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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 28.08.2012, 16:32   #1
männlich Desperado
 
Benutzerbild von Desperado
 
Dabei seit: 03/2012
Ort: Erde, Europa, Deutschland, Bayern
Beiträge: 1.747

Standard Abschied

Was hab ich Dir zu sagen,
das hat schon seine Richtigkeit,
der Frieden ist gemacht.
Wir konnten uns zuletzt ertragen,
hab Dich gemocht in dieser Zeit,
manchmal sogar mit Dir gelacht.

Wir haben gut getan,
als wir Versöhnung wählten,
das Gestern ließen ruhn.
Nach all dem Streit und Wahn
uns nicht mehr länger quälten,
es gibt nichts mehr zu tun.

Da ist kein Groll, kein Zorn
und nichts mehr nachzutragen,
kein Gestern vorzuhalten.
Ich schau ins Heute und nach vorn,
es gibt nichts mehr zu sagen,
wir sind uns ähnlich in Gestalten.

Bin doch Dir fremd geblieben
in Denken und Gemüt,
bezwang des Zornes Ungestüm.
Blieb ruhelos umhergetrieben
von anderem Geblüt,
doch nichts des ich mich rühm’.

Ich hab genug verbrochen
in meinem wilden Leben,
um keinen mehr zu richten.
Genug Verrat gerochen,
um alles zu vergeben,
bald wirst das Licht Du sichten.

Vor Gott hab keine Angst,
der Du in Deiner Seele bangst,
er hat durchs Dasein Dich geführt,
auch wenn vom Teufel Du verführt
so ein ums andre mal.
Du littest Deine Seelenqual
bereits in diesem Leben,
der Rest sei Dir vergeben.


07
Desperado ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.08.2012, 17:20   #2
weiblich simbaladung
 
Dabei seit: 07/2012
Alter: 67
Beiträge: 3.073

Hallo, Desperado,

dein Gedicht gefällt mir gut. Es strahlt eine Ruhe aus auf dem letzten Teil des Lebensweges eines Menschen, der nach Versöhnung sucht, mit den Menschen
die ihm nahe standen und stehen, mit dem Leben selbst und der vor allem mit sich selbst ins Reine kommen will und dem es gelingt.
Das wird im allgemeinen Altersweisheit genannt. Mir begegnen immer mehr Menschen, auch in Büchern, die so sind. Sie leben sozusagen in Frieden mit sich selbst, ohne Zynismus, ohne Angst, im Frieden mit sich.
Merkwürdigerweise sind es oft Menschen mit einer schweren Krankheit, die sie zu so einer Wandlung führt, die dann als besonders intensiv erlebt wird.

Mich erinnert dein Gedicht an einen Spruch. Kennst du ihn?

Wir müssen das Leben vorwärts leben, können es aber nur rückwarts verstehen.

lg simbaladung
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.08.2012, 11:40   #3
männlich Desperado
 
Benutzerbild von Desperado
 
Dabei seit: 03/2012
Ort: Erde, Europa, Deutschland, Bayern
Beiträge: 1.747

Och, Simbaladung,

das Ganze ist sehr viel einfacher.

Die Leute jammern pausenlos rum, wie furchtbar kompliziert das Leben doch sei, aber das ist Quatsch- sie machen sich's kompliziert, das Leben an sich ist simpel und denkbar einfach.

Als Kind verwechselte mich mein kriegstraumatisierter Vater mit einem Partisanen und führte einen unerbittlichen Vernichtungskrieg gegen mich, als Jugendlicher endlich zum Partisanen geschult drehte ich den Spieß um und blieb ihm nichts schuldig, aber schon garnichts.

Kriegsmüde geworden haben wir dann irgendwann einen Waffenstillstandspakt geschlossen, der bis auf ein paar unbedeutende Scharmützel hielt bis zum Tod meiner Mutter. Da hat er mich dann gebraucht und ich grade nichts zu tun, und so haben wir eben Frieden geschlossen. Und uns gewundert, weshalb wir uns ein Lebtag lang bis aufs Blut bekriegt, bekämpft oder zumindest drangsaliert haben, in vielen Dingen so ähnlich wie wir uns sind, dass wir einander beim besten Willen nicht verleugnen könnten.

Als seine Zeit schließlich um war, konnte ich in Frieden Abschied nehmen und aufrichtig um ihn trauern, meine Geschwister verstanden nur noch Bahnhof, aber das tun die immer und ausschließlich.

Eine Geschichte, wie sie das Leben schreibt- schlicht und einfach eben.

Aber freut mich, dass sie Dir gefällt!

LG
Desperado
Desperado ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.08.2012, 12:51   #4
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.104

Nur einen Kommentar bisher?

Ich bin immer wieder beeindruckt, wenn ein Autor es schafft, in einfachen, aber keineswegs banalen Worten ein flüssiges Gedicht mit klarem Inhalt zu schreiben. Geradeaus, kein bißchen gedrechselt ... das gefällt mir.

Beste Grüße
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.08.2012, 13:59   #5
männlich Desperado
 
Benutzerbild von Desperado
 
Dabei seit: 03/2012
Ort: Erde, Europa, Deutschland, Bayern
Beiträge: 1.747

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Geradeaus, kein bißchen gedrechselt ... das gefällt mir.

Siehst Du, da haben wir etwas gemeinsam.

Beste Grüße zurück
Desperado
Desperado ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.08.2012, 14:00   #6
weiblich simbaladung
 
Dabei seit: 07/2012
Alter: 67
Beiträge: 3.073

Hallo, D.

danke für deine private Geschichte.
Bei meiner Geschichte, die mich auch jahrzehntelang belastet hatte (da gings u.a. um ein Sich-nicht befreien-können von Zwängen, die mit Gelöbnissen zu tun haben) habe ich auch eine für mich gute Lösung gefunden. Im Nachhinein hab ich mich gefragt, warum ich nicht schon eher auf die Idee gekommen bin.

Du hast also Recht, eigentlich ist alles gar nicht so schwierig. Man sieht oft
nur nicht die Lösung, obwohl sie zum Greifen nah ist.

lg simba
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
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