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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy.

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Alt 24.07.2021, 11:02   #1
männlich Dionysos von Enno
 
Benutzerbild von Dionysos von Enno
 
Dabei seit: 07/2021
Alter: 47
Beiträge: 274

Standard Ragnarök

Erschöpft lässt sich der Alte fallen in den Thron
der in den Runen seine Heldentaten preist
Hier nennen Sie ihn Hár, den Hohen
Er, der auch Übelstifter heißt

Die großen Wölfe streifen seine Beine
und schmiegen sich an seinen Saum
Einst wird er Hangatyr, der Eine
Der pfählt sich an den Weltenbaum

Für einen Schluck aus Mimirs Quelle
gibt er sein rechtes Auge her
Er ist der Herr der letzten Schwelle
der Rabengott, der Skilfingr

Jetzt aber kommt er von den Frauen
noch ganz zerwühlt ist seine Kluft
Die ihn so voller Lust beschauten
in seinem Bart hängt noch ihr Duft

Zufrieden schürzt er sich die Lenden
verscheucht die Raben mit dem Speer
und reicht den Wölfen mit den Händen
Met und Köstlichkeiten her

Er selbst verachtet alle Speisen
und nährt sich nur von gutem Wein
Nur wenn er reimt auf alte Weisen
Trinkt er den Odrörir allein

Munin, um den er sich stets sorgt
stößt windesschnell auf seinen Arm
Der Rabe spricht das Fimbulwort
so voller Harm und schlimmem Gram

Da dunkelt nun die Stirn des Alten
denn er erkennt: sein Schicksal naht heran!
Drei Winter kommen, das Land zu kalten
Wie selbst die Asen sie nie sahen

Schon ruft ihn Frigg aus düstrem Sinnen
Mit sorgenvoll gesenkten Augen:
"Balder träumt, er fährt von hinnen!
Odin! Sie werden ihn mir rauben!"

Doch auch den Alten drückt ein Traum
von Ohnmacht, Verrat, Einsamkeit
und Frigg hört sein verstörtes Raunen
und fürchtet seine Dunkelheit

Aufgewühlt stürzt sie aus Asgards Hallen
und fährt hinab zu jedem Ding der Welt
und sie erfleht nur den Gefallen:
Das keins sich gegen Balder stellt

Nur einen Mistelzweig, noch klein
zu jung um etwas zu verstehen
der wachsen will im Sonnenschein
den lässt sie ohne Schwur entgehen

O große Frigg, wo war dein Sehen
als Du dies jener Alten sagtest
die vorgab dich gut zu verstehen
Verwandelt war er ! Loki war es !

Der hat die Götter längst geneckt
Balders Unverwundbarkeit zu prüfen
und Balder hat sich hingestreckt
dass sie ihn gut bewürfen

So warf ein jeder wo er stand
nichts konnte Balder schmerzen
Die Weide wirft des Blinden Hand
und trifft den Gott im Herzen

Da taumelt unser junger Held
Blut sprudelt aus der Wunde
ins Nichts greift nun sein Blick, er fällt
und stirbt in der Sekunde

Loki hat die Hand geführt
den blinden Gott betrogen
und ihn verfluchend brüllt der Höd
doch Loki war entflogen

Und wieder stürzte Frigg hinab
für ihren Sohn zu werben
Sie fleht: "Weint all´ an seinem Grab
dann muss mein Sohn nicht sterben"

Und alle Wesen weinten wohl
Nur Thökk die Riesin nicht
Da klang Hels Totenschrei laut,hohl
und so verlosch sein Licht

(Und ein gewaltiger Sturm zog auf…)

Als sie nun Loki endlich fanden
(ein Fisch war er im Wassergras)
und in der Atlaschlucht ihn banden
beschaute Thor ihn voller Hass

Sie quälten ihn, den Feuergott
rissen ihm viele Wunden
und oft war er so nah dem Tod
und litt so viele Stunden

Doch helfen konnte es nicht mehr
schon torkelten die Sterne
Brennend fielen sie ins Meer
dann: Heulen in der Ferne !

So tief und groß wie eine Nacht
um ihn Dämonenfeuer
so stob der Fenriswolf mit Macht
denn seine Stund´ kam heuer

Und Odin stieg auf seinen Thron
und rief der Alben Herrn
Doch Wörlundur sprach voller Hohn:
"den Asen sind wir fern"

Und Loki stand am schwarzen Strand
und wartete auf Naglfar
Das Totenschiff aus Nagelwand
brachte die ganze Dunkelschar

Und Hel auf ihrem Nachtmahr ritt
Loki zu begrüßen
Auf Helhesten, nur noch ein Schritt
und warf sich ihm zu Füßen

Und als man fuhr gen Wigridfeld
zur letzten großen Schlacht
Erwachte Jörmungand und schnellt
behende in die Nacht

Reifriesen und Riesen aus Feuer
aus Niflheim und Muspelheim
Ihr Licht so hell und ungeheuer
stob vom Flammenschwerterschein

Der Regenbogenbrückenwächter
der auf Bifrösts Höhen wacht
Heimdall, der hohe Riesenschlächter
hat jetzt das Gjallahorn entfacht

(Und laut steigen die Töne

Ragnarök ruft seine Söhne !)

Asgard brennt, selbst Ygdrassil
Surtung verbrennt den Weltenbaum
und Odin gürtet sich zum Ziel
denn wahr wird nun sein dunkler Traum

Er ruft mit einem Wort der Macht
Einerherjar und Walküren
und stürzt mit ihnen in die Schlacht
die Götter anzuführen

(und kein Gott hält mehr Wache

Odin trägt die Runen der Rache!)

Bitter kämpfen sie so als
ein Schrei die Heere spaltet
und Surtung spaltet Freyrs Hals
im Schrei der Gott erkaltet

Und Garm der schlimme Höllenhund
springt Odin voller Wucht entgegen
Doch Tyr schlägt in des Hundes Schlund
und Garm stirbt in den Schlägen

Freyra rächte den toten Bruder
Sie spaltet Surtung mit dem Schwert
Der Riese seufzt, hernieder fährt er
verbrennt im eignen Flammenherd

In Asgard steht nun Frigg zur Wand
als Fenrir höhnisch sie umwirbt
Sie dolcht sich selbst mit starker Hand
und bleibt so unbefleckt und stirbt


(und Fenrir sträubt die schwarze Mähne

Und bleckt die geifernden Zähne

Sie hat sich ihm gestohlen

nun wird er Odin holen)


Im Lärmen auf dem Wigridfeld
verläßt das Glück die Götterschar
Gott um Gott nun stirbt und fällt
nur Nacht, wo einst ihr Leuchten war

Dann endlich bohrt sich Heimdalls Speer
durch Lokis Brust ganz im Verrat
Denn Ungesehen flog er her
hatte sich niemand offenbart

In Seehunde verwandeln sich
die beiden Kämpfenden sofort
Der eine lässt vom anderen nicht
so trägt der Tod sie beide fort

Thor nun erwartet Jörmungand
Er schleudert Mjölnir voller Wut
doch beißt die Schlange ihm die Hand
ihr Gift dringt in sein heißes Blut

Zertrümmert liegt die Schlange bald
dem Donnergott zur Zier
Der lächelt noch, dann wird ihm kalt
fällt selbst tot auf das tote Tier

(voller Schmerz erschlägt Odin Riesen und Zwerge

Spaltet den Himmel und sprengt Schluchten und Berge)

Dann aber steht ihm Schicksal bevor
und der Fenriswolf reißt auf den Schlund
Da nickt still der Alte und reckt sich empor
und fährt in des Wolfrachens Grund

Und so endet die Welt des Alten
doch aus der Asche wächst ein neuer Baum
und eine neue Welt wird sich entfalten
die alsdann neue Menschen schauen

Denn das Leben selbst steht über allen
über Menschen und Göttern und allem Getier
wir Neuen, wir wollen es selber gestalten

Und wir gestalten: jetzt und hier !
Dionysos von Enno ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.07.2021, 20:15   #2
weiblich Mohrel
 
Benutzerbild von Mohrel
 
Dabei seit: 11/2018
Beiträge: 670

Standard Bei Odins Bart!

Lieber Dio,

wie lange bist du daran gesessen, bis es fertig war? Das ist ja unglaublich!
Allein schon die Namen einzubauen, und dann auch noch im Zusammenhang wer wen, wie und wann abmurkst, ist eine Kunst für sich.

An manchen Stellen läuft der Lesefluss nicht ganz harmonisch, was sehr schade ist, weil es zum wiederholten Lesen zwingt (also mich zumindest), um den Takt wieder zu finden. Aber bei 44 Strophen ist das auch kein Wunder 😉

Wirklich klasse gemacht!

Liebe Grüße
Mohrel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.07.2021, 21:14   #3
männlich Dionysos von Enno
 
Benutzerbild von Dionysos von Enno
 
Dabei seit: 07/2021
Alter: 47
Beiträge: 274

Standard Liebe Mohrel

ich freue mich sehr, dass es Dir gefällt! Es ist in der Tat an manchen Stellen etwas holprig. Ich muss es noch aushärten lassen und mich dann noch einmal zum Feinschliff daran begeben.

Ich habe etwa vier Abende daran gebastelt mit meinem Lieblingsmerlot, einem 2008er Chateau Martet und immer in treuer Begleitung von Wagner und mit der Snorra-Edda auf den Knien

Also in diesem Sinne, liebe Mohrel, grüße ich Dich stilecht mit der Lieder-Edda in Deinen Abend:

"Gesund seist Du
und guten Sinnes.
Möge Thor Dich annehmen.
Möge Odin Dich zu eigen machen"

mes compliments

Dio
Dionysos von Enno ist offline   Mit Zitat antworten
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