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Alt 26.10.2011, 07:52   #1
männlich Martin Laut
 
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Standard Der Park

Malvin Zucchini stapft durch die Straßen, auf dem Weg zum Park. Die Stadt ist ihm zuwider und die Dinge sind ihm unangenehm. Er scheut sich volle Züge des Qualms zu nehmen. Schnelle Schritte führen ihn.
Ein Stromkasten lehnt verkrampft und blass an einer Steinlaterne. Bodennistende Laubrudel rascheln Hilfeschreie als er durch sie walzt und apathisch schnalzt. Risse rinnen wie fahle Flüsse durch raue Quadratländer, die verschlissenen Platten des Bürgersteigs.
Herr Himmel hat Flausen im Haupt hausen, grau und schwer. Zwei Raben schweben wie schwarze Seelen in ihn hinein. Ein stolperndes Blatt kratzt matt und starr am Boden wie ein alter Narr am Leben. Wind ist schwach. Zucchinis weiche Ohren hören Gören, grelles Teenielachen, als gehöre ihnen die Welt. Er weiß, was sie nicht wissen: Sie werden später in städtischen Burgbüros verkümmern, Träume in Trümmern und weggeschmissen. Als Prinzessinnen des Stumpfsinns. Dieser Gedanke schweift, für einen Moment, durch seinen Schädel, wie Schatten von Flugratten über den kalten Asphalt.
Er geht und sieht einen großkreuzigen Kirchturm, der überheblich in den Himmel langt. Katholischer Lümmel. Zum Gruß spuckt Zucchini ihm vor den frommen Fuß.
Vollgefressen schwer rollpert rechts, gesenkten Hauptes eine Tonne hinter einem müden Müllmann her. Ausgeschissen leer setzt sie sich wieder nieder.
Stadtfliegen schwirren stupide surrend im Schlaraffenschlitten und geben dem Müll Rüsselküsse.
Jetzt ist der Park in Sicht. Hinter einer Wiese liegt die grüngelbe Wand wie das Baumbett eines Riesen. Wind wird nun wilder, malt wirbelnd herbstliche Bilder. Am Bordstein nicken gestutzte Baumkronen wie gelbe Ballons an ihren Stricken und lassen entgrünte Federn.
Schwebend gelangt Zucchini von der Straße auf die Wiese und überquert sie, in welcher angeschrägt steil, wie ein Pfeil, ein einzelner Baum steckt. Maulwurfshügel lugen zur Begrüßung schüchtern hervor. Lächelnd hebt er die Hand und erreicht bald die alte, kreischende Rostpforte, die den Park bewacht, bewuchert wie Karl Marx. Eingetreten geben ihn Sünden und Sorgen frei, er fühlt sich geborgen.
Sein hechelndes Herz der menschlichen Hast beruhigt sich und passt sich der träumenden Ruhe der riesigen, raunenden Baumweisen an. Für Momente der Rast. Geschlossenen Auges will er mit ihnen atmen, lang und tief, in Zügen, die nach Freiheit und Frieden schmecken, die Arme recken und ihre wundersame Geduld in sich aufnehmen.
In innigem Dank setzt er sich auf eine Bank und verweilt dort, an diesem letzten Ort.

Geändert von René (26.10.2011 um 15:57 Uhr) Grund: auf Wunsch des Autors geändert
Martin Laut ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.10.2011, 11:45   #2
männlich Ex-Ralfchen
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Beiträge: 17.302


brilliante wortbild-bidlwort-malereien, wie ich sie liebe. du bist unwahrscheinlich talentiert MERLIN. gebannt-rückgelehnt in meinem ergonomisch superioren miller-office-chair...

dein ralflichster altersfreund
Ex-Ralfchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.10.2011, 12:00   #3
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998


Halli Hallo, Martin Laut!



Selten hab ich ein so wunderschönes Stück Prosa gelesen!
Mit nichts zu vergleichen, darum s e h r echt und einmalig.
Ich habe lediglich 3 Fehlerchen entdeckt und das will was heißen!

Ich habe Dich kontemplativ begleitet und sitze neben Dir auf Deiner ruhigen letzten Bank.


LG!
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.10.2011, 12:53   #4
männlich Ex-Ralfchen
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Beiträge: 17.302


Zitat:
Zitat von Thing Beitrag anzeigen
...sitze neben Dir auf Deiner ruhigen letzten Bank.
hahahahahaha...ROMelinchen: du und ich sitzen auf der letzten bank und stieren nach vorne auf freche musterschüler, wie unseren MARTIN.

bussi
Ex-Ralfchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.10.2011, 13:10   #5
männlich Martin Laut
 
Benutzerbild von Martin Laut
 
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Beiträge: 370


Ich freue mich sehr über eure Kommentare und es schenkt mir ein Lächeln, dass euch mein Text so gut gefällt.




Grüne Grüße,
Martin Makel
Martin Laut ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.10.2011, 14:32   #6
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998


Halli Hallo,


da ist schon Einiges entfernt.
Nach den "Teenies" hätte ich den Konjunktiv gesetzt (als gehöre ihnen die Welt).
Die Maulwürfe l u g e n. Luken in diesem Sinne gibt es m.E. nicht.
Mach Dir nix draus!
Es ist ein großartiger Text.
Und die Interpunktion darf ich auch nicht mehr so streng betrachten.


LG!
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.10.2011, 15:50   #7
männlich Martin Laut
 
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Beiträge: 370


Vielen Dank, Thing!

Ich werde deinen Vorschlag bezüglich des Weltgehörens übernehmen.
Und es heißt ,,lugen´´, ,,luken´´ gibt es wirklich nicht.
Wird korrigiert.
Martin Laut ist offline   Mit Zitat antworten
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