennbar. Kein Teil der Masse. Sie trugen keine Masken. X. wollte sie näher betrachten, wollte zu ihnen. Die Masse drückte ihn weiter, immer tiefer hinein unter das Riesenrad. X. kämpfte dagegen an, versuchte durch die Masse hindurchzupaddeln. Sie wurde weich wenn er ihren Widerstand brauchte um voran zu kommen und drückte gleichzeitig mit gleicher Härte immer weiter voran. Die Frau begann vor X. wieder gestalt anzunehmen und die Strömung ebbte ab. X. und die Frau standen voreinander. Sie zog ihn ein Stück zu sich hinunter und küsste ihn. Die Maske auf ihrem Gesicht verschwand. Zum zweiten mal sah X. sie nun wieder ohne Maske. Sie war das schönste was er je gesehen hatte. X. schloss die Augen und genoss es. Die Hitze um ihn herum verschwand und es wurde ihm endlich wieder warm. Die Zeit blieb stehen. Die Lichter brannten nicht mehr. Das Kreischen des Karussells war verstummt. X. atmete Luft, die kalt und sanft durch seine Nase strich. Der Schatten des Riesenrads war zurückgewichen. Als X. die Augen nach dem Kuss wieder öffnete und das Gesicht der Frau sich von seinem entfernt hatte war die Maske wieder da. Die Lichter brannten wieder, das Karussell kreischte lauter auf als je zuvor und X. sog einen letzten Schwall der widerwärtigen Masse tief in seine Lungen. Der niederrasende Schatten des sich laut ächzend vorbeugenden Riesenrads stürzte über X. zusammen. X. verlor die Orientierung und begann panisch um sich zu schlagen und zu strampeln und durch die Masse zu rennen bis er einen der Ausgänge passiert hatte. Das Unterfangen war langwierig und kraftraubend gewesen. Er rannte so schnell er konnte vom Festplatz weg. Als er sich noch einmal umdrehte um den Ort des Schreckens aus vermeintlich sicherer Entfernung zu betrachten fiel sein Blick auf drei Männer an einem Stehtisch. Die drei Gestalten, fett, verschwitzt und schlecht rasiert. Schon sehr stark angetrunken. Ihre Masken waren schwach und undeutlich. X. nahm sich etwas Zeit sie zu angewidert zu beobachten. Mit jedem Schluck ihres Glühweins schwanden ihre Masken weiter bis sie kaum noch sichtbar waren. Kaum war die von einem ganz verschwunden – so fern X. es aus dieser Entfernung ausmachen konnte – ging der Mann bewusstlos zu Boden.
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Alt 05.08.2006, 01:09   #5
rattentod
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Der Hund und das Fenster

X. spazierte durch die Gassen der Stadt. Es war bereits dunkel und leer. X. war stundenlang umhergeirrt bis sich die Strassen fast gänzlich von Maskierten geleert hatten und hatte dann beschlossen spazieren zu gehen. Arbeit oder sonstigen Alltag hatte er beiseite geschoben und so störte es ihn nicht wann er nach hause kommen würde. Seine Verwirrung noch zu vergrößern war sicherlich kaum möglich. So etwas wie einen gesunden Tagesrhythmus hatte er schon lange nicht mehr. Er genoss die Einsamkeit und die Kälte. Keine widerliche Wärme die von Maskierten Wesen ausgestrahlt wurde und die eigene, wie sie die kahlen Wände, deren kleine blasse Fenster ihn argwöhnisch beobachteten, langsam aufsaugten. X. kam an den Fluss. Das kalte schwarze Wasser floss geräuschlos unter der Steinernen bogenförmigen Brücke her, ohne an den Pfeilern Wellen zu schlagen. X. betrat die Brücke. Sie streckte sich vor ihm aus wie eine Reihe aus drei flachen gepflasterten Hügeln, eingerahmt von zwei kleinen Mauern über die im Mondschein, durch das dämmrige Licht der Laternen sanft der Wind strich. In der Mitte wölbte sich der größte Hügel zu beiden Seiten in einem langen kleinen flachen Bogen ein Stück weit über den Fluss. X. schritt auf die Mitte der Brücke zu. Leicht geblendet vom Licht der Laternen die ihm einen Blick auf den ohnehin verhangenen Himmel verwehrten. Es war angenehm kalt um und in ihm. Zu seiner rechten saß in der Auswölbung ein Hund. Ein großes stattliches Tier mit dichtem weichem Fell. Der Hund saß da und starrte ihn an. X. stand da und starrte zurück. In die tiefen braunen Augen des Hundes in denen er eine Wärme zu erkennen glaubte, die die Kälte nicht stören wollte. Der Hund trug unter seinen aufmerksam aufgerichteten Ohren keine Maske und sein Schwanz fegte den Boden hinter ihm. Er erhob sich und ging auf X. zu, der die Hand ausstreckte und ihm sanft über den Kopf strich, während das Fell des Hundes seine Hand streichelte. X. ging weiter ohne etwas zu sagen und der Hund blieb sitzen ohne zu antworten. X. verließ die Brücke und verschwand wieder in dem Wald aus Stein, der X. nun noch argwöhnischer zu betrachten schien. X. Füße waren leichter. Wie beflügelt. Jede Müdigkeit war gewichen und jetzt konnte er die eben noch als angenehm empfundene Kälte genießen. Etwas fiel von seinem Gesicht, silbern im Schein einer Laterne glänzend, ohne dass X. es bemerkte als er die Veränderung freudig begrüßte. Er schritt weiter. Die Blicke störten ihn nicht. Nicht mehr. Sie fielen vor ihm nieder und zergingen auf dem dunklen Pflaster. Konnten ihm nichts anhaben. X. öffnete die Tür und hing seinen Mantel auf. Er wagte einen Blick in den Spiegel und fast fühlte er den Hund an seinen Beinen vorbeistreichen. Er hatte es tagelang vermieden aus Furcht erneut seinem maskierten Selbst gegenüberzustehen. X. trug keine Maske. Dennoch und gerade deshalb lächelte er. Tief aus sich heraus. Er beschloss noch einmal einen Blick auf die Stadt zu nehmen bevor er zu Bett gehen wollte. X. lehnte mit den Unterarmen auf der Fensterbank und schaute auf die Stadt herab. Es war inzwischen Morgen und immer noch Advent. X. meinte das Phänomen der Masken verstanden zu haben. Warum er sie plötzlich sehen konnte und warum sie überhaupt, auch vorher schon, da waren. Er kannte ihren Ursprung. Er kannte ihren Zweck. Er kannte ihre Gefahren. Er kannte seine Angst vor ihnen. Die Stadt lag grau und alt vor ihm. Ein großes graues Tier durch dessen Aderngeflecht ein Herzschlag ohne für X. erkennbaren Ursprung Menschen pumpte. Menschen mit Masken. Alt und müde. Nicht bereit zu sterben. Im eigenen Dreck fast ertrinkend an das eigene, inzwischen wertlose, Leben geklammert. Nicht bereit loszulassen. Den Kampf aufzugeben. In sich selbst unterzugehen. Statt weiter qualvoll dahinzusiechen. Die Stadt genau wie die Menschen die durch sie trieben. Es widerte X. an. Er wollte sich abwenden aber ihn durchzuckte ein Gedanke. Hatte ihm diese Stadt etwas gegeben? Er war seit Tagen hier. Er hatte sich von ihr ernährt und in ihr gelebt. War er ein Parasit? Ein Schmarotzer an dieser abstoßenden Gestalt? Waren die Masken Erkenntnis? Waren sie Geschenk oder Strafe? X. schaute noch einmal genauer auf die Stadt hinab. War er ein Teil von alledem? Wäre das dann besser oder schlimmer als ein Parasit der sich davon nährte? X. Kopf schmerzte und das Bild der Stadt verflüchtigte sich auch dann nicht als er sich wirklich abgewendet hatte.
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Alt 05.08.2006, 01:09   #6
rattentod
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Familienbesuch und Tod

X. kam aus der Küche. Er trug gutes Porzellangeschirr und Silberbesteck in das Wohn- und Esszimmer herüber. X. hatte die Wohnung gründlichst geputzt. Es war der zweite Weihnachtstag und X. erwartete Familienbesuch. Die übergründlichen Putz- und Aufräumbemühungen, wie sie für X. völlig untypisch waren sollten einen überstrahlenden Kontrast zu seinem privaten Chaos vorgaukeln. Seiner Familie und auch ihm selbst. Normalerweise hasste X. Familienbesuche. Diesmal freute er sich. Er war sicher endlich Menschen ohne Masken zu sehen. Menschen die nicht verdorben waren von dem grauen Untier. Menschen die ihm bereitwillig ihr Gesicht zeigten. Ein Gesicht, dass er noch nie so zu schätzen gewusst hatte. Etwas war anders in der Wohnung. So war sie nie gewesen. X. ging zurück in die Küche um nach dem Essen zu sehen. Die Sonne schien durch das kleine Küchenfenster auf den Herd. Sie zog dumpfe Stränge durch den feuchtwarmen Dunst bratenden und kochenden Essens. X. ging im Kopf noch einmal alles durch. Das Essen würde bald fertig sein, er hatte beim putzen und aufräumen nichts vergessen. Auch die Geschenke waren bereits eingepackt. Er würde sich auf der Couch niederlassen und warten bis es klingelte. In der Tür blieb er zitternd stehen. An den Wänden hingen Masken. Überall. Er sah sich weiter um. Das Porzellan und die Tischdecke hatten ein Maskenmuster. Selbst in das Silberbesteck waren Masken eingraviert. Sie waren auch in die polierten Möbel geritzt worden. Der Teppichboden war mit großen Masken bestickt. Aus dem Lampenschirm über dem Esstisch waren Masken ausgeschnitten worden. X. begann zu schwitzen. In ihm raste es und um ihn begann wieder alles sich zu drehen. Auch der Lampenschirm drehte sich. Das zu den Fenstern ehreinflutende Licht ebbte langsam ab und es wurde dunkel. Der Lampenschirm drehte sich entgegen dem Rest der Umgebung. Die Glühbirne leuchtete gleißend Hell und projizierte durch den Schirm Lichtermasken an die Wände die mit Masken beschmiert waren und an denen man Holzmasken aufgehängt hatte. X. stand da. Schwitzend. Zitternd. Wie festgefroren, nicht fähig sich zu rühren oder einen Laut von sich zu geben. Plötzlich klingelte es, alles stand still und das warme Sonnenlicht blendete X. durch das große Fenster. Er stand weiter nur da bis ihn ein zweites Klingeln zusammenzucken ließ. X. atmete tief durch und schaute sich um. Alles war wie vor dem Kontrollgang zur Küche. Alles war heil, keine Verschmutzungen, nirgends Masken. X. zog seine Krawatte zurecht, das Maskenmuster darauf nicht bemerkend und ging zur Wohnungstür. Als er den Knauf zu drehen begann setzte sich etwas schwerer auf sein Gesicht. Er zog die Tür langsam auf. Die Begrüßung seiner Mutter erreichte X. nicht. Sie trug eine Maske. Eine schwache, aber es war eine Maske. Das Geschenk, das sie in ihren Händen hielt war in Geschenkpapier mit Maskenmuster verpackt. Es war still um X. Er drehte sich um, machte einige kleine langsame Schritte und starrte zurück in das Wohn- und Esszimmer. Es war erneut alles voller Masken und wieder drehte sich die Lampe. X. Mutter zog es weit weg, hinaus in das Treppenhaus. Auf einer der Wände hatten die Masken ein Muster gebildet. Sie waren ineinander verschwommen und ergaben eine große Maske, die X. böse angrinste. Er rannte hinaus in das Treppenhaus. Vorbei an seiner Mutter, die er mit einem kräftigen Stoss aus dem Weg schleuderte, die Treppen hinauf. Immer weiter hinauf. Stockwerk um Stockwerk. Es war immer noch still um ihn. Dann löste sich eine Träne aus seinem linken Auge. Glitzernd Ätzte sie sich ihren Weg durch die vor Schmerz schreiende Maske. Das Gebrüll der Maske hallte von den Wänden wieder. Durch das ganze Treppenhaus. X. rannte immer schneller und schneller. Das Dröhnen des nicht enden wollenden Schreis hallte in seinem Kopf bis er selbst schrie und ganz oben im Treppenhaus eine Tür erreichte. Es war Still. Jetzt eine gelöste Stille. X. drehte sich von der Tür weg und schaute über das Geländer noch einmal im Treppenhaus hinunter. Das Erdgeschoss war nicht mehr zu erkennen. X: war zu hoch oben. Er wusste, dass er nicht mehr zurück konnte und ging durch die Tür. Die Maske jammerte und schluchzte leise. X. ging über das flache Dach bis zum Rand. Er stand hoch über der Stadt. Er konnte auf sie herabgucken, wie sie dalag im Schnee, die große graue Bestie, ihre Glieder ausstreckte und sich sonnte. X. streckte seine Arme vom Körper und ließ sich nach vorne kippen. Er stürzte durch die Sonne der Bestie entgegen. Immer schneller. Immer tiefer. Und genoss es. Ja, er genoss es. Die Bestie schlief und sah ihn nicht kommen. Auch der laute Knall weckte sie nicht, als aus X. Gesicht einige kleine Vögel davonflogen. Dann schlug er auf. Er lag da. Auf dem warmen Asphalt. In der Sonne. Ohne Maske. Und war tot.
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Alt 05.08.2006, 15:00   #7
exmaex
 
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hallo rato,

ich habe bis jetzt nur die ersten beiden kapitel gelesen.
eine detailierte inhaltliche bewertung kommt später, wenn ich alles durchhab.
bis jetzt ist es relativ vielversprechend, wenngleich ich die geschichte mit der maske schon mal irgendwie ähnlich gehört habe; sie kommt mir bekannt vor (nein ich meine nicht den doofen film „die maske“), aber eine qualifiziertere einschätzung erst, wenn ich, wie gesagt, alles gelesen hab.

nun zu den dingen, die mir jetzt schon aufgefallen sind:

du schreibst relativ selten nebensätze, größtenteils nur kurze knappe hauptsätze. das ist zwar nicht schlimm, es erleichtert das lesen, verhindert aber deine sprachliche entfaltung
außerem führen sie zu fehlern wie diesen:
Zitat:
Neue Wohnung, neue Stadt, neue Arbeit.
,
Zitat:
Einen maskierten Mann der ihm folgte.
und
Zitat:
Wieder hinaus in den Nebel, den kurzen Bahndamm entlang, parallel zu den Schienen zur Haltestelle.
es sind alleinstehende nebensätze, es fehlen hier verben. ich weiß nicht, ob sie so von dir beabsichtigt sind, sie stören mich aber beim lesen.
du könntest sie doch mit den angrenzenden hauptsätzen verknüpfen (komma oder semikolon)...

zweiter kritikpunkt: du beginnst sehr viele sätze mit X., das wirkt auf dauer langweilig und uninspiriert. variier deine sätze doch ein wenig. hol mehr aus ihnen raus


max
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Alt 05.08.2006, 22:00   #8
rattentod
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dann warte ich bis dahin mal ab und bin gespannt
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Alt 05.08.2006, 22:59   #9
Struppigel
 
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Die Geschichte war so interessant, dass ich auf Anhieb alles gelesen habe. Inhaltlich gefällt sie mir richtig gut.

Was mich stört, ist das ständige X. Es nervt geradezu. Mehr Personalpronomen oder ein richtiger Name hätten dem Text gut getan. Die kurzen Sätze, die Ellipsen, stören mich dagegen nicht.

Ansonsten sind mir noch recht viele Rechtschreibfehler - vorallem in der Groß- und Kleinschreibung - und fehlende Kommasetzung aufgefallen.

Edit: Der Übergang von Fremde Wohnung zum Kapitel Weihnachtsmarkt war mir noch aufgefallen. Er ist mir zu abrupt.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2006, 23:02   #10
rattentod
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danke für die antwort. auch wenn ich kurz richtigstellen muss: da gibts keine rehctschriebfehler. nur tippfehler. werd ich aber bald mal ausmerzen. das ständige x. soll auch nerven. genau wie die kurzen sätze und ellipsen eine langweilende monotonie erzeugen sollen. ist was für leute wie mich, denen lesen erst dann den grössten spass macht wenn es keinen spass macht zu lesen.
rattentod ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2006, 23:10   #11
Struppigel
 
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So viele (Tipp-)Fehler sind es doch nicht, ich habe es gerade nochmal durchgelesen. Aber Kommas - da fehlen ganz viele.

Boah, ich bin irgendwie müde. Jetzt schon? Och, nee.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2006, 23:15   #12
rattentod
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auch kommafehler gibts bei mir nicht. vielleicht das eine oder andere wirklich vergessen. wird geprüft.
rattentod ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2006, 11:17   #13
exmaex
 
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wollt eigentlich grad zuende lesen, aber
Zitat:
das ständige x. soll auch nerven. genau wie die kurzen sätze und ellipsen eine langweilende monotonie erzeugen sollen. ist was für leute wie mich, denen lesen erst dann den grössten spass macht wenn es keinen spass macht zu lesen.
da hat sich das für mich erledigt, keinen bock mehr auf diesen text

max
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Alt 06.08.2006, 11:24   #14
jule
 
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Ich hatte den Text gestern angefangen, aber wegen der ständigen Hauptsätze auch ganz schnell wieder aufgehört, das ging meiner Meinung nach gar nich..kein tolles Stilmittel, falls es denn eines sein soll
jule ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2006, 12:03   #15
rattentod
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das freut mich . es soll ja shcliesslich nicht toll sein, sondern so sein wie es ist. anstrengend, nervend und langweilig, aber es lohnt sich wenn man freude an kunstsprache hat.
rattentod ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2006, 13:44   #16
Struppigel
 
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Ich bezweifle stark, dass es Sinn von Kunst sein kann, andere zu nerven und zu langweilen. Dafür kann ich mich auch vor den Fernseher setzen und Talkshows gucken. Ich habe eher den Eindruck, dass Du nicht in der Lage bist zuzugeben, wenn Du einen Fehler gemacht hast - seien es vergessene Kommas oder schlechte Texte. Dann weichst Du lieber aus, indem Du behauptest, Du hättest alles so gewollt. Das kann ich Dir nicht abnehmen.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2006, 22:44   #17
rattentod
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ja, ich habe sicherlich nur aus versehen teilweise drei einwortsätze hintereinander gemacht. und ein kommata ist in der kunstsprache ja auch strikten regeln unterworfen und dient keinesfalls der gestaltung. auchkünstlerisch sollte man nur umgangssprache schreiben. das mag bei einem gewissen niveau so sein, da bin ich leider etwas drüber.
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