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Alt 01.08.2015, 23:03   #1
männlich Fremder
 
Dabei seit: 07/2015
Beiträge: 252


Standard Das Märchen vom Fidelspieler, Kapitel 1

Bevor ihr den Text lest, nehmt bitte vorab folgende Anmerkungen zur Kenntnis:

1. Der Text ist ca. 10 Jahre alt und aus einem Fragment von 3 Kapiteln. Einige Passagen könnten sicherlich verbessert und knapper gefasst werden. Auch stimmt die Kommasetzung nicht überall (meine Rechtschreibung war und ist nur mäßig.) Orthographische Verbesserungsvorschläge bitte ich euch daher so weit wie möglich zu unterlassen. Andere Kommentare, soweit sie ON TOPIC sind, sind selbstverständlich willkommen.

3. Der Text ist bewusst sprachlich etwas altertümlich gehalten.

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Das Märchen von der Fidel

Kapital 1: Hilfe in der Not

Vor langer, langer Zeit, ich kann mich nicht mehr daran erinnern wann es gewesen ist und weiß es nur vom Hörensagen, nun, in eben jener Zeit lebte in einer kleinen Stadt fern von hier, durch deren Mitte ein hübsches Flüsschen seinen Lauf nahm, ein wilder junger Mann.

Der Mann war arg heruntergekommen und garstig anzusehen. Er steckte in einem grauen Mantel. Hemd und Hosen an ihm waren zerschlissen, die Haare ellenlang, wie bei einem Weibe, doch nicht wohl gepflegt. Auch roch er nicht gut, da er nur ab und an in dem Fluss und dort, so ist es anzunehmen, gänzlich ohne Seife badete. Sein einziger kostbarer Besitz war eine kleine Fidel, die er stets mit sich trug.

Die Leute, so sie am Tage auf ihn trafen, machten einen großen Bogen um ihn herum und nicht wenige witzelten über die ausgemergelte Figur und ihr unanständiges Benehmen. Anders als es bei den Leuten der kleinen Stadt üblich war sprach er stets gerade heraus, was ihm fehlte oder was er wollte, wenn sich dazu eine seltene Gelegenheit bot. Manch einer fragte sich bei Heim und Herd nicht ohne Erstaunen, wovon denn dieser luftige und unwirkliche Mann lebe, wurde er doch nie beim Betteln erblickt, weder um Brot, noch um andere Gaben, die seinen Hunger hätten stillen können. Man fragte sich nicht selten, wovon er lebe. Und da er niemanden zur Last fiel, so lies man ihn in Frieden. Denn er schlenderte mal hierhin, mal dorthin, scheinbar unstet und ohne Lauf und Ziel. Und da er mal hier und mal dort auftauchte und an keiner Stelle zu lange ausharrte, bemerkte man ihn nur selten und störte sich nicht an ihm über Gebühr.

Des abends, wenn bereits die Bürgersteige hochgeklappt waren, saß er nicht selten unter einer alten Linde und spielte auf seiner Fidel. Da klang es wie aus himmlischen Sphären, mal langsam und behutsam, mal schnell und keck in aufeinander aufbauenden Tonfolgen. Gar manche Kinderseele, die von ferne die Klänge vernahm, wurde durch das Spiel getröstet und fand den Schlaf.

So verging manches Jahr, bis eines Tages ein Händler in die Stadt zog. Er verkaufte Leder- und Eisenwaren, Irdenes, Porzellan und anderes nützliches Gebrauchsgut. Seine geheime Leidenschaft galt aber nicht dem Geschäft sondern einer kleinen Klarinette mit silbern blitzenden Klappen, die er munter und behände zu spielen wusste. In seinen Mußestunden widmete er sich wenn er nur konnte der Musik und erquickte sich am Spiel.

An einem Abend, es näherte sich schon der Herbst, ging er nahe dem Flusse spazieren. Da vernahm er aus der Nähe die schönen Klänge der Fidel, die ihn ganz in einen ihr eigenen Zauber bannte. Wie er sich der Ursache seines Entzückens näherte, erschrak er mit aber mit jähem Entsetzen, als er der wilden Gestalt gewahr wurde, die so famos die Fidel zum klingen brachte.

Nach einem kurzen Moment von Abscheu und Entsetzen fragte der Händler, dem sogleich ein Mitleid überkam und der auch immer noch voller Bewunderung war, ob denn der Fidelspieler mit ihm kommen wolle; er wolle ihm schon ein Nachtlager und auch genügend zu essen und zu trinken geben, kurz, es solle ihm Vorderhand an nichts mangeln.

Der arme Fidelspieler schüttelte den Kopf, denn solche Gunst war ihm nicht geheuer. Nach einiger Kunst der Überredung durch den Händler ließ er sich dennoch umstimmen. Doch nun fiel dem es dem Händler erst siedend heiß ein, welche Gerüchte aufkämen, wenn ihn nur eine einzige Person des Ortes in Gefolgschaft mit dem wilden Mann erblickte. Ja, dann wäre sein Ruf am Ort bald ruiniert und seinem Geschäft ein schnelles Ende gesetzt. Darum sann er nach wie nichts auffiele. Er verabredete sich für die folgende Nacht mit dem Fidelspieler und brachte zur vereinbarten Stunde Wams, Hosen sowie einen großen Schlapphut mit, die er ihm im Dickicht des Flussufers übergab.

Und sprach feierlich: „Ab morgen heissest du Hans Burkhard von Bramstetten, gleich nach mir, der ich Abraham Burkhard von Bramstetten heisse. Ich werde sagen, du seist ein Vetter ersten Grades und vorübergehend bei mir zu Besuch. Lass nur keinen Zweifel an dieser Geschichte aufkommen, dann werde ich dir fürs Nächste Brot und Unterschlupf gewähren“. Der Fidelspieler willigte erleichtert ein und war die folgende Nacht zum ersten mal in seinem Leben auf Eiderdaunen gebettet.

Am morgen schrubbte ihm die Magd den Leib, die spöttisch auflachte, dann aber Zuneigung zu ihm fasste, ihn anlächelte und ihm von Herzen ein besseres Schicksal gönnte, nachdem das harte Leben gar manche Spur an ihm hinterlassen hatte.
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