Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Liebe, Romantik und Leidenschaft

Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 02.08.2011, 19:49   #1
Hans Werner
 
Dabei seit: 03/2008
Beiträge: 84

Standard Traumsonette

Traumsonette

- I -

Ins Reich der Träume bin ich jüngst gegangen,
in meine Jugend sah ich mich versetzt,
es war so deutlich, als geschäh‘ es jetzt,
mein Freund und ich zum Pausenhofe sprangen.

Wir standen still, es glühten unsre Wangen,
das Laufen hat uns mächtig zugesetzt,
wir blickten uns ins Auge, bis zuletzt
die enge Bindung schüchtern angefangen.

Komm du zu mir, ich hab ein schönes Zimmer,
sprach ich zu ihm, sein Auge glühte mild,
dann nickte er, bevor wir stumm uns trennten.

Am Abend war er da, bei Kerzenschimmer
umarmten wir uns leidenschaftlich wild,
und unsre Schatten spielten an den Wänden.

- II -

Das Zimmer lag in unsrer Wohnung Mitte,
verbergen musste ich ihn über Nacht,
denn nebenan im Zimmer sorgsam wacht'
die strenge Mutter über strenge Sitte.

So lagen wir, ich flüsterte die Bitte
ins Ohr ihm dann, worauf er leise lacht,
er öffnet mir die junge Körperpracht
und macht zum Himmel mir die karge Hütte.

Doch diese schönen Bilder plötzlich schwinden,
in einem Park bin ich, mit scharfem Blick
schaut mich der längst verstorbne Onkel an.

Bevor ich kann zum Gruß die Worte finden,
da weicht auch dieses schöne Bild zurück,
doch die Empfindung ist kein leerer Wahn.
Hans Werner ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2011, 11:10   #2
männlich Kurier
R.I.P.
 
Dabei seit: 06/2010
Beiträge: 701

Hallo Hans Werner,
deine beiden Gedichte erfüllen die metrischen Vorgaben, die an ein Sonett gestellt werden. Nicht stimmige Zeiten und das z.T. Abweichen von reinem Endreim stören etwas. Irgendwie sind sie –für mein Gefühl- mehr einfache vergangenheitsbezogene Erzählungen, im Skelett der Sonettform eingezwängt.
Doch allein, sich im vorgegebenen Rahmen zu bewegen fordert Anerkennung, denn deine beiden Gedichte heben sich für mich wohltuend vom täglich Gewohnten ab.
HG Kurier
Kurier ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2011, 21:59   #3
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Vom Formalen einmal abgesehen, habe ich zwei Fragen zum Inhalt:

a) ist das lyrische Ich Männlein oder Weiblein?
b) was hat es mit dem Sinnsprung zum Onkel im zweiten Sonett auf sich?
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2011, 22:13   #4
Ex-Odiumediae
abgemeldet
 
Dabei seit: 07/2010
Beiträge: 1.151

Bin ich der Einzige, der den Inhalt irgendwie verstörend findet?
Ex-Odiumediae ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2011, 22:16   #5
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Da bin ich mir eben nicht sicher.

Im ersten Sonett sehe ich jugendliche Homoerotik (nicht verstörend), der zweite Teil kann vollkommen harmlos sein. Oder eben nicht.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2011, 22:24   #6
Ex-Odiumediae
abgemeldet
 
Dabei seit: 07/2010
Beiträge: 1.151

Zitat:
Zitat von Schamansky Beitrag anzeigen
Da bin ich mir eben nicht sicher.

Im ersten Sonett sehe ich jugendliche Homoerotik (nicht verstörend), der zweite Teil kann vollkommen harmlos sein. Oder eben nicht.
Ja, das beschreibt auch meinen Eindruck.
Ex-Odiumediae ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2011, 22:28   #7
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Für harmlos spricht: "da weicht auch dieses schöne Bild zurück". Der Onkel ist demnach kein böser Onkel, sondern eine sehr angenehme Erinnerung. Aber warum dann der "scharfe" Blick?
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2011, 22:45   #8
männlich Crystaloser
 
Dabei seit: 02/2011
Ort: Nürnberg
Alter: 42
Beiträge: 143

Mal was ein wenig Geheimnisvolles! Fragen bleiben offen. Verstörend ist gut, ich mag das. Formal ebenfalls überzeugend.
Crystaloser ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2011, 22:53   #9
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Zitat:
Zitat von Crystaloser Beitrag anzeigen
Mal was ein wenig Geheimnisvolles! Fragen bleiben offen. Verstörend ist gut, ich mag das. Formal ebenfalls überzeugend.
Formal ist es trotz unerheblicher kleiner Schnitzerchen allemal nicht schlecht. Geheimnisvoll trifft es gut.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2011, 23:48   #10
Hans Werner
 
Dabei seit: 03/2008
Beiträge: 84

Liebe Kommentatoren,

zunächst ganz herzlichen Dank für die spontanen Reaktionen auf meine beiden Traumsonette. Zunächst einmal darf ich sagen, dass diese Gedichte in meinem Leben sehr weit zurückliegen. Vor etwa 30 Jahren habe ich sie geschrieben, und nun sind sie mir wieder in die Hände gefallen.

Wenn es etwas gibt, das Gedichte solcher Art rechtfertigt, dann ist es ein wirkliches und sehr starkes Gefühl, das den Schreiber innerlich bewegt und dazu drängt, es in Verse zu gießen. Und so war das - damals - wohl auch bei mir.

Es sind Traumsonette. Im Traum gestattet sich die Fantasie Dinge, die in der Wirklichkeit schlichtweg verboten und unmöglich sind. Weil im Traum eben auch Autoritätspersonen auftreten können, die solche verbotenen Dinge kritisieren und einen maßregeln, deshalb tritt am Ende der Onkel auf. Er ist eine Autoritätsperson, aber auch ein Mensch, wie ich sie in meiner Jugend im Verwandtenkreis kannte und die mit ihren Meinungen immer Recht hatten.

Heute schaue ich, mit einer gewissen Verwunderung, auf meine Gedichte. Aber sie bilden ein Stück meines Lebens. Ich habe als Schüler Klassenkameraden verehrt und versuchte eine hohes Freundschaftsideal zu verwirklichen. In diese Phase meines Lebens reichen nun diese Gedichte zurück.

Viele Grüße!

Hans Werner
Hans Werner ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2011, 00:08   #11
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Mit Freud könnte man sagen, der Onkel ist Dein Über-Ich, der Deinen homoerotischen Jugendphantasien ein Ende setzt. Nun bin ich aber kein Freudianer.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Traumsonette




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.