Ridicule

[Ilka-Maria]

„Nein, nein und hundertmal nein – so kann ich mich nicht sehen lassen!“

„Madame?“

„Nicht mit diesem grünen Fleck am Ärmel. Und die Rüschen! Das reine Chaos!“

„Madame sollten das beschmutzte Kleid gegen das rote tauschen.“

„Rot? Für eine Königin, die vor das Volk tritt?“

„Vor den Richter, Madame.“

„Meine Schuhe ...“

„Gepflegt und sauber, Madame.“

„Ich liebe weiß. Weiß ist die Farbe der Unschuld.“

„Gewiß, Madame.“

„Wird der Richter das auch so sehen?“

„Es ist der Scharfrichter, Madame.“

„Warum nennt sie mich 'Madame'? Ich bin ihre Königin!“

„Ich wollte nicht unhöflich sein, Bürgerin Capet.“

19.02.2012
by Ilka-Maria

[Perry]

du beschwörst mit deinen Zeilen, die Situation der Adligen zur Zeit der französischen Revolution herauf.
Einerseits beziehst du dich dabei auf den Historienfilm "Ridicule" und schilderst darunter die Vorbereitung von Marie Antoinette (Bürgerin Capet) auf den Gang zur Guillotine.
Ich vermute, der Titel soll "die Lächerlichkeit des Scheins" des Hofgehabes in Erinnerung rufen und zu dessen Ende überleiten.
Ich habe mich gern mal wieder mit dem Thema auseinandergesetzt, vermisse aber trotzdem den lyrischen Ansatz in deinen Zeilen, die sich für mich (nur) wie ein Ausschnitt aus der Biographie von Marie Antoinette lesen.
LG
Perry

[Ilka-Maria]

Lieber Perry,

ich kenne den Film "Ridicule" nicht, habe mich auch nicht auf einen literarischen Stoff bezogen, sondern den Text einfach aus dem Gedächtnis und einem Impuls heraus aufgeschrieben. Die Inspiration kam eher durch die Lektüre über Schreibtechniken, wobei mir diese Szene automatisch vor Augen stand - also rein intuitiv.

Umso wichtiger ist mir Deine Reaktion darauf, danke dafür.

LG
Ilka

[Thing]

Eher das Ende der Biographie.
Wurde sie je Citoyenne genannt?
Guter Text, sehr lakonisch und deswegen umso schauriger.

[Ilka-Maria]

Man sprach sie mit "Witwe Capet" an.

[Thing]

Noch grausiger.