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Alt 19.03.2008, 15:27   #1
riekeDS
 
Dabei seit: 12/2007
Beiträge: 29


Standard Katastrophe eines Unbekannten

Katastrophe eines Unbekannten

Es gibt viele Katastrophen an denen die Welt zerbrechen könnte:
Hungersnöte, Atomwaffen, Überbevölkerung und schließlich der Klimawandel.
Aber heute zerbrach die Welt, als eine Kaffeetasse zu Boden fiel.
So ist es doch aber nicht nur die Lieblingstasse, die dem bedeutend Unbekannten aus der Hand entglitt, weil ihn das einfallende Licht wegen des übergroßen Spiegels geblendet hatte. Nein, nein, es war DIE Tasse, die die er von seinem Chef (das Wort “Vorsitzender” benutzte er ungern) bekommen hatte, die mit dem royal blauen Firmenlogo, die die er nur seine Frau abwaschen ließ, die mit der er die Welt erkennen konnte.
Diese Tasse lag jetzt in mehren Bruchstücken und in ein paar Keramikbröseln vor seinen Füßen, er sah sie ganz deutlich vor sich, wenn er in den Spiegel blickte. Er traute sich nicht dem Unglück direkt in die Augen zu sehen.
Eine Flut von Fragen überrollte ihn, er wollte nach Luft schnappen, aber er behielt die Fassung.
Dann benutzte er eben eine andere Tasse, eine bessre Tasse, eine Tasse, die ihm noch würdiger war.
Doch so eine Tasse gab es nicht!
Jeder aus der Firma trank jeden Morgen aus dieser Tasse, freilich tat dies jeder bei sich zu Hause, so dass man eigentlich nicht hätte wissen können, dass die anderen aus dieser Tasse tranken, aber alle wussten es, denn sie waren aufrichtig, vereint und ehrlich, genau wie das royal blaue Logo.
Wie sollte er ihnen je wieder in die Augen blicken,… mit Selbstsicherheit könnte er mit der Blümchentasse seiner Mutter auftreten…. Seine Gedanken nahmen kein Ende.
Er saß in der Bahn und umklammerte den Klappregenschirm, er fuhr wie gewohnt mit dem Fahrstuhl in den 1. Stock und nun stand er in der Kaffeeküche seiner Abteilung.
Sein Blick fiel auf eine Firmentasse und schon in der nächsten Sekunde schien die zerbrochene Welt auf dem Flanellteppich daheim keine Rolle mehr zu spielen. Er konnte sich an solch einer Kleinigkeit schließlich nicht ewig aufhalten.
Er musste einschreiten und er musste seine Welt retten!
Seine Hand zitterte vor Mut, schon im nächsten Moment spürte er die Kaffeetasse in seiner Aktentasche. Diese Kaffeetasse war nun seine, sie gehörte nun ihm, sowieso, er war ja wohl immerhin der bedeutendste der 1587 Mitarbeiter.


lieber gruß
friederike
riekeDS ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.04.2008, 17:35   #2
Macy
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 359


Hey Rieke,

die ersten 15 Zeilen, wo es nur ums Zerbrechen der Tasse geht, sind für den Leser ziemlich lang und man fragt sich (ging jedenfalls mir so), ob es sich lohnt weiterzulesen. Wenn man dann fertig gelesen hat, merkt man aber, dass die Zeilen schon irgendwie nötig waren, um zu zeigen was dsa fürn Psycho ist, der wegen der Tasse so nen Aufstand macht. Krass ist, dass der dann die eine Tasse klaut, es zeigt halt echt, wie so kleine 08/15 Spießer sein können...

Insgesamt ne nette Geschichte,

Lg, Macy
Macy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.08.2010, 07:31   #3
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998


Halli Hallo, Rieke -


das geht ja schon in die Nähe von Kafka (das soll ein Kompliment sein!) und ist dermaßen tiefgründig, daß man mehrmals lesen muß.
Das wäre ein hochinteressantes Thema für einen (wortlosen) Kurzfilm.

Ich bin in diese KG eingestiegen und ließ mich hinabfallen.

Doll!


Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
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