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Schreibwerkstatt / Hilfe Gedichte und diverse Texte, an denen noch gefeilt werden muss.

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Alt 16.05.2020, 20:27   #1
weiblich Leni
 
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Standard Fachchinesisch

Für Gedichte gibt es ja etliche Fachausdrücke für Aufbau, Inhalt usw..
Müsste man eigentlich die alle kennen (und auch anwenden) um ein gutes Gedicht zu schreiben?

LG
Leni
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Alt 16.05.2020, 21:37   #2
weiblich Ilka-Maria
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Für den Anfang ist es gut, über die "Basics" Bescheid zu wissen und sie anwenden zu können. Das wäre:

Vers
Strophe
Gattungen
Metrum
Reimformen
Kadenzen
Enjambement

Vers: eine Gedichtzeile.

Strophe: eine Gruppe von Versen, die eine Einheit bilden.

Gattungen: z.B. Ode, Elegie, Sonett, Ballada, Volkslied.

Metrum: Jambus, Trochäus, Daktylus, Anapäst.

Reimformen: Die wichtigsten sind Paarreim (aabb), Kreuzreim (abab) und umschweifender (umarmender) Reim (abba). Es gibt aber noch weitere Möglichkeiten, gereimte Verse zu kombinieren.

Ein Enjambement ist ein Versumbruch ("Zeilensprung") bei einem weiterlaufenden Gedankengang. Berühmtes Beispiel aus Wilhelm Buschs "Max und Moritz":

Jeder weiß, was so ein Mai-
käfer für ein Vogel sei ...

Oder bei Eichendorffs "Nachtblume":

Nacht ist wie ein stilles Meer,
Lust und Leid und Liebesklagen
kommen so verworren her
in dem linden Wellenschlagen.

Kadenzen: Am Ende eines Verses unterscheidet man männliche (stumpfe) Kadenzen von weiblichen (klingenden) Kadenzen. Bei der männlichen Kadenz endet der Vers auf einer betonten Silbe, bei der weiblichen Kadenz auf einer unbetonten Silbe.

Mache dich erst einmal mit diesem Grundwissen vertraut. Ein brauchbares Nachschlagewerk findest du im Internet bei "wortwuchs":
https://wortwuchs.net/versmass/

Ich empfehle dir aber auch, zum Nachschlagen das Standardwerk "Poetik in Stichworten" anzuschaffen:
https://www.amazon.de/Stichwortb%C3%...9657833&sr=8-1

Viel Erfolg!
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Alt 16.05.2020, 22:05   #3
weiblich Leni
 
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Danke für die umfassenden und interessanten Erklärungen.
So in etwa habe ich das meiste begriffen, jedoch ist Metrum sozusagen noch ein Buch mit 7 Siegeln für mich. Dies würde ich beim Lernen an die erste Stelle setzen.

FG
Leni
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Alt 17.05.2020, 11:25   #4
männlich Eisenvorhang
 
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Zitat:
Zitat von Leni Beitrag anzeigen
Danke für die umfassenden und interessanten Erklärungen.
So in etwa habe ich das meiste begriffen, jedoch ist Metrum sozusagen noch ein Buch mit 7 Siegeln für mich. Dies würde ich beim Lernen an die erste Stelle setzen.

FG
Leni
Wörter bestehen aus unterschiedlich vielen Silben. Diese Silben werden entweder betont oder unbetont gesprochen. Das Prinzip ist also quasi binär: Betont, unbetont.

Für korrekte Betonungen hilft der Duden, auch kann am Anfang eine übertriebene Aussprache der Wörter helfen.

Unbetonte Silben werden mit einem kleinen "x" gekennzeichnet und betonte Silben mit einem großen "X".

Das Haus.
xX

Zwei einsilbige Wörter.
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Alt 21.05.2020, 22:23   #5
weiblich Leni
 
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Danke für die schlüssige Erklärung.
Im Voraus plant man das doch nicht exakt...
Ist doch sozusagen nur in der Retrospektive zu betrachten.
Man schreibt doch ein Gedicht aus dem Gefühl heraus, um dann freudig (mit den Kritikern) sozusagen hinterher zu entdecken, dass die Begriffe (hoffentlich) allesamt passen; das Metrum sowieso. Bei einem geübten Dichter wird das wohl so sein.

FG
Leni
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Alt 22.05.2020, 00:17   #6
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Leni Beitrag anzeigen
Im Voraus plant man das doch nicht exakt...

Doch. Immer. Ansonsten bleibt das Ergebnis eine Blaupause.

Auch die vermeintlichen "Naturtalente" haben, bevor sie ihre Genialität unter Beweis stellen konnten, ihr Handwerk beherrschen müssen. Niemand käme auf die Idee, ein Haus oder eine Brücke zu bauen, ohne das Projekt vorher geplant zu haben. Aus gutem Grund.
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Alt 22.05.2020, 22:30   #7
weiblich Leni
 
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Doch. Immer. Ansonsten bleibt das Ergebnis eine Blaupause.
Eine interessante, ja geradezu kühne These, die ich mir unbedingt merken muss.
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Alt 10.06.2020, 11:48   #8
männlich Heinz
 
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Liebe Leni,
die Freude ist immer groß bei mir, wenn sich jemand an das "Fachchinesisch" heran macht. Ilka-Marias Worte: Wohl gesprochen und verständlich auch einem Laien.
Zur engeren Auswahl von "Übungstexten" gehört sicher noch die Erwähnung des Blankverses. Der Blankvers (der Name verrät es schon ein bisschen, ist "blank" von Reimen und besteht pro Vers (pro Zeile) aus sechs "Versfüßen".
Diese Versfüße machen wir uns durch Zeichen optisch erkennbar.
Der Jambus besteht aus einer unbetonten und einer betonten Silbe (xX) - das kleine x ist die unbetonte, das große X die betonte Silbe.
(Der Trochäus = Xx, erbeginnt also mit einer betonten Silbe, der eine unbetonte folgt. Der Daktylus (ich nenne ihn manchmal Walzertakt) = Xxx, und der (schwierige) Anapäst sieht so aus: xxX .
Zum "Eingewöhnen" kann man, wie es der Blankvers fordert, einen Text schreiben, der pro Vers aus fünf Jamben besteht (xXxXxXxXxX).
ich gehe heute Nacht im kurzen Hemd
= xXxXxXxXxX
Zur Unterstützung der betonten Silbe kann man auch in die Hände klatschen.
Wenn man das lange genug gemacht hat, kann man sich mit einem Partner in Jamben unterhalten:
Ich koche heute Mittag ohne Rücksicht auf Verluste Knödel - vergiss, mein Liebling, nicht, die Knödel gut zu würzen - ich weiß, du magst es scharf und werde ganz gewiss den Pfeffer nicht vergessen - und hinterher, das wäre schön, beglückst du mich mit Erdbeertorte - na klar, mein Schatz, und auch mit süßen Sahnehäubchen.
(Das ist zusammengeschriebener Nonsens, aber jambisch. Lange genug geübt, geht einem der Rhythmus ins Blut. Wenn er "sitzt", kann man dasselbe mit Trochäen versuchen. "Frisch gewagt ist halb gewonnen" (XxXxXxXx).
Warum man mal diesen und mal jenen Versfuß nimmt? Das gehört zur zweiten Lektion.
Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 10.06.2020, 22:32   #9
männlich Ex-Ralfchen
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ein suuuuuuuper faden Heinz, den Ilka-ULF hier steuert und nun du als perfekter Supraleiter-navigator...frage:

reimt sich dieser quaaak als Endworte im wirren gereime?


Erlauchten,
erkauften!

erhöhen,
anflehen.


oder kann man sagen: Das hämmert rhythmisch wie geschmiert

????

es wird soviel schwachsinn gereimt, dass ich man sich auch den kopf nach dem Schambereich rasieren müsste.
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Alt 12.06.2020, 17:52   #10
männlich Heinz
 
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Liebes Ralfchen,
bei "Erlauchten, - erkauften!" habe ich große Schwierigkeiten, einen Reim zu erkennen.
Bei "erhöhen, - anflehen." liegt das Problem woanders.
Ich betone

er - höh - en und an - fle - hen"; die Ähnlichkeit der beiden Endsilben macht für mich keinen Reim.

Anders wäre es bei: erhöhen/ve5rsöhnen, anstehen/anflehen.

Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 13.06.2020, 09:43   #11
männlich Heinz
 
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O Gott,
liebe Leni, ich schrieb weiter oben, der Blankvers bestünde aus sechshebigen Versen.
Das ist falsch! Er besteht aus fünfhebigen Versen!
Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 13.06.2020, 14:26   #12
männlich Ex-Ralfchen
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kann man den Sommerbeginn als eine dunkelblaue Flut mit einer woge licht und dem schwarz der schatten kombiniert beschreiben?

kommt licht in strahlen oder wogen?

man sagt: die Hunnen fallen ein -

kann man auch sagen der Sommer fällt ein?

danke Heinz.
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Alt 13.06.2020, 20:29   #13
männlich Heinz
 
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Liebes Ralfchen,
ganz platt gesagt: Können kann man alles- Einer unserer Größten beweist es, wenns sein muss, zweimal täglich und - die Welt geht nicht unter.
Aber nun ernsthaft:

"kann man den Sommerbeginn als eine dunkelblaue Flut mit einer woge licht und dem schwarz der schatten kombiniert beschreiben?"

"Man" kann - ich könnte so einen Schwulz nur mit hochgeklappten Fußnägeln schreiben. Es hört sich nicht nach Kunst, sondern nach gekünstelter Möchtegernpoesie an.

"kommt licht in strahlen oder wogen?"

Die Frage ist beinahe unbeantwortbar. "Kommt" Licht? Oder schwappt es?

"man sagt: die Hunnen fallen ein -

kann man auch sagen der Sommer fällt ein?"

Wenn die Hunnen einfallen, fällt der Sommer aus.

Einen kriegerischen Einfall (also etwas Unangenehmes, Überfallartiges) mit dem Beginn des Sommers (den wir Menschen mit einem Datum markieren) zu vergleichen - nee, nix für mich.

Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 13.06.2020, 20:39   #14
weiblich Ilka-Maria
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Hier geht's zu einem Phsyik-Forum. Dort kann sich toll über Photonen, Wellen und Teilchen austauschen.
https://www.physikerboard.de/index.php
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Alt 14.06.2020, 02:35   #15
männlich Ex-Ralfchen
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Hier geht's zu einem Phsyik-Forum. Dort kann sich toll über Photonen, Wellen und Teilchen austauschen.
https://www.physikerboard.de/index.php

1001 danke Ilka-ULF. nur habe ich mich mit diesen Erkenntnissen schon seit Jahrzehnten beschäftigt. was ich hier nur einbaue sind die teilweise eigenartigen wort-disabilitäten die hier fast täglich gepostet und von mitgliedern kopflos und ohne hinterfragen als toll gelobt werden. vor allem wenn Algen sie dem licht entgegenstecken stecke ich in einem lyrik-koma fest. ich suche Klarheit - daher wende ich mich an das verschrumpfte Restlein von Klardenkern hier.

Viele liebe Grüße!
r
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Alt 14.06.2020, 08:47   #16
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Ralfchen Beitrag anzeigen
1001 danke Ilka-ULF. vor allem wenn Algen sie dem licht entgegenstecken stecke ich in einem lyrik-koma fest.
Wusste ich noch nicht, dass Algen solche Zustände hervorrufen können. Sie streben aber tatsächlich ans Licht, jedenfalls finden sie sich dort am häufigsten, wo es sehr hell ist. Und Photosyhtese betreiben sie auch.

Wann verstehst du endlich, dass literarisches Schreiben nichts mit Wissenschaft zu tun hat, sondern damit, wie der Autor (oder sein Protagonist) etwas empfindet?
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Alt 14.06.2020, 09:09   #17
männlich Ex-JavaScript
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Wusste ich noch nicht, dass Algen solche Zustände hervorrufen können. Sie streben aber tatsächlich ans Licht, jedenfalls finden sie sich dort am häufigsten, wo es sehr hell ist. Und Photosyhtese betreiben sie auch.

Wann verstehst du endlich, dass literarisches Schreiben nichts mit Wissenschaft zu tun hat, sondern damit, wie der Autor (oder sein Protagonist) etwas empfindet?
Keiner von euch hat Unrecht. Es gibt Menschen, die auch etwas Emotionales empfinden, wenn sie über Wissenschaft denken oder sprechen. Ich bin fasziniert von der Informatik, aber die meisten Menschen können damit nichts anfangen, aber wenn es wirklich ein tiefes Empfinden ist, worüber man schreiben oder nachdenken möchte, dann sollte man es tun. Was ich sagen will, ist, dass wir nicht wirklich sagen können, was literarisches Schreiben wirklich darstellt. Es gibt Regeln und Überzeugungen, aber die bleiben nicht immer statisch, vielleicht sollten wir über den Tellerrand hinausschauen und uns fragen, ob vielleicht mehr dahinter steckt, aber ich bin trotzdem mehr bei Ihnen Ilka. Zu viel Wissenschaft ist nicht gut für die Literatur. Wir Menschen können auch ohne wissenschaftliche Logik ein wunderbares Gespräch führen oder einen Text schreiben, die tiefgreiffend sind.
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Alt 14.06.2020, 21:34   #18
männlich Ex-Ralfchen
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen

Wann verstehst du endlich, dass literarisches Schreiben nichts mit Wissenschaft zu tun hat, sondern damit, wie der Autor (oder sein Protagonist) etwas empfindet?

was ist der unterschied zwischen

stecken

und

strecken

Ilka-ULF?


sie streckte mir ihre Zunge entgegen und ich steckte ihr meine Zunge hinein
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Alt 14.06.2020, 21:38   #19
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Ralfchen Beitrag anzeigen
sie streckte mir ihr Zunge entgegen und ich steckte ihr meine Zunge hinein
Glaube ich dir nicht.

Ich habe zwar schon einmal eine Frau mit gespaltener Zunge gesehen, aber noch keine, deren Zunge ein Loch hat, in das man die eigene Zunge stecken kann.

Wenn wir schon bei Wortklauberei sind, Ralfchen, dann richtig .

Ich weiß zwar, worauf du hinauswillst, aber dein Beispiel ... na ja, man sollte sich die Worte halt wirklich überlegen und es besser machen als der/die Kritisierte.
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Alt 14.06.2020, 21:49   #20
männlich Ex-Ralfchen
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wohinein stecke ich ihr meine Zunge? es war von keinem ziel die rede, wie etwa der sonne*) oder Ihrer scheidenöffnung. es ging mir um die Verwendung der worte.
somit habe ich es offengelassen. mit Absicht. erstaunt mich immer wieder wie die dümmste Verwendung von worten hier bis aufs Messer verteidigt wird.

wenn ich so einen dummen kauderwelsch schriebe, würde man mich mit ärgsten Schimpfworten besudeln. aber solange völlige loserInnen wie totep hier bewundert und gelobt werden kann ja nix mehr passieren.

*) meine nicht den Mutterstern sondern die Frau die meine sonne ist
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Alt 14.06.2020, 22:21   #21
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Ralfchen Beitrag anzeigen
somit habe ich es offengelassen.
Du hast nix offengelassen, Ralfchen, sondern einen absurden Satz geschrieben. Darin ist die "Zunge" das Akkusativ-Objekt, und genau darauf bezieht sich deine Aussage.

Deutsch Sprak schwer Sprak.
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Alt 14.06.2020, 23:43   #22
männlich Ex-Ralfchen
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen

Deutsch Sprak schwer Sprak.
hhhhhhhhhh...du bist manchmal süss wie ein schnuckeliges kind. ja meine Muttersprache ist KINDISCH...

schlaf gut
Ilka-ULF
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Alt 14.06.2020, 23:48   #23
männlich Ex-Ralfchen
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ps.: was bedeutet entgegen? es ist ein neutrogeografisches Plunderwort mit etwa 26 Bedeutungen - nur noch zu deinem seligen einkuscheln im Polster, nachdem immer wieder versucht es mir zu geben...
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Alt 09.08.2021, 18:40   #24
männlich grandparnassos
 
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Zitat:
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Doch. Immer. Ansonsten bleibt das Ergebnis eine Blaupause.

Auch die vermeintlichen "Naturtalente" haben, bevor sie ihre Genialität unter Beweis stellen konnten, ihr Handwerk beherrschen müssen. Niemand käme auf die Idee, ein Haus oder eine Brücke zu bauen, ohne das Projekt vorher geplant zu haben. Aus gutem Grund.
Ich würde dem ein Stück weit widersprechen. Aber das mag auch daran liegen, dass ich hier eventuell einiges an Ironie oder Sarkasmus nicht erkennen kann. In jedem Fall scheint ja dieses Forum vor spitzen Zungen nur so zu strotzen.

Die Anfänglich erwähnten Begriffe finde ich erst einmal ganz nützlich, da sie einige Möglichkeiten aufzeigen, die ein Vers bieten kann. Allerdings erachte ich es persönlich für Unfug (gerade in der heutigen Zeit) noch Silben, Hebungen oder sonstiges zu zählen. Das sind quasi voß'sche Ausgeburten, derer ein Gedicht nicht notwendigerweise bedarf.

Ich lese aktuell das Buch "Goethes Ästhetik" verfasst von Dr. Wilhelm Bode, worin das Folgende geschrieben steht:

"Der Takt kommt aus der poetischen Stimmung, wie unbewußt. Wollte man darüber denken, wenn man ein Gedicht macht, man würde verrückt und brächte nichts Gescheites zu stande." (S. 197)

Sicherlich lohnt es sich, sich in der einen oder anderen Sache zu üben. Seinen Wortschatz zu erweitern oder den einen oder anderen Kniff zu erlernen. Ich persönlich glaube, dass dies aber Dinge werden müssen, die einem im Schreiben dann ganz natürlich zukommen. So wie der Handwerker seine Handgriffe fast unbewusst ausführen mag, wenn er zu einer gewissen Meisterschaft, oder sei es auch nur das Gesellentum, gelangt ist.

Am Ende kommt es natürlich ganz darauf an, was man selbst will.
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Alt 09.08.2021, 19:50   #25
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von grandparnassos Beitrag anzeigen
Ich persönlich glaube, dass dies aber Dinge werden müssen, die einem im Schreiben dann ganz natürlich zukommen. So wie der Handwerker seine Handgriffe fast unbewusst ausführen mag, wenn er zu einer gewissen Meisterschaft, oder sei es auch nur das Gesellentum, gelangt ist.
Mit einer Glaubenssache hat diese Frage nichts zu tun, aber sehr viel mit Erfahrung und dem gesicherten Wissen, dass ohne Fachkenntnisse und Üben (ohne dem kommt es nicht zu einem unbewussten Ausführen) Meisterschaft nicht zu erringen ist. Ein Fahrschüler wird bei seiner ersten Fahrstunde nicht bereits so sicher sein, dass er sämtliche komplexen Augen-, Hand- und Fußbewegungen unbewusst machen kann, dazu bedarf es der Übung und er Praxis. Es gibt einen Grund, dass die meisten schweren Unfälle, oft mit Todesfolgen, mehrheitlich jungen Leuten mit wenig Praxis (und leider auch wenig Denken über die Konsequenzen ihres Handelns, begleitet von einer maßlosen Selbstüberschätzung) verursacht werden. Genauso sieht es überall aus, wo Anfänger im literarischen Schreiben meinen, ein bisschen Gefühlsduselei und Grundschulkenntnisse in Deutsch seien genug, um brauchbare Literatur zu fabrizieren. Ich war auch einmal jung und kenne die Entwicklung, die über Jahrzehnte stattfindet, ehe man erkennt, was für ein blauäugiges Schaf man einst gewesen ist. Irgendwann sollte man sich aber mal einen Tritt gegeben haben, statt immer nur zu blockieren.

Dazu könnte ich noch einiges berichten über die Erfahrungen, die ich inmehreren Schreibseminaren, im Fremdsprachenunterricht und im Selberunterrichten von Computerprogrammen gemacht habe: Diejenigen Teilnehmer, die auf der Oberfläche mitschwammen, weil ihnen das Eintauchen in tiefere Kenntnisse zuviel Mühe bereitete, rasselten fast alle durch die Prüfung oder brachen die Kurse schon vorher ab. Sie hätten sich die Kosten sparen können. Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, dass sie es auch beruflich nicht allzuweit brachten, weil sie nämlich auch mit der Einstellung ins Erwerbsleben gingen, es sei schon jemand da, der ihnen die anspruchsvolleren Aufgaben abnimmt. Das klappt aber immer nur am Anfang, niemals auf Dauer.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
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Alt 09.08.2021, 19:52   #26
männlich MonoTon
 
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Hallo grandparnassos

Zitat:
"Der Takt kommt aus der poetischen Stimmung, wie unbewußt.
Und was denkst du ist diese poetische Stimmung von der Goethe spricht?
Nicht vielleicht etwas, dass der Autor beim Schreiben vordefiniert und oft in ein Gebilde aus rhythmisch angeordneten Silben/Mehrsilbern setzt, welche eine Melodie und somit einen lesbaren Unterton erzeugen um die Stimmung zu vermitteln und zu erhalten oder zu durchbrechen?
Man kann es durchaus bewusst passieren lassen, wenn man sich über Anwendung und Wirkung tiefere Gedanken macht, warum etwas eine Grundstimmung erzeugt, welche die gewählten Worte auch transportiert.

Deine zitierte Goethe-Definition beschreibt m.E. eher den Vers Libre, aber nicht die metrisch gebundene Form des Dichtens.
Beides hat Spielregeln und beide sind verschieden.

Ich gebe dir recht, alles wird leichter, wenn es in eine Routine übergeht. Dann unterstreiche ich das unbewusste Schreiben eines poetischen Taktes durchaus. Da man unbewusst einfließen lässt, was bereits grundlegend vorhanden ist.

LG Mono
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Alt 09.08.2021, 20:43   #27
männlich grandparnassos
 
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Hallo Ilka, hallo Mono,

was hier aufgemacht wird ist natürlich ein weites Feld. Zuerst einmal möchte ich auf Monos Frage antworten:

Die poetische Stimmung, die Goethe beschreibt findet sich in vielen Erläuterungen quer durch die Geschichte und eine wirklich einheitliche Definition, beziehungsweise eine diese Materie durchdringende Arbeit habe ich bisher noch nicht finden können, aber man kann doch immer wieder auf diese "Stimmung" stoßen.

Das gängigste Beispiel sind wohl die Musen, die den Dichter inspirieren (lat. inspirare: einhauchen, einflößen). Es kommt also quasi etwas von außen über die Dichter und lässt sie sprechen. Auch die hier mehrfach erwähnte Etymologie des Dichters und der Dichtung/des Gedichtes, kann ein wenig mit in diese Ansicht einfließen (lat. dictare: vorsagen, verfassen). Wenigstens von zwei Dichtern sind mir Aussagen bekannt, in denen diese das Schreiben eines Gedichtes, wie "im Diktat empfangen" beschreiben. Das sind Rainer Maria Rilke und Boris Pasternak. Und auch Goethe beschreibt in den Annalen 1818, wie plötzlich ein Gedicht vor ihm gestanden habe. Bisweilen sei ihm in solchen Gelegenheiten/Stimmungen nicht einmal die Zeit geblieben das Papier gerade zu rücken, sodass er das Gedicht quer über das Papier schrieb.

Einen mehr logischen Ansatz hierzu können wir bei Immanuel Kant finden, der in seiner Kritik der Urteilskraft die Begriffe der ästhetischen Idee und des freien Spiels definierte, die ich an anderer Stelle noch genauer beschreiben könnte. Es liegt schon etwas zurück, dass ich dieses Buch gelesen habe, weshalb ich mich erst einmal wieder in die Details einfinden muss.

Um nun noch Ilka zu antworten:

Ich meine, dass die Spitzfindigkeit mir das Wort "glaube" zu bemängeln, zwar nicht ganz fehl am Platze ist, aber muss ich doch einwenden, dass ich durchaus der Ansicht bin, dass sich nicht alles in der Kunst lehren, sondern nur lernen lässt.

Ferner scheint es Menschen zu geben, die immer wieder auf ihre Lehrbücher zurückgehen, um zu sehen, ob sie auch ja für ein Thema die passende Gedichtform gewählt haben.

Da ich selbst Handwerker bin, weiß ich, dass das "ins Blut übergehen" gewisser Handgriffe nicht gelehrt, sondern nur gelernt werden kann. Ich meine auch, dass der Vergleich mit der Fahrschule deplatziert ist, denn im Rahmen einer Verkehrsordnung gibt es klare Regeln.

Im Rahmen der Poesie ist das nicht so. Hier gilt wirklich 1. Regeln sind da um gebrochen zu werden und 2. erachte ich es für unnötig sämtliche Regeln zu lernen. Was ich gut und richtig finde sind Stilmittel und -formen zu erlernen, wenn man sie denn so nennen will.

Kunst besteht zu einem gewissen Teil im Brechen und Neuaufstellen von Regeln. So urteilen auch Kant und Goethe. Nicht dass es notwendig ist sich auf deren Autorität zu beziehen.

Hätte man nie die Regeln gebrochen, so stünden uns die ganzen Gedichtformen, die wir heute nutzen, gar nicht zu Gebote.

Abschließend will ich noch sagen, dass ich zu einem gewissen Grad auch meinen Vergleich mit dem Handwerker falsch finde, da Dichter keine Handwerker sind, zumindest nicht in der heutigen Zeit. Deshalb meine ich auch, dass Dichter nicht alle Gedichtformen und Fachtermini beherrschen müssen, um gute Dichter zu sein. Natürlich schadet ein gewisses Fundament nicht, wie ich ja auch schon in meinem letzten Post bemerkte, insofern als dass sie über die Möglichkeiten informieren, die Sprache dem Künstler bietet.
grandparnassos ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.08.2021, 21:17   #28
weiblich Ilka-Maria
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Ich bin anderer Meinung, und letztendlich sind auch deine Ausführungen nur Meinungen. Goethes Spruch ist ebenfalls eine Meinung. Er hat sich selber aber nie danach verhalten, sondern an den Arbeiten junger Dichter, die ihm zu Füßen lagen, strenge Maßstäbe angelegt und so manchen von ihnen kaltschnäuzig über die Klinge springen lassen. Um zu wissen, was er mit seiner Aussage wirklich gemeint hat, müsste man wissen, in welchem Kontext sie steht.

Ich habe von modernen Lyrikern etliches an Material im Haus und es gelesen, und man spürt sowohl das Handwerk, wie auch das Können und das Talent. Um in freien Versen und freien Rhythmen schreiben zu können, muss man nämlich erst einmal die "basics" beherrschen, da geht kein Weg daran vorbei. Beispiel: "Regentonnenvariationen" von Jan Wagner - sehr zu empfehlen. Bei seinen Gedichten stimmt jedes Wort, und das ist der Unterschied zu Anfängern, die mir verkaufen wollen, es komme nur darauf an, sein Innerstes nach Außen zu stülpen.

Sorry, aber ich habe schon zu viel in meinem Leben gelesen, und zwar aus allen Bereichen, dass ich mir das Recht nehme, gewisse Maßstäbe und Ansprüche zu vertreten. Ich verlange keine Meisterschaft, aber dass jemand, der ernst genommen werden will, zumindest sein Bestes zu geben versucht und auch bereit ist, Kritik am Text anzunehmen. Dem Kritisierten bleibt deshalb immer noch das Recht, sein Baby zu verteidigen.

Ich habe in meiner Anfängerzeit auch Kritik einstecken müssen - zu recht, wie mir völlig klar ist. Und habe auch lernen müssen, meine Leser ernst zu nehmen und meine Texte nochmal zu überprüfen. Es hat sich gelohnt, denn sie sind besser geworden. Perfekt ist ein Text sowieso nur selten, auch dann nicht, wenn er von einem Vollprofi stammt.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
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Alt 09.08.2021, 21:37   #29
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Zitat von Ralfchen Beitrag anzeigen
1001 danke Ilka-ULF. nur habe ich mich mit diesen Erkenntnissen schon seit Jahrzehnten beschäftigt. was ich hier nur einbaue sind die teilweise eigenartigen wort-disabilitäten die hier fast täglich gepostet und von mitgliedern kopflos und ohne hinterfragen als toll gelobt werden. vor allem wenn Algen sie dem licht entgegenstecken stecke ich in einem lyrik-koma fest. ich suche Klarheit - daher wende ich mich an das verschrumpfte Restlein von Klardenkern hier.

Viele liebe Grüße!
r
Okay, ich kloppe auch noch mal auf dieses tote Pferd ein.
Wer Lyrik liebt, sollte ihre Ambivalenzen aushalten. Dein Anspruch, Wörter möglichst spannungsarm aufeinander abzustimmen, kulminiert nicht selten in Pleonasmen - Überflüssigkeiten zugunsten einer vermeintlichen Klarheit und Homogenität. Besser, man personifiziert Algen und lässt sie sich "dem Licht entgegenstrecken", als sie "grün und glitschig" zu nennen. Wie oft Georg Trakl wohl gefragt wurde, was eine dornige Wanderung ist oder was purpurne Träume sind? Je nachdem, wie viele Ralfchens sich mit ihrem Vereindeutigungswahn unter die Expressionisten gemischt hatten... und nicht hilfreich waren.

Gruß
KG
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Alt 09.08.2021, 21:57   #30
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Zitat von grandparnassos Beitrag anzeigen
Hallo Ilka, hallo Mono,
Kunst besteht zu einem gewissen Teil im Brechen und Neuaufstellen von Regeln. So urteilen auch Kant und Goethe. Nicht dass es notwendig ist sich auf deren Autorität zu beziehen.
Da hast du recht. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen Regeln brechen und Regeln missachten. Das erste setzt eine Kenntnis der Regel und vor allem ein Wissen um ihre Autorität voraus. Um beides kommt auch der virtuose Regelbrecher nicht herum.

Ob man die Namen der Metren braucht oder einfach ein plastisches Beispiel oder ein Klatschmuster, ist eine didaktische Frage. Fakt ist, dass sich Goethe, ob bewusst oder unbewusst, mit einer ausnehmenden Strenge an Versmaße gehalten hat. Allerdings war sein Umweg über die theoretische Reflexion angeblich kürzer als der von Schiller.

Beste Grüße
Krebsgestoeber
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Alt 09.08.2021, 22:13   #31
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Deshalb bin ich ja auch dazu übergegangen anstatt "ich glaube" "ich meine" und dergleichen zu schreiben.

Natürlich verleihen Erfahrungen und Expertise auch eine gewisse Autorität auf einem Gebiet, die man nicht einfach so abweisen sollte. Demnach respektiere ich auch, was du, Ilka, zu sagen hast, und nehme es mir zu Herzen.

Ich behaupte auch nicht, dass die Art des Dichtens (im freien Spiel und durch Inspiration), die ich beschreibe, a) die einzige Variante ist und b) die einzige legitime wäre, noch, dass sie c) ausschlaggebend sei bzw. d) automatisch zu einem guten Gedicht führen würde.

Auch hinter meinem Dichten steckt viel Lektüre (mehr als mir wahrscheinlich klar ist), sowie eine kritische Betrachtung meines Schreibens. Leider habe ich bisher nur wenige andere Dichter:innen kennengelernt, was ja gerade einer der Gründe ist, aus dem ich mich in diesem Forum angemeldet habe: gerade um in Kontakt zu treten und Kritik zu finden.

Hätte ich mich nie hinterfragt, wäre ich kaum vorangekommen.

Um etwas allgemeiner über das Erschaffen von Kunstwerken zu sprechen: eine Freundin von mir, eine Malerin, konnte meine Ausführungen über das freie Spiel kaum nachvollziehen, da sie sehr bewusst schafft und lediglich beim Malen in einen Modus verfällt, in dem sie nahezu alles um sich herum vergisst, aber dennoch mit viel Technik und Handwerk bei der Sache ist.

Ich selbst hingegen versuche immer wieder in diesen spielerischen Zustand zu kommen, bei dem sich die Worte sozusagen wie von selbst einstellen. Und auch dafür ist einiges an Gefühl vonnöten. Damit meine ich aber etwas, das auch durchaus auf eine handwerkliche Art gesehen werden kann. Im Rahmen der Buchbinderei, die ich erlernt habe und immer noch lerne, kann so manches auch nach Gefühl geschehen, das man aber auch ausmessen kann. Man nehme nur bestimmte Maße und Verhältnisse, wie den Goldenen Schnitt. Im Anfang misst man fleißig und errechnet die Position für Titel und dergleichen. Später aber, wenn man genug Übung besitzt, reicht es auch "π mal Daumen" und die Sache sitzt. Das ist es, was ich meine, wenn ich sage, es würde ins Blut übergehen.

Man bekommt zum Beispiel ein Gefühl für den Rhythmus und merkt wenn etwas stockt, hakt oder holprig ist. Ich selbst habe natürlich in der Schulzeit einiges zum Thema Trochäus, Jambus, etc. gelernt, es aber nie zur Anwendung gebracht. Dennoch merke ich, wenn ein Text hier und da keinen guten Rhythmus hat.

Und ja, Goethe hat viele Dichter:innen von sich gewiesen und seine Aussagen sind auch nur Meinungen und nicht der Weisheit letzter Schluss, weshalb ich auch meinte, dass man auf seine und die Autorität Kants eigentlich nicht viel geben muss, denn wie oft haben nicht "die Alten" falsch gelegen? Und so ist es auch heute durchaus berechtigt, ihnen nicht in Allem zuzustimmen.

Was ich aber, auch aus eigener Erfahrung, sagen will ist dieses: reine Handwerklichkeit mag vielleicht zu einem netten Gedicht führen, doch kommt es gerne vor (und das bezieht sich auf die Buchbinderei), dass gerade die Unvertrautheit zu hervorragenden Ergebnissen führen kann, wenigstens in der Idee. Ich selbst denke sehr in vorgefertigten Ideen à la dies ist möglich und das ist fachlich nicht korrekt, was zu eher biederen, um nicht zu sagen, drögen Büchern führt, wohingegen fachfremde Kommiliton:innen großartige Ideen und Buchformen entwickeln. Entscheidend bleibt aber auch hier, die handwerklich saubere Ausführung, und so will ich dir zustimmen, dass jedes Wort stimmen sollte. Womit ich allerdings keinen Sprachpurismus meine (das wollte ich nur am Rande erwähnt haben und sehe nicht, dass du das in diesen Ausführungen tust. Ich sah in diesem Forum aber einige Aussagen, die regelrecht in diese Richtung gingen).

Zusammenfassen ließe sich der letzte Absatz also auch so (und das ist wieder nur meine Meinung): Eine gute Ausführung ist wichtig, aber die in Poetiken angeführten Kategorien für Gedichte und Themen sind nicht essentiell. Das heißt eine reine Handwerklichkeit bringt die Poesie und Kunst meines Erachtens nach nicht weiter.

LG Friedrich/grandparnassos
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Alt 09.08.2021, 22:20   #32
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Zitat:
Dichter:innen
Ich kann es niemandem verbieten, wäre aber sehr verbunden, diesen Gender-Unfug nicht in dieses Forum einzuschleppen. Schlimm genug, dass man keine Zeitschriften mehr lesen und nicht einmal mehr die Tagesschau im Fernsehen anschauen kann, weil dieses Gerede mit chronischem Schluckauf nur noch nervt.

Die Regierung der Franzosen hat diesen Schwachsinn abgeschafft, aber wir machen nach wie vor alles nach, was von den USA zu uns schwappt. Und das schreibe ich nicht, weil ich amerikafeindlich bin; das Gegenteil ist der Fall.

Dies nur nebenbei. Ich will nicht vom eigentlichen Thema ablenken.

Aber bitte keine Gender-Sternchen, Binnen-I, auch keine Partizipien wie "Dichtende", "Schreibende" oder sonstige Sprachverhunzungen. Wir wollen hier Literatur betreiben und die Sprache pflegen - wie passt das denn mit dem Gendern zusammen?
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
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Alt 09.08.2021, 22:41   #33
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Guten Abend Krebsgestoeber,

Zitat:
Zitat von Krebsgestoeber Beitrag anzeigen
Da hast du recht. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen Regeln brechen und Regeln missachten.
Ich würde hier noch ein Drittes ergänzen, das denke ich entscheidend ist und zwar die Regeln kennen. Ich kann sie schließlich nur bewusst missachten, wenn ich sie kenne. Brechen kann ich sie auch ohne. Ja, okay, je nachdem wie man es dreht und wendet, kann ich sie auch in ihrer Gesamtheit missachten, aber mal angenommen ich würde mich gut mit dem Jambus, Trochäus, etc. auskennen, aber hätte aus welchem Grund auch immer noch nie etwas von weiblichen und männlichen Reimen gehört (natürlich ist dies ein recht oberflächliches Kriterium, aber mir fällt spontan keine Nische ein), wie könnte ich die damit verbundenen Regeln missachten.

Interessanter wird es da ja noch im Bereich der Übersetzungen. Das Italienische zum Beispiel weist eine Vielzahl an weiblichen Reimen auf, das Deutsche hingegen weniger, weshalb viele Übersetzer:innen der Göttlichen Komödie von Dante sich auf alternierende weibliche und männliche Reime beschränkt haben. Manche missachten dieses Stilelement sogar komplett. Aber ich denke das führt zu weit.

Was ich damit aber andeuten wollte ist dieses: jede Sprache hat ihre eigenen Kriterien, die mal mehr oder weniger einfach einzuhalten sind. Man denke nur an den Unterschied zwischen Moren und betonten und unbetonten Silben, die bei Haiku eine Rolle spielen. Wo auch schon zwischen dem Englischen und dem Deutschen extreme Unterschiede bestehen, was allein die Länge diverser Begrifflichkeiten angeht. Und doch missachten wir in beiden Sprachen eigentlich die durchs Japanische vorgegebenen Regeln. Wie gut kann uns also eigentlich die Einhaltung einer Regel zu einer Gedicht- oder Versform gelingen, die einer anderen Sprache entspringt? Und wie wichtig sind diese Regeln im Anbetracht an den Wortsinn, wenn wir ein Gedicht übersetzen?

Ähnliches lässt sich noch allgemeiner auf verschiedene Erwägungen anderer Kunstrichtungen und -philosophien beziehen. Wo zum Beispiel im "Westen" Symmetrie und Perfektion eine große Rolle spielt, da liegt das Augenmerk in der japanischen Philosophie von Wabisabi auf der Asymmetrie und der Imperfektion.

Ich glaube es bleibt der Spruch wahr: es gibt so viele Definitionen von Kunst, wie es Künstler:innen gibt.
Ebenso gibt es so viele Definitionen von Kunst wie es Poet:innen gibt.
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