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Alt 29.06.2012, 17:05   #1
weiblich ohneReim
 
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Beiträge: 9

Standard Besessen

Ich weiß genau, was du fühlst. Für ihn. Du lächelst beseelt, wenn du an sein Gesicht denkst. Wenn er dir eine NAchricht schreibt bist du für Sekunden gelähmt. Du zitterst vor Aufregung. Ein Jauchzen vielleicht. Wenn er redet stockt dein Atem, dein Herz hört kurz auf zu schlagen, damit du ihn nicht übertönst. Jede Regung könnte zu laut sein und du würdest verpassen, was er sagt. Du stellst dir vor, wie er dich küsst. Schmerz und Glück zugleich. Ohja! Ich weiß, wie du dich fühlst. Ich denke so von dir.
Stelle mir vor, wie es wäre, wenn du mich küsst. Im ersten Moment Glück, weil mich dieser Gedanke fliegen lässt. Schmerz, weil ich weiß, dass es ein Gedanke bleibt. Schmerz, weil ich weiß, dass du nicht von mir nachts träumst, sondern von ihm. Ich will lachen! Ich will weinen! Ich kann beides nicht. Ich wirke wie ein Stein von außen, obwohl ich innerlich in einem reinen Gefühlschaos ersticke. Dieser ständige Zwiespalt zwischen Schmerz und Glück lässt mich sterben.
Ich saß auf einer rosanen Wolke mit einer rosanen Brille auf der Nase.
Du warst für mich ein Ruhepol.
Das, worauf ich mich in meinen Gedanken anlehnte, um mal abzuschalten.
Das, was mich lehrte ohne zu atmen zu leben.
Das, was ich meinen Kompass nannte.
Das, was mich glauben ließ, Gefühle zu haben. Glückliche GEfühle.
Das, wovon ich stundenlang erzählen konnte, ohne mich zu wiederholen.
Das, was mir hoffnungslose Hoffnungen gemacht hat.
Das, was ich glaubte, sei das Schönste auf dieser Welt.
Das, was mich Sekunden auf einen Höhepunkt der Gefühle katapultieren ließ.
Aber leider auch genauso schnell wieder runter. Zwei Worte, die das alles zerstört hatten. Zwei Worte, die mir meine rosane Brille abnahmen. Nun erkannte ich, dass die rosane Wolke eigentlich schon immer grau gewesen war. Es fängt an zu gewittern. Du liebst Gewitter. Ich hasse es. Genauso wie ihn. Kein Regen, sondern bloß Blitze. In meinem Kopf ist alles wirr. So kannte ich dich nicht. Wer bist du und was hast du mit dir gemacht? Seit wann bist du so unsensibel? Ich dachte, du wüsstest Bescheid. Ich dachte so viel über dich. Ich habe so viel von dir gehalten. Hatte ich mich geirrt? Hatte ich mir ein Fantasiebild ausgedacht, dem du nicht entsprachst?
Langsam fange ich an, einen Weg durch das Gewitter zu suchen. Ich stelle mir eine Leiter auf. Doch sie ist brüchig und lässt mich immer wieder zurück auf diese Wolke fallen. Zurück zu dir.
Ich will dich vergessen, doch du lässt mich nicht. Nichts lässt mich. Es soll nicht sein. Zu viel erinnert mich an dich. An dein Lächeln, an deine unperfekten Haare, an deine Augen, deine Füße, deine Nase, an deine Lippen, deine Stimme, an deine kaputte Hose. Ja! Selbst an deinen Scheißhund.
Ich gerate in Angstzustände, wenn ich einen grünen Punkt neben deinem Namen sehe. Es ist so albern, weil du mich ja sowieso nicht anschreibst, aber vielleicht willst du mich fragen, wie es war, mir erzählen, wie der Trip nach Paris war, mir erzählen, wie es mit ihm läuft. Ich will diese Dinge wissen. Insgeheim warte ich nur darauf. Jede Kommunikation mit dir würde mich aber innerlich in Tausend Teile reißen, also fliehe ich. Ich könnte meine Kontrolle verlieren und plötzlich hätte ich dir ein "Hey " gesendet. Ich zerbreche mir jedes mal aufs neue den Kopf, wie ich dich anschreiben soll, worüber ich mit dir reden soll, wenn dieses grüne Pünktchen neben deinem Namen leuchtet, aber jetzt ist es anders. Ich gerate in Panik, bin unkontrollierter als sonst. Was stelle ich als nächstes an? Deshalb fliehe ich, versuche mich vor dir zu verstecken. Es gelingt mir nicht, denn ich sehe dich überall. Im Radio läuft ein Lied, das mich an dich erinnert. Auf meinem iPod, meinem Handy.. Von dort aus schaust du mir sogar direkt ins Gesicht. Genau wie auf meinem Laptop. In meinem Buch ist ein Beagle namens Lucy.
Ich kann dich einfach nicht vergessen, weil du überall bist! Alles, was ich denke, tue oder sage bringt meine Gedanken zu dir. "Was hätte sie dazu gesagt? Wie hätte sie gehandelt?" Alle sind genervt, weil ich nur noch von dir rede, aber ich kann nicht anders! Ich kann meine Gedanken kaum auf etwas anderes lenken. Wie sollte ich denn dann von etwas anderem reden? Das ist komplett unmöglich! Sag mir, wie ich von dir loskomme! Ich bin besessen von dir! Du hast dich in mir verewigt! Wie soll ich anfangen dich zu vergessen, wenn du einfach so perfekt unperfekt bist?!
Vielleicht bin ich auf dem richtigen Weg. Mein Wille ist da. Meine Willenskraft jedoch gering. Ich habe alle Bilder von dir aus meiner Nähe geschaffen. Die Gedanken bleiben. Aber nicht für immer. So lange ich mich daran festhalte.
Es ist verdammt schwer, den Menschen vergessen zu wollen, bei dem man nichts findet, was man nicht mag. Die Person, in die man irgendwie schon immer hoffnungslos verknallt war, aber gleichzeitig auf einer freundschaftlichen Basis eine Art Beziehung hatte. Ich kannte dich! Kannte ich dich? Nein, du bleibst das Rätsel meines Lebens, das ich mir zur Aufgabe gemacht hatte zu lösen. Jedes GEspräch brachte mich ein kleines bisschen zur Lösung und zu dir. Nun muss ich das aufgeben, um mich nicht selbst zu verschlüsseln.
Blitze reichen. Regen braucht niemand. Denn, wenn ich eine Träne für dich vergossen habe wird es nie mehr enden. Blöd nur, dass ich nicht nur eine Träne vergossen habe. Sie rannen einfach so über mein Gesicht, ohne, dass ich eine Mimik verzog. Also ist es vielleicht noch nicht zu spät. Für Nieselregen braucht man keinen Regenschirm. Ich kann mich noch vor dir schützen.
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besessen, schmerz, vergessen



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