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Sonstiges Gedichte und Experimentelles Diverse Gedichte mit unklarem Thema sowie Experimentelles.

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Alt 08.03.2008, 21:09   #1
muwistar82
 
Dabei seit: 02/2008
Beiträge: 2

Standard Schlachteessen - ein begonnener Zyklus



„Schlachtessen“
ein
Gedichtzyklus aus
verschiedensten Gedichten
um das Thema
Schwein
und was daraus werden kann
von
Niko Dörr









I.

Was einst in einer Wand verschwand
und auch als Borstentier bekannt,
zerkleinert und dann gut verpackt
dorthin wo es selbst zerhackt,
seine Nahrung einst gepackt.

Alles unterm Buchenrauche,
dann gereifet zum Verbrauche,
zart geschnitten wieder fand
aus Wasser-Mehl nach Ofenbrand.

Wenn dann die Meister wohlbedacht
mit Herzen und mit großer Acht,
alles dies gefügt zum Runden,
wird uns alles bestens munden.

Und so ihr Meister, froher Mut!
lasst eure Sache werden gut.
Und macht die Arbeit Müh’ und Pein,
der dank soll euch zum Lohne sein.
Dann noch ein Schnäpschen gegen Durst,
wohl an, es werde Wurst!







II.

Tier … der Tod war da!
Solingen … die Teilung, der Stich!
Blut … Saft des Lebens gerinnt!
Knochen … es bricht; das Kreischen der Säge!
Gedärm … leer und kalt; gewaschen!
Fleisch … der Muskel arbeitslos!

Tier … als Nahrung geboren?
Solingen … herrscht dort noch Krieg?
Blut … solltest du fließen?
Knochen … ein Lebens-Gerüst?
Gedärm … Behälter für Neues?
Fleisch … die Lust der Arbeit?

Tier … ein Geschöpf der Welt.
Solingen … eine Stadt wie hier.
Blut … ein komplexes Gemisch.
Knochen … solides Material.
Gedärm … ein Tunnel durch Leben.
Fleisch … die Form des Alltags.



III.

Schnell getötet auf der Erden,
wird die Sau erst abgeflammt,
heute muss die Wurst wohl werden,
frisch Gesellen, seid zur Hand.
Nach der Flammen Glut,
rinnen muss das Blut,
soll die Wurst den Meister loben,
doch der Segen kommt von oben.


In größter Hochachtung vor Friedrich von Schiller.


IV.

Salz und Pfeffer gut gewogen,
dann das Fleisch noch teils gekocht,
auch Muskat wird fein zerstoben,
ein Lob sein dem, der das vermocht.

Es ist der Dinge richt’ge Waage,
die Macht des Schmeckens gar führwahr
und dann der Bindung halt sogar
und letztlich noch einmal der Narbe.

Wenn dann der Majoran nicht dominant
hält den Geschmack in seiner Hand
der Inhalt grob und fein zermahlen,
es lässt sich der Geschmack erahnen.

Und erst die Freude wenn’s gelang
die Masse frisch gekocht, gepresst,
dass nach dem Räuchern kommt das Fest,
dann fühlet keiner Angst und Bang.


V.

Füttern, fressen, fressen, fressen!
Füttern, fressen, stehen, fressen!
Füttern, liegen, stehen, fressen!
Füttern, liegen, stehen, drängeln!
Stopp!
Kein Futter; einen Tag;
Auf großer Reise geht’s gedrängt.
Nie wieder Futter, Enge, Leben!
Tod … Kälte … Leere!
Und dann geschieht mit dir …
Füttern, essen, essen, essen!
Füttern, essen, stehen, essen!
Füttern, stehen, liegen essen!
Füttern, stehen, liegen, quengeln!
Stopp!
Kein Herzschlag mehr;
Schnell geht die Reise; laut!
Nie wieder schlägt der Takt!
Tod … Erde … Weg!


VI.

Der Henker macht aus dir das Mahl,
doch selber musst du darben,
dich gibt es schier in großer Zahl,
denn auch der Henker soll sich laben.

Du wirst gekocht, gehackt, gebraten
und noch vielmehr Arten,
Gewürze werden dir geraten,
doch viele gibt’s, die dich verraten.

Sie schmähen deiner Körper Teile,
egal ob Kuh, ob Hahn, noch *grunz*
es ist ein Glaube, dass Natur nur heile,
wenn keiner stört des Lebens Schutz.

Du bist recht hilflos hier im Leben,
es wird dir dennoch Es gegeben,
auch wenn dein Tod nur ist das Streben,
wir zucken Achseln, so ist es eben.


VII.

gedreht, gebraten, geschnitten, spritz!

A bis F, das neue Alphabet …
Anfang dich sehr glücklich macht;
Bald ist Feuer spürbar;
Clowns bekommen echte Nasen;
Dynamit ist in den Mägen;
Essen wird zur Qual;
Feuerfeierlicher Höhepunkt!
A bis F, das neue Alphabet …

spritz, geschnitten, gebraten, gedreht!

Getötet, gestochen, gemahlen
und zu allem ist das Schwein,
in dem Gedärm gar klein und fein,
aber mit Curry muss es sein!

VIII.

Unrein …
so heißt es öfter über dich
doch wer ist rein, auch innerlich?
Der Schlamm, dein Freund und Helfer,
wird um seinen Ruhm gebracht er?
Die Haut so rosa, zart und weich,
auch Menschen tuen dir es gleich.
Es heiße dann Moor und Fango
nur danach geht man dann zum Tango.
Dor heißt es „Gnäd’ge Frau …
sie haben Haut wie Seide“ schau!
Sogar der Unreinheiten Wölbung
Mit etwas Schlamm der Werbung,
verschwunden und auf nimmermehr,
mit etwas Salz von „Toten Meer“.
So wird doch keiner je es wagen,
dem Fräulein „Unrein“ nach zu sagen?
Doch dir, du armes Borstentier,
gilt dieses stetig dort und hier.
muwistar82 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.03.2008, 21:45   #2
weiblich Ex-phönixe
abgemeldet
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 401

Standard ...so ähnlich...

Hi,
mir scheint eine Landpomeranze konnte sich nicht entscheiden,
nett, alles zusammen, WAS man aus Schwein so alles machen kann...das Wie es gemacht wird, fände ich nach wie vor netter...besonders bunt garniert. Habe es mit Erstaunen gelesen.
Sehr kreativ,



lg
phönixe
Ex-phönixe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.03.2008, 14:04   #3
blaue_Raupe
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 82

Hallo muwistar82,


das ist das erste Mal, dass ich einen Text finde, der sich dem engeren Dunstkreis um die berühmte "Woschtsopp" angenommen hat, aber ich muss sagen: es liest sich alles ziemlich bieder und zäh, was auch daran liegt, dass du hauptsächlich im Beschreibenden verblieben bist. Das Glockenintro mit einzubringen ist zwar eine nette Idee, was die Manufaktur betrifft, aber es ist wahrscheinlich eins derer, die für humoristische Zwecke am häufigsten verwurstet werden und damit verpufft ein Teil des Überraschungseffektes.

"Fein und bunt garniert" trifft evtl. auf ein Teilstück des Buffetts eines Schlachteessens zu (obwohl ich da ganz anderes in Erinnerung habe), aber dein Gedicht lässt das noch vermissen. Obwohl im Positiven bleibt, dass du dich metrisch bis auf ein paar kleine Zwicker gut geschlagen hast, nicht zuletzt auf diese Textlänge.
Der letzte "Unrein"-Abschnitt fällt dann auch inhaltlich aus der Art, da wird mir der Schnitt zwischen den Collagen auf einen Schlag dann doch zu groß, wo's vorher doch eher kohärent war.

Das ist der Blick einer Fremden (der allerdings die Schlachteessen Mittelhessens alles andre als fremd sind) auf den Text, ich hoffe, er entmutigt nach dem ersten Text hier nicht zu sehr. Es liest sich eben wie Zeilen auf ein Wanddeckchen gestickt, oder im Gemeindeblättchen für die Leser, die an der Chose regelmäßig beteiligt sind. Ist zwar nicht automatisch verkehrt, aber im eher lyrischen Umfeld hat's mich halt wirklich nicht vom Schemel gerissen.

Vielleicht kommt ja noch was anders geartetes.

VG
r~~~
blaue_Raupe ist offline   Mit Zitat antworten
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