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Alt 10.02.2015, 12:00   #1
Hans Werner
 
Dabei seit: 03/2008
Beiträge: 84

Standard "Si vis pacem..."

Si vis pacem...

Schwerer Schnee liegt auf den Bäumen,
drückt die Äste bis zur Erde,
lastet auch auf unsern Träumen,
ob denn endlich Friede werde.

Römer lehrten uns vor Zeiten, 1)
um den Gegner zu bezwingen,
müsse man den Krieg bereiten,
das allein mag Frieden bringen.

Nun, da bin ich andrer Meinung,
lass nicht ab von meinem Hoffen,
nicht dem Geiste der Verneinung
steht der Meinungsfriede offen.

Wo die Völker sich bekämpfen,
muss man nach den Gründen suchen,
muss die Hassgefühle dämpfen,
und erforschen, wess‘ sie fluchen.

Wohl scheint das Böse übermächtig,
kitzelt sich im heißen Blute,
doch geduldig und bedächtig
siegt am Ende doch das Gute.

1) "Si vis pacem, para bellum"
Hans Werner ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.03.2015, 11:57   #2
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Schön gesagt!
Hoffentlich kein Wunschtraum, Hans-Werner!

Ich unterschreibe jeden Vers!

LG
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.03.2015, 17:23   #3
männlich Ex-Larkin
abgemeldet
 
Dabei seit: 06/2014
Ort: Brandenburg (im hintersten Loch)
Alter: 29
Beiträge: 573

Da muss man doch gleich auch noch an Plutarch denken: "Ach ja, Infanterie...arme Schlucker!" Und natürlich Erasmus: "Wer es süß und ehrenvoll findet für das Vaterland zu sterben, der weiß nicht was Krieg ist"

Allerdings eine Sache will ich doch bemerken, so ehrbar die Aussage deines Werkes auch ist. Ich finde es großartig, dass du nach Gründen forderst, statt abzuurteilen - allerdings begehst du dann ebendiesen Fehler mit der folgenden Zeile:

Zitat:
Wohl scheint das Böse übermächtig,
kitzelt sich im heißen Blute,
doch geduldig und bedächtig
siegt am Ende doch das Gute.
Du fragst nach Gründen, du willst die Ursache des Leids und der Kämpfe herausfiltern ... um dann in der letzten Strophe in die Oberflächlichkeit des angeblichen Dualismus der Welt zu verfallen. "Gut und Böse" - damit urteilst du ab, damit verwirfst du den Sinn nach Ursachenforschung, damit wird festgelegt von vorneherein, welche Partei das Recht beanspruchen kann, die tatsächliche Menschenfreiheit zu vertreten.

Forderst du die Ursachen, wirst du nicht "Böses" bekämpfen müssen - zumindest nicht insofern, als dass man bei einer derartigen Forschung nicht auch selbst seine Schattenseiten - und die Schattenseiten der "geliebten Nation" - herausarbeiten würde. Suchst du nach der Ursache für Terror, wirst du Hoffnungslosigkeit als Grund feststellen können - ein Tier (und nichts mehr ist der Mensch, im Wesentlichen zumindest scheint er das zu sein), welches gegen die Wand getrieben wurde, wird den Angriff wagen. Niemand ist gefährlicher als der, der überhaupt nichts zu verlieren hat - und haben diese Kämpfer denn zu verlieren?

Und würdest du der Hoffnungslosigkeit das Prädikat des "Bösen" beigeben?

Die Grundaussage allerdings ist natürlich zu unterschreiben - ich habe dein Gedicht gerne gelesen.

Liebe Grüße,
Larkin
Ex-Larkin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.03.2015, 00:32   #4
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 954

Hallo Hans Werner,

ein beachtliches Gedicht liegt hier vor mir. Beachtlich, nicht zuletzt des Themas wegen.

Inhalt:
Du malst in S1 ein bedrückendes Winterbild ("schwerer Schnee", "drückt", "lastet") und spannst über unsere Träume einen Bogen zum Frieden. In den weiteren Strophen bringst du sehr unverblümt Gedanken zum Krieg, seinen Gründen und vor allem seiner Vermeidung vor. Leider bleibt das Winterbild am Anfang allein. Du greifst es nicht wieder auf und zeichnest auch weiterhin kaum starke Bilder, was wiederum dem Thema allerdings sehr angemessen ist. S1, genauer dessen erste Hälfte, wirkt dadurch leider etwas deplaziert. Allerdings korrespondiert der Winter mit der Form und dem sonstigen Inhalt insoweit, als er für Kälte (kühle Argumente), Frische (Bruch mit überkommenen Traditionen) und Klarheit (siehe auch unten) steht. Man kann diese "Unstimmigkeit" somit auch als absichtlichen Stubs dahin sehen, sich als Leser bitte genauere Gedanken zu machen.

In S3 bemühst du den "Geist der Verneinung" Ich verstehe es als Anlehnung an "Ich bin der Geist, der stets verneint.", aus Faust, J. W. v. Goethe, vor allem mit der Bedeutungsebene "Zerstörung, kurz das Böse".
Ihm soll kein "Meinungsfriede" offenstehen (S3V4). Wer Böses tut, wer Krieg und Zerstörung herbeiruft, soll selbst keinen Frieden finden, zumindest keinen vor der Meinung der Andersdenkenden.

Mit dem Thema "Krieg" erschaffst du hier einen gelungenen Aufruf für Frieden und Vernunft. Krieg sollte bald nur noch ein Krieg der Meinungen sein, nicht mehr der Waffen. Dieses titelgebende Relikt aus Römerzeit ("Si vis pacem..."), übrigens schön für wenig latinophile Leser mit der Fußnote besetzt, gehört mit Geduld bekämpft (S5V3) auf dass am "Ende doch das Gute" (S5V4) gewinnt und Frieden herrscht. Durch diese Verbindung zwischen S1 und S5 schließt sich der Kreis.
Man mag es klischeehaft finden und abgedroschen. Ich jedoch finde es wichtig, dieses Thema immer und immer wieder auf das Tapet zu bringen, in jeder nur erdenklichen Form.

Rhythmus:
Du hälst ihn konsequent durch. Die unverschnörkelten Aussagen deines Gedichtes werden durch das klare und gut lesbare Metrum voll unterstützt.
Ein einziger Bruch entsteht in S5V1, ohne dass sich mir sein Sinn aufdrängen würde. Mein Vorschlag dazu: "Wohl scheint Böses übermächtig,"

Reimform:
Du nutzt ausschließlich reine Kreuzreime, verwebst somit klare Gedanken zu einem gemeinsamen Strang,
unterstützt von einer stringenten Form.

Fazit:
Ein großes Lob von mir für ein weit überwiegend stimmiges Werk.

Viele Grüße sendet
Stachel
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
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