Ich sehe was, das du nicht siehtst ... bei Poetry.de

Ilka-Maria · 30.01.2016, 22:28

Manche Menschen sind etwas Besonderes. Sie sehen Dinge, die den meisten anderen Menschen verborgen bleiben. Wie zum Beispiel den Portier, der von der Hausverwaltung für ein stinknormales Mietshaus engagiert wurde, um den Ein- und Ausgehenden die Tür aufzuhalten und diese hinter ihnen wieder zu schließen. Die Ein- und Ausgehenden verlassen sich darauf, dass die Haustür ohne ihr Zutun geschlossen wird. Wofür sonst hat man einen Portier? Gute Frage. Dieser nur für eine Minderheit sichtbare Portier scheint jedoch in schöner Regelmäßigkeit abgelenkt oder eingeschlafen zu sein, denn die Haustür bleibt weit offen: Kein Portier schickt sich an, hinter der gerade vom Chauffeur empfangenen und abtransportierten Majestät die Haustür zu schließen. Also spaziert alles munter ins Haus, was oder wer so will: im Winter die Kälte, im Sommer die Hitze, bei Sturm die Zugluft, Hausierer, Vertreter oder die Auskundschafter für die nächsten Einbrüche. Da kann ich nur hoffen, dass die hoheitlichen Mitbewohner, die sich die Finger dabei verbrennen könnten, die Tür hinter sich zuzuziehen, des Märchen-Kaisers Kleider tragen – und dass sie die einzigen sind, die diese Kleider sehen.

Schippe · 31.01.2016, 14:34

Hallo Ilka

Nachdem ich deine Zeilen gelesen habe, kramte ich ein Buch (... und jeder König nur ein Gast von Ernst Scherz/ein berühmter Hotelmanager) hervor. In meinem Weltbild ist der Portier nur noch im Hotel vertreten. Oder er kommt für mich aus einer anderen Zeit.
Die letzten Zeilen brachten mich zum Schmunzeln, wie du dir Luft machst. Man könnte denken, dass deine Mitmieter den Umgang mit der Haustür nicht verstehen. Und du ihnen durch Nacktheit (evtl. Scham) und gefühlter Kälte den Umgang wieder beibringen willst.
Ich lebe in einem ruhigen Haus direkt neben der Haustür. Ein halbes Jahr war ich dann doch extremer Lautstärke durch dazugezogene und deren Türenfolter im Stundentakt ausgesetzt, bis sich die Mitmenschen im Haus auflehnten. Ich kann also deinen ärger verstehen.

Liebe Grüße

Ilka-Maria · 31.01.2016, 15:54

Zitat:

Zitat von Schippe

Ich kann also deinen ärger verstehen.

Danke für's Lesen und Kommentieren, Schippe. Ärger ist ein zu hartes Wort, dazu sehe ich das Verhalten von Menschen zu nüchtern. Da kann man sich nur mit Ironie Luft machen.

Es ist wohl eher eine Mischung aus Gedankenlosigkeit und Bequemlichkeit, vielleicht kommt manchmal auch Rücksichtslosigkeit dazu, aber das zu unterstellen geht mir eigentlich zu weit. Jeder kennt den Spruch: "Der letzte macht das Licht aus." Aber im Zeitalter der Individualität schaut sich eben niemand mehr um, ob er der letzte in der Reihe ist, sondern setzt vielmehr voraus, dass schon noch einer kommt, der zuständig ist.

Schönen Sonntag und beste Grüße
Ilka

Ex-Poesieger · 31.01.2016, 17:59

Mein Portier hat mir dafür eine reingehauen.

MFG!

Ilka-Maria · 31.01.2016, 18:17

Zitat:

Zitat von Poesieger

Mein Portier hat mir dafür eine reingehauen.

MFG!

Verwechslungen können vorkommen. Immerhin: Du lebst noch!

Ex-Poesieger · 31.01.2016, 19:14

War das nicht sehr mutig von mir? Dies zum öffentlichen Erfahrungsschatz beizutragen.

Ilka-Maria · 31.01.2016, 22:27

Zitat:

Zitat von Poesieger

War das nicht sehr mutig von mir? Dies zum öffentlichen Erfahrungsschatz beizutragen.

Nein.

30.01.2016, 22:28	#1
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Favoriten	Ich sehe was, das du nicht siehtst ... Manche Menschen sind etwas Besonderes. Sie sehen Dinge, die den meisten anderen Menschen verborgen bleiben. Wie zum Beispiel den Portier, der von der Hausverwaltung für ein stinknormales Mietshaus engagiert wurde, um den Ein- und Ausgehenden die Tür aufzuhalten und diese hinter ihnen wieder zu schließen. Die Ein- und Ausgehenden verlassen sich darauf, dass die Haustür ohne ihr Zutun geschlossen wird. Wofür sonst hat man einen Portier? Gute Frage. Dieser nur für eine Minderheit sichtbare Portier scheint jedoch in schöner Regelmäßigkeit abgelenkt oder eingeschlafen zu sein, denn die Haustür bleibt weit offen: Kein Portier schickt sich an, hinter der gerade vom Chauffeur empfangenen und abtransportierten Majestät die Haustür zu schließen. Also spaziert alles munter ins Haus, was oder wer so will: im Winter die Kälte, im Sommer die Hitze, bei Sturm die Zugluft, Hausierer, Vertreter oder die Auskundschafter für die nächsten Einbrüche. Da kann ich nur hoffen, dass die hoheitlichen Mitbewohner, die sich die Finger dabei verbrennen könnten, die Tür hinter sich zuzuziehen, des Märchen-Kaisers Kleider tragen – und dass sie die einzigen sind, die diese Kleider sehen.

31.01.2016, 14:34	#2
Schippe Dabei seit: 09/2013 Beiträge: 207	Es zieht Hallo Ilka Nachdem ich deine Zeilen gelesen habe, kramte ich ein Buch (... und jeder König nur ein Gast von Ernst Scherz/ein berühmter Hotelmanager) hervor. In meinem Weltbild ist der Portier nur noch im Hotel vertreten. Oder er kommt für mich aus einer anderen Zeit. Die letzten Zeilen brachten mich zum Schmunzeln, wie du dir Luft machst. Man könnte denken, dass deine Mitmieter den Umgang mit der Haustür nicht verstehen. Und du ihnen durch Nacktheit (evtl. Scham) und gefühlter Kälte den Umgang wieder beibringen willst. Ich lebe in einem ruhigen Haus direkt neben der Haustür. Ein halbes Jahr war ich dann doch extremer Lautstärke durch dazugezogene und deren Türenfolter im Stundentakt ausgesetzt, bis sich die Mitmenschen im Haus auflehnten. Ich kann also deinen ärger verstehen. Liebe Grüße

Ähnliche Themen
Thema	Autor	Forum	Antworten	Letzter Beitrag
Etwas	Patrick B.	Gefühlte Momente und Emotionen	0	27.01.2013 18:14
Etwas	Ex-Erman	Liebe, Romantik und Leidenschaft	4	03.05.2012 14:39
ein etwas	skinspiration	Zeitgeschehen und Gesellschaft	0	23.04.2011 23:56

31.01.2016, 17:59	#4
Ex-Poesieger abgemeldet Dabei seit: 11/2009 Beiträge: 7.222 Meine Favoriten	Mein Portier hat mir dafür eine reingehauen. MFG!

31.01.2016, 19:14	#6
Ex-Poesieger abgemeldet Dabei seit: 11/2009 Beiträge: 7.222 Meine Favoriten	War das nicht sehr mutig von mir? Dies zum öffentlichen Erfahrungsschatz beizutragen.