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13.09.2012, 03:45 | #1 |
Joe und Bob
Das Gras wächst, meine Damen und Herren. Die grüne Bühne eines namenlosen Nachttheaters. Stücke von Mäusen und Mücken krücken durch die Stunden und die Grillen zirpen. Bob ödet es alles an und alles macht ihn aggressiv. Er geht an einer Wiese entlang. Ein Baum, dessen dissoziative Identitätsstörung (Zwiesel) auf eine traumatische Windesmisshandlung zurückzuführen ist, tuschelt mit sich selbst. Bob sagt ihm, er soll die Klappe halten und tritt einen Stein, der sich stolpernd in einen Gulli flüchtet. Und eine Bierflasche, die er in einen Bach tritt, platscht ihm ironischen Beifall. Ein erschreckter Igel ballt sich darauf zur Faust. Was tut Bob? Er tritt die zackige Faust und schaut hinauf zum Himmel. Dem Mond fällt eine Sternschnuppe in den runden Rücken. Und Bob denkt sich, dass ketzerische Kometen getreten gehören. Die anstrengenden Sternmengen am Firmament drängen seinen Blick schnell zum Grund. Wo schwarze Asphaltblitze den Boden aufbrechen. Unkrauteiter quillt daraus hervor. Im Rinnstein ruht ein rotes, verlassenes Zigarettenhaus und wartet vergeblich auf einen Einsiedler. Das Meer ist zu weit entfernt. Bob erreicht die Innenstadt, deren flackerndes Licht ihn vor den Sternen schützt. Ein hektischer Himmel, der wenig Zeit für Gedanken lässt. Sein Himmel. Scherben schielen in seine Seele, seine Seele schielt zurück. Er biegt in eine Seitengasse ein.
Die stillen Stücke der Mäuse und Mücken beglücken den Mann. Er passiert eine Wiese und bestaunt glücksgelaunt und neugierig das Nachttheater der Natur. Die Sterne sehnen sich nach seinen Augen und sie bekommen ihr Pupillenpublikum. Versunken strahlt Joe (so heißt er) die Sterne an, die Sterne strahlen zurück. Ein Hund beheult den Mond, der Mond behellt den Hund. Joe, der schlendert, oft die Richtung ändert, geht, wohin der Wind ihn führt. Ein einzelnes Verkehrsschild schaut ihm scheu und neugierig geneigt nach. Dem sensiblen Typen mit Halbglatze und tiefen, traurigen Augen. Ein Vogelzirpen tropft ihm in die kahle Schädelschale. Benetzt die vielverletzte Seele (Balsam). Die Sterne sind mir lieber als die Menschen, denkt er sich. Joe verirrt sich in die Innenstadt, deren flackerndes Licht die kosmische Kirsche entsternt. Er biegt in eine Seitengasse ein. Bob und Joe treffen aufeinander. Joe senkt den Blick. Ein Schlag, er taumelt. Noch ein Schlag. Dumpfe Schatten. Joe kippt und Bob rennt davon. Am nächsten Tag wird Joe einen Brunnenrand aufsuchen. |
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13.09.2012, 05:47 | #2 |
Großartig.
Mit, wenn nicht sogar das Beste, was ich hier drin gelesen hab. Respektvollen Gruß Desperado |
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13.09.2012, 10:47 | #3 |
R.I.P.
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Ich schließe mich an.
Ein phantastischer Text, wortmächtig, überwältigend. Der Schluß stimmt mich traurig, war aber wohl nicht zu umgehen. Lieben Gruß von Thing |
13.09.2012, 12:08 | #4 |
Hallo Martin Laut!
Du hast hier interessanter Weise ein „Rendezvous“ (ich bin mal so frei) zwischen Joe (the Black) und Bob (the Marley) initiiert, wobei Bob die türmende Pfeife ist ... ... und das „scheue, neugierige" Verkehrsschild könnte das hier gewesen sein (Klick mich). Wahnsinns „verknäuelter“ Text, der inhaltsreich besticht. VG Pitti |
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13.09.2012, 20:26 | #5 |
Desperado & Thing:
Freut mich, dass es euch beiden so sehr gefällt. Pit Bull: Sei so frei, wie du wünschst. Schön, dass mein Text dich bestechen konnte. Abendliche Grüße, Martin Mut |
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