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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 12.10.2017, 15:41   #1
männlich MiauKuh
 
Dabei seit: 08/2017
Ort: Bei Rostock
Beiträge: 2.246

Standard Das verlorene Leben

Nackt hock ich einsam im kühlen Wald,
kauere zwischen den Blättern.
Lange schon liege ich hier, bin alt.
Moos zehrt von meinen Organen.
Schnecken erzeugen hier Schleim im Gang,
endlose, silbrige Bahnen.

Atmen? Das tu ich schon längst nicht mehr,
blässliche Haut, aschefarben.
Leblos erstarre ich, müd und schwer,
blicke durch Äste und Kronen.
Laub fällt von oben und schmückt mich braun.
Bald bin ich gänzlich verloren.

Wünsche gebären Gedanken in mir:
„Friss mich doch auf, trag mich endlich in dir,
reiß mir mein Herz raus, friss meinen Leib,
gib mir den Tod nicht durch einsame Zeit.
Töte mich! Dann sind wir Wir.“
MiauKuh ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.10.2017, 16:19   #2
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Ein umgestürzter, schon entrindeter und ausgehöhlter Baumstamm könnte so empfinden.

Gern gelesen, lieber MiauKuh.

LG g
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.10.2017, 22:09   #3
weiblich Unar die Weise
 
Benutzerbild von Unar die Weise
 
Dabei seit: 10/2016
Ort: in einem sagenhaften Haus
Alter: 42
Beiträge: 5.271

Todessehnsucht, die zu Sehen versucht.
Am Leben hält, was das Leben hält.
Mit angezognen Gliedern, das Angezogne gliedert.
Leblose Schwere. Durch Leblosigkeit schwer,
sterbender Leib, an Sterbephasen beleibt.
Unendliche Bahnen, die sich ein Ende bahnen.
Von Gedanken getragen, die kein Danke ertragen.
Verloren in Zeit, die Verlorene eint.
Loch im Herzen, alleine zu zweit.
Organe zerfetzt in mir.
Ein Wir, ohne Wir.
Unar die Weise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.10.2017, 06:39   #4
männlich MiauKuh
 
Dabei seit: 08/2017
Ort: Bei Rostock
Beiträge: 2.246

Zitat:
Zitat von Unar die Weise Beitrag anzeigen
Todessehnsucht, die zu Sehen versucht.
Am Leben hält, was das Leben hält.
Mit angezognen Gliedern, das Angezogne gliedert.
Leblose Schwere. Durch Leblosigkeit schwer,
sterbender Leib, an Sterbephasen beleibt.
Unendliche Bahnen, die sich ein Ende bahnen.
Von Gedanken getragen, die kein Danke ertragen.
Verloren in Zeit, die Verlorene eint.
Loch im Herzen, alleine zu zweit.
Organe zerfetzt in mir.
Ein Wir, ohne Wir.
Liebe Unar,

ich bin, was soll ich sagen ...
da bleibt mir nichts, als zu staunen und diese Zeilen als gelungene Weiterführung der Gedanken des obigen Textes zu loben.

Wunderschön...

Lg,
MiauKuh

Zitat:
Zitiert von: gummibaum
Ein umgestürzter, schon entrindeter und ausgehöhlter Baumstamm könnte so empfinden.

Gern gelesen, lieber MiauKuh.

LG g
Hey gummibaum,
es freut mich, das mein Gedicht eine Ansicht eröffnet hat, die gar nicht in meinen Gedanken lag, sie aber dennoch berühert. Mir war ein Mensch im Kopf, jemand der nackt ist, aber in der Natur, nichts mehr ist, aber gefunden werden will, gefressen werden möchte, von jemandem, um wieder jemand zu werden, indem er verspeist wird. Nicht im wortwörtlichen Sinne. Natürlich nicht. Aber mitgenommen wird ... ich wollte es nur drastisch formulieren.

Lg,
MiauKuh

Geändert von MiauKuh (13.10.2017 um 09:55 Uhr)
MiauKuh ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.10.2017, 16:57   #5
weiblich Ex-Letreo71
abgemeldet
 
Dabei seit: 01/2014
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 4.032

Lieber MiauKuh,

ich hatte den gleichen Gedanken wie gummibaum.

Mich hat dein Text traurig und nachdenklich gestimmt.

Vor unserem Haus wurde ein riesiger Baum gefällt (ich vermisse ihn sehr)
und das was von ihm übrigbleibt, stirbt so dahin.

Gern gelesen.

Lieben Gruß

Letreo
Ex-Letreo71 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2017, 08:09   #6
männlich MiauKuh
 
Dabei seit: 08/2017
Ort: Bei Rostock
Beiträge: 2.246

Zitat:
Zitat von Letreo71 Beitrag anzeigen
Vor unserem Haus wurde ein riesiger Baum gefällt (ich vermisse ihn sehr)
und das was von ihm übrigbleibt, stirbt so dahin.
Oh man, zur Zeit reißen mich solche Beschreibungen herunter.
Ich kann sie fühlen. Das ist schön und gleichzeitig traurig.

Danke für deine Worte,
Letreo.
MiauKuh ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2017, 09:05   #7
männlich klaatu
 
Benutzerbild von klaatu
 
Dabei seit: 12/2015
Beiträge: 3.353

Ich hatte es so interpretiert, dass sich jemand zum Sterben in den Wald begibt, um sich dort von der Natur "fressen" zu lassen und irgendwie finde ich den Gedanken gar nicht so traurig. Es hat doch was tröstliches, sein blödes "Ich" aufzugeben und wieder ein "Wir" zu werden.

LG
k
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2017, 09:10   #8
männlich MiauKuh
 
Dabei seit: 08/2017
Ort: Bei Rostock
Beiträge: 2.246

Zitat:
Zitat von klaatu Beitrag anzeigen
Ich hatte es so interpretiert, dass sich jemand zum Sterben in den Wald begibt, um sich dort von der Natur "fressen" zu lassen und irgendwie finde ich den Gedanken gar nicht so traurig. Es hat doch was tröstliches, sein blödes "Ich" aufzugeben und wieder ein "Wir" zu werden.

LG
k
Das trifft es wiederum auch, im "übertragenen" Sinne. In etwas mehr aufgehen, in ein "Wir".

Ich kann deine Interpretation absolut nachvollziehen.
MiauKuh ist offline   Mit Zitat antworten
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