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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 11.09.2015, 20:30   #1
männlich Grumpy Papah Y
 
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Dabei seit: 09/2014
Ort: R`Lyeh
Beiträge: 101

Standard Pa Sithe

Pa Sithe

Draussen am Leuchtturm brüllt die See immer rauer
und es klabautert die Takelage einem Schlangennest gleich.
Die Flut hat schon längst ihren Höchststand erreicht
und das Meer frisst sich gierig durch die Gestaden der Küste,
selbst dort, wo eigentlich Ufer sein müsste
tun sich Wellen auf, hoch wie Jerusalems Mauern,
und branden in wilder, schaumiger Gischt.

"Lauft ein, ihr Narren, eh der Sturm euch erwischt
und eure Brigg im Schlund des Meeres versinkt.
Eilt euch, Matrosen, eh ihr alle ertrinkt!"
Doch die Segel hängen längst schon in Fetzen herab
der Mahlstrom zieht den Kahn in sein nasskaltes Grab,
und gerade als ihrer Wille sich zu behaupten erlischt
werden sie nahe der Kimmung einer Bewegung gewahr.

Durch die Abendluft flirrt der klamme Dunst von Gefahr
und der Abend färbt den Seegang mit schwelendem Rot.
Die See bricht über Deck wie der flüssige Tod,
sie nimmt so manchen Seemann mit sich über Bord
und reisst ihn in eiskalte Tiefen mit fort,
sowie das Klagen all jener, die man zum letzten Mal sah
geht blubbernd und gurgelnd dem Proteus entgegen.

Indes die Besatzung den Winden erlegen
nähert sich Achtern ein pechschwarzes Schiff
und ankert gar lautlos nah` des teuflischen Riffs.
Und von des Tagende blutroter Tränen beweint
die Gestalt eines Mädchens an der Reling erscheint.
Ihrer Augen leerer Höhlen funkleln boshaft im Regen,
die fahlen Lippen geöffnet, durch ihre Zähne quillt Blut.

Gedeihen tut auf ihr nur Pest und Skorbut,
und alles, was unter dem Deck sich befindet
sich mit fauligem Tauwerk und Leichentuch windet.
Der Rauch ihrer Lungen steigt in den Himmel empor,
Sankt-Elms-Feuer züngeln hinter dem Krähennest vor
und zittern und zucken in infernalischer Wut.
Ein Riss furcht das finstre Firmament entzwei,

unter Blitzen und Donner ihr entfesselter Schrei,
ein Horn wird geblasen und die Segel gesetzt,
Pa Sithe hat eingeholt und toten Beifang im Netz.
Die Zeit wird kommen um die Ertrunkenen zu trauern
und der Versunkenen Nachkommenschaft zu bedauern,
denn wer nicht tiefer geht wie ein Senklot aus Blei
der reiht sich in ihre Besatzung mit ein.

(von Tom Rothbucher, 11.09.2015)
Grumpy Papah Y ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.09.2015, 20:46   #2
männlich Jeronimo
gesperrt
 
Dabei seit: 10/2011
Alter: 70
Beiträge: 4.237

Hallo Grumpy,

das ist eine herrlich geschriebene Moritat, so recht für die ankernden Skipper, die sich in den Spelunken wüste Geschichten erzählen.
Sehr lebhaft und wortgewandt, hat mir sehr gefallen.

Jeronimo
Jeronimo ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.09.2015, 11:20   #3
männlich Grumpy Papah Y
 
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Beiträge: 101

Hallo Jeronimo
Vielen Dank für Dein Kommentar! Freut mich, wenn es Dir gefallen hat.
Gruß
Tom
Grumpy Papah Y ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.10.2017, 14:46   #4
männlich SuckerPunch78
 
Dabei seit: 10/2017
Beiträge: 7

Unheimlich und wortgewandt! Eine Ballade, die seinesgleichen sucht!
SuckerPunch78 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.10.2017, 16:46   #5
männlich Sonnenwind
 
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Beiträge: 1.514

Tja, beeindruckend irgendwie, wenn auch nicht fehlerfrei. Auch ziemlich schwungvoll und plastisch...

Was ich mich bei solchen Texten immer frage - wozu braucht man sie? Um etwas Bedrängendes zu verarbeiten? Weil das Schaurige so schön ist, so aufregend, so prickelnd? Weil man die Angst... mittels Desensibilisierung überwinden möchte? Weil man zeigen möchte, dass man sich vor nichts fürchtet?

Keine Ahnung.

Trotzdem - ziemlich gut gemacht.

LG
Sonnenwind

P.S. "blubbernd und gurgelnd" fällt unseriös wirkend aus dem Rahmen!
Sonnenwind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.10.2017, 17:12   #6
männlich Grumpy Papah Y
 
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Beiträge: 101

Danke euch beiden für euer Feedback!

@Sonnenwind
Demnach frage ich mich allerdings, wozu man überhaupt irgendeine Form des künstlerischen Ausdrucks "braucht". Das Gedicht ist, wie Jeronimo erkannt hat, eine einfache kleine Moritat, ein Seemannsgarn, das versucht mit Worten ein beunruhigendes Bild zu malen.
Danke fürs kommentieren nach so langer Zeit :-)
Grumpy Papah Y ist offline   Mit Zitat antworten
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