Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Gefühlte Momente und Emotionen

Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 27.07.2006, 21:33   #1
männlich Ricardo
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 31

Standard Entautomatisierungsversuche

Den Blick aufrichten und ich sehe:
vier Balken, zum Viereck geformt, darin die Welt,
ich selektiere Input, filtere Geräusche heraus,
streiche sie und konzentriere mich auf Visuelles:
ein Mensch, ein redender augenscheinlich,
denn Ober- und Unterlippe kommen
sich näher, nur um sich wieder zu entfernen.

Dazu sieht man manchmal seine Zunge und
man erwartet Großes, denn gespalten ist sie nicht.
Gut, vielleicht ist es das wert, denkt man und
fängt an, die Augen zu schließen und die
Ohren zu öffnen (nur nicht zuviel der Sinne
auf einmal möchte man meinen).

Er redet wirklich, Laute bilden Worte
und die wiederum ergeben so schön
aneinandergereiht eine komplizierte Syntax,
nur das mit der Bedeutung ist schwierig:
das Zuhören ist nicht schwer, das Aufnehmen
erscheint auch nicht unmachbar zu sein, aber...
was bedeutet es... für mich... für den Mann,
der, ja, der im Hintergrund so unbeteiligt
Einkaufstüten trägt...

Also, Denkprozesse einleiten, in Fahrt kommen,
das Glas nachfüllen und sich selbst einbringen...
zwei, drei, vier Minuten und ich verstehe
die Bedeutung, doch da kommt etwas,
etwas Großes und Wichtiges, ich merke,
es quält sich heraus aus Hirnwindungen,
schwache Ströme leiten Inhalt weiter,
gelangen bis zur Kehle, vorbei am Zungenschleim.

Sie bilden Töne, Wörter, Syntax und Bedeutung
und ich empfinde väterlichen Stolz über einen
frisch geborenen Gedanken, der noch unbeholfen
einen Rezeptor in der Außenwelt sucht...
fünf Sekunden später verwandelt sich der Stolz,
dreht sich herum, geknickt und vernichtet,
verbrannt und erloschen... sucht den
Grund seiner Existenz und findet ihn nicht,
denn der Gedanke ist gestorben, hat kein
Gehör gefunden und deshalb (seiner Ansicht nach)
keine Daseinsberechtigung;


Scharfe Spitzen der Einsicht schneiden sich in
mein Bewusstsein und zwingen sich mir auf:
die Lippen bewegen sich noch immer aufeinander
zu und voneinander weg...
wie denn Antwort geben, Einwände bringen,
bei einem Monolog?
Ich schalte weiter, schalte die Ohren aus,
lasse Augenlider sich berühren,
folge inneren Richtlinien und stehe vor IHU.

IHr Geruch und meine Sinne
IHr Geist und mein Ohr...
Doch trotz Gegensätzlichkeiten
gegenseitiges Verstehen-Wollen
und falls das nicht möglich ist
zumindest Assoziatives beiderseits

So blicke ich tief, tief auf eine... was?
„Seele“ sagte mir ein Bekannter einmal,
ach so, „Seele“ ich verstehe... nichts...
aber doch, ich sehe tiefe Fundamente
des Verständnisses aus Diamant gebaut;

Ich reiße den Blick aus meinem Körper und
es scheint, als ob Sinn sich meiner „S.E.E.L.E.“
bemächtigt und ich verlange bebend
einen letzten Vergleich, zwinge meine Augen
in den tödlichen Ring, begrenzt durch vier Balken.
ich schalte ein: Gehör, Geist, Wille zur Vernunft.

„Viel Spaß bei Marienhof wünscht Ihnen die
Spargelcreme-Suppe von Maggi Meisterklasse...“

Der Blick wird ermordet, wandert nach innen
und sucht das Fundament, das Gehör erschießt sich
aus Verzweiflung, der Geist verdurstet,
der Wille flieht dorthin, wo er nicht gefunden wird.
Ein letzter Schluck 30 % Vol Vergessens wird genommen.
„Es ist Zeit“, sage ich und stehe auf.
Ricardo ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.07.2006, 17:40   #2
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Standard Allgemein

Hallo,

ich finde deine Sprache hat Aussagekraft. Du hast ein paar Stellen die nicht schlecht sind.

Die beste ist wie ich finde:

"Sie bilden Töne...".

Eines fällt mir jedoch auch an dieser Textstelle auf:

Man erwartet an der abschließenden Zeile einen anderen Rhytmus, wie Du ihn gibst. Ich kenne keine Fachbegriffe, nur meine Intuition, und die sagt mir da sind 1 bis 2 Silben bzw. Worte zu viel.

Es ist ein sehr prosaischer Text. Das Verhältnis wie du verschiedenen Dingen deine Aufmerksamkeit (dein Worte) widmest, ist für mich etwas unstimmig.

Insgesamt finde ich den Text aber gut.
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.08.2006, 10:01   #3
männlich Ricardo
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 31

Standard RE: Allgemein

Hallo,

ja, stimmt, die Stelle muss ich noch mal überarbeiten, wenn ich die Zeit finde. Ich habe in dem Gedicht kaum auf den Rhythmus geachtet, er war mir ziemlich unwichtig. Wichtig war mir, für die drei Themen möglichst viele verschiedene und gut funktionierende Metaphern zu finden.
Das ist bisher auch erst die erste Version, die ich in 20 Minuten an irgendeinem Abend heruntergeschrieben habe, deswegen wohl der erzählende Stil. Vielleicht kann ich noch irgendwann dran schrauben und die Prosa ein wenig raus nehmen, mal schauen.


Vielen Dank für deinen Kommentar jedenfalls!
Ricardo ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Entautomatisierungsversuche




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.