Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Philosophisches und Nachdenkliches

Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 15.09.2023, 10:06   #1
weiblich fl131
 
Dabei seit: 09/2023
Beiträge: 5

Standard Schatten und Licht

Wir können nur verlieren
was wir besitzen

Wir können nur verlieren
was wir unser Eigen nennen

Manchmal kommt es vor,
dass wir den Weg, den wir beschreiten wollen
über den Rand des sicheren weißen Papiers
in den Himmel malen.

Schritt für Schritt gehen wir vorwärts
immer weiter
doch der Weg nimmt kein Ende
erstreckt sich über den Horizont
verlässt die Grenzen dieser Welt
und geht weiter.

Bahnt sich seinen eigenen Weg
in den Himmel
dort, wo Grund und Boden
Sicherheit und Halt
Anziehung und Schwerkraft
gegen Freiheit und Grenzenlosigkeit
ausgetauscht werden.

Wir verlieren den Bezug
denn das gewohnte System
hat sich wie eine Wolke
bestehend aus Milliarden individueller Wassertröpfchen
aufgelöst

Dort oben
fallen wir nicht
schweben wir nicht
fliegen wir nicht

Dort oben
gibt es keine anziehenden und abstoßenden Kräfte
keine Wechselwirkungen
keine Beschränkung
keine Einschränkung
keine Grenzen
Dort oben obliegt Freiheit

Manchmal kommt es vor
dass der Weg, den wir vor uns in den Himmel malen
sich über den Horizont hinaus erstreckt
Berge scheinen so hoch
dass sie die Grenzen dieser Erde durchbrechen
und ihre Gipfel wie die Spitzen der Eisberge
durch die Decke des Himmelsmeeres stoßen
und sich in die Unendlichkeit des Universums erstrecken

Manchmal kommt es vor
dass der Weg nach unten zu bröckeln beginnt
und der Boden unter unseren Füßen
locker und lose
in der Summe vieler einzelner Bruchstücke
ins Rollen gerät

Wir sind nicht wagemutig
wir werden wankelmütig
verlieren das Gleichgewicht
und haben Angst
Angst vorm Scheitern
Angst vorm Fallen
Angst vorm Aufprall
Angst dort unten zu liegen
und von euch
von oben herab
betrachtet und bewertet zu werden

Manchmal kommt es vor
dass der Rucksack, den wir tragen
den wir für unsere Reise gepackt haben
zu schwer für unsere zarten Schultern scheint
und die Schuhe, die wir tragen
die uns Schritt für Schritt unseres Weges
weiter nach vorne begleiten
uns Halt und Standfestigkeit geben sollen
zu groß für unsere müden Füße erscheinen
lose und ungesteuert
gleiten uns unsere Begleiter
die uns einstweilen Schutz und Sicherheit geboten haben
eigensinnig von dannen
und fort an
scheint der Weg unbequem und beschwerlich

In diesen Zeiten
wenn alles zu groß und unüberwindbar erscheint
wenn der Nebel so dicht
dass wir ziellos umher irren
wenn der Aufstieg so steil
dass das Ziel fern außer Sicht
wenn die Erde so heiß
dass die Grenze zum Himmel zu flimmern beginnt
wenn der Regen so stark
dass die Welt nicht mehr zusammenhält
wenn der Wind so laut
dass die Musik unserer Mutter Natur verstummt
und das Gezwitscher der Vögel
und der Gesang der Bäume
und das Lied des fließenden Wassers
und die Stimme des Meeres
unerreichbar für unsere Ohren
und nur noch das Rauschen und Tosen
das Fließen und Strömen übrig bleibt
Dann kann es passieren
dass wir unsere Hoffnung verlieren
uns angesichts der Aufgabe
die uns im nächsten Schritt bevor steht
zu klein und zu schwach fühlen

Aber so dunkel und aussichtslos der Weg auch erscheinen mag
Manchmal kommt es vor
dass die Sonne die Nebelfelder zerreißt
und die warme milde Luft
den Zorn des Windes
und die Trauer des Regens lindert
das Licht breitet sich aus
und lässt die Hoffnung neu erstrahlen

Wir können unsere Hoffnung verlieren
aber wir können nicht das Licht verlieren
dass wie eine eigene Sonne in unserer Brust strahlt
denn ebenso wie unsere größten Träume
tiefsten Sehnsüchte
und unerfüllten Wünsche
können wir auch unsere Angst verlieren

Und manchmal
da kommt es vor
dass wir unsere Angst gegen Mut und Zuversicht
im Angesicht des Lichts der Gestirne tauschen
dass unserer Seele Flügel wachsen
und wir die Freiheit zurückgewinnen
die wir uns im Schatten
der zu großen Aufgaben
einst selbst genommen haben
und mit dieser Freiheit
und mit dieser Leichtigkeit
ist es möglich
selbst die höchsten Berggipfel zu beschreiten
über den Rand der Welt
und die Grenzen des Horizonts hinaus
die Spitzen fern über dem Himmelsmeer zu erreichen
und wir sind frei
frei von Angst

Wir können nur verlieren
was uns gehört
aber was gehört uns schon?
Wenn wir den Mut aufbringen
und ehrlich zu uns sind
können wir nichts verlieren
sondern nur gewinnen
und wachsen
an den Aufgaben
die wir uns
im Angesicht des Lichts der Hoffnung
und nicht im bedrückenden Schatten der Angst
selbst auferlegen
fl131 ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Schatten und Licht



Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Vom Schatten zum Licht OpheliaWinter Düstere Welten und Abgründiges 0 15.02.2007 21:19
Schatten und Licht lord_dracul Gefühlte Momente und Emotionen 2 02.11.2006 20:07
Licht und Schatten Naminé Sonstiges Gedichte und Experimentelles 0 28.10.2006 12:37
Licht und Schatten Wyki the first Düstere Welten und Abgründiges 0 02.06.2006 20:19
Zarcande - Die Legende von Licht und Schatten Lythis Geschichten, Märchen und Legenden 1 26.02.2006 00:38


Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.