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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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28.09.2018, 16:37 | #1 |
Erlkönig
Als Reitpferd trab ich durch den Wind
der Nacht und trage Herr und Kind zu dunklen Häusern, schwachem Glimmen. Am Wegesrand sind Geisterstimmen. Ein König schwebt ins Nebelland, zeigt eine Beule im Gewand und spricht erregt und winkt dem Knaben. Er will den Kleinen bei sich haben. Der Knabe, ängstlich, redet nicht, verbirgt, so scheint mir, sein Gesicht. Doch soll das Kind wohl nichts begreifen. Der Vater spricht von Nebelstreifen. Der König grinst aus dem Gebüsch und schimmert wie ein nackter Fisch. Er säuselt immerfort: „Zum Lohne bekommst du, Schätzchen, auch die Krone.“ Das Kind bestürmt den Vater jetzt: „Ein Erlenkönig!“, und entsetzt vibriert die Stimme. Doch sein Retter sagt unbedarft: „Es rascheln Blätter.“ Ganz dicht bei mir, schon vor dem Huf, erscheint der Geile, lockt sein Ruf: „Auch meine Mutter will dich wiegen, und bei den Töchtern darfst du liegen!“ Das Kind ruft völlig außer sich: „Dort tanzen sie, beschütze mich!“ Der Vater tröstet nochmals lau: „Mein Sohn, die Weide biegt sich grau.“ Der Lüsterne verliert den Halt und nimmt den Knaben mit Gewalt. Ein weher Schrei, ein kleines Wanken - Dann spür ich Sporen in den Flanken. Ich jag dahin, halt irgendwann erschöpft in einem Hofe an. Mein Herr steigt ab und sieht ein wenig so aus wie der verliebte König. Und wird zum Bettler durch die Not, auf der er ritt… Sein Kind ist tot… (nach Goethes Ballade) Geändert von gummibaum (29.09.2018 um 00:01 Uhr) |
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28.09.2018, 19:50 | #2 |
Dabei seit: 10/2016
Ort: in einem sagenhaften Haus
Alter: 42
Beiträge: 5.271
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Dieses ist ein Meisterwerk
und wird von mir sogleich geehrt. Drum kommt es zu den Favoriten, da lass ich mich nicht lange bitten. Es ist mir ein Genuss gewesen, ich muss es wohl noch öfter lesen. |
28.09.2018, 20:24 | #3 |
abgemeldet
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Ja, sehr schön gummibaum!
Nur eine kleine Kritik (will helfen) Wieso lehnen sich alle an alte Meister an? Wird das jetzt Mode? Verstehe ich nicht, vor allem, wenn das Potential vorhanden ist, dies nicht zu müssen. Nur Mut, nur Mut! vlg EV |
28.09.2018, 21:53 | #4 |
Danke für dein Gedicht, liebe Unar. Das liest sich gut.
Danke für dein Lob, lieber Eisenvorhang. Ich habe schon über alles Mögliche geschrieben. Phasenweise greife ich gern auf ältere Vorlagen aus verschieden Bereichen zurück. Das tun andere auch. Aber ein allgemeiner Modetrend wird es, glaube ich, nicht. Liebe Grüße gummibaum |
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29.09.2018, 00:15 | #5 | |
abgemeldet
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Zitat:
Ja was andere tun! Hält einem selbst oft nur auf. (Kann einen aufhalten) Ich hoffe du verstehst meinen Impetus nicht falsch. (der keineswegs kritisch ist) vlg EV |
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29.09.2018, 03:15 | #6 |
abgemeldet
Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697
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Lieber gummibaum,
dein Rückgriff auf alte Werke ist ein sehr spannender Lesegenuss. Es macht sicher grosse Freude, die Perspektive zu wechseln und mit eigenen Bildern und Eindrücken die Geschichte zu erzählen. Die Ergebnisse zeigen, dass du ein Meister dichterische Improvisationskunst bist. LG, Serpentina |
29.09.2018, 10:25 | #7 |
Ja, liebe Serpentina,
der Perspektivwechsel macht mir Freude. Manchmal glaube ich auch zu fühlen, wie den früheren Dichtern zumute war, als sie gerade einen Gedanken oder ein Gefühl umkreisten und plötzlich den besten Ausdruck dafür entdeckten. Schön, dass dir meine Ergebnisse gefallen. Wünsche dir einen schönen Tag. LG gummibaum |
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29.09.2018, 20:21 | #8 | ||
abgemeldet
Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697
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Zitat:
Die Dynamik, Emotionen und Aha-Erlebnis werden neu erspürt. Zitat:
Dankeschön. Das wünsche ich dir auch. |
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30.09.2018, 11:25 | #9 | |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Lieber gummibaum,
Goethes Erlkönig reizt offensichtlich sehr zur Nachahmung, ich habe mich auch schon daran gewagt. Deine Version ist in sofern wieder einmal etwas Besonderes, weil sie die Geschichte aus einer anderen und völlig unerwarteten Sicht erzählt. Mir gefällt so etwas ausgezeichnet. Zitat:
Wie gefällt dir z.B. dieser Anfang? Ich eil gehorsam durch den Wind der Nacht und trage Herr und Kind zu dunklen Häusern, schwachem Glimmen. Am Wegesrand sind Geisterstimmen. So oder so sehr sehr gerne bewundernd gelesen. Liebe Grüße Nöck |
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30.09.2018, 13:45 | #10 |
Danke, lieber Nöck,
für das Lob und die gute Idee, die ich evtl. übernehme. (Ich fand unter anderem den zum Erlkönig bei Wikip als Literaturangabe Nr. 7 verzeichneten Vortrag von Luise Reddemann über Albträume ganz interessant und könnte mir darauf basierend das Pferd gut auch als ein Triebsymbol vorststellen.) Liebe Sonntagsgrüße gummibaum |
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30.09.2018, 15:12 | #11 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Eine interessante Abhandlung, lieber gummibaum. Das Pferd als Triebsymbol? Warum nicht.
Wenn ich den Faden weiterspinne, dann könnte der Vater der Triebtäter sein, der sich an seinem Sohn vergeht. Der Sohn schwebt in höchsten Ängsten, fantasiert und wird vom Vater immer wieder beschwichtigt, dass alles ja nicht so schlimm ist. Das Trauma endet für den Sohn mit dem Tod, was leider ziemlich nah an der Realität ist. Danke für den Anstoß zu einer für mich völlig neuen Sichtweise. Liebe Grüße Nöck |
30.09.2018, 15:51 | #12 |
Danke für die Rückmeldung, lieber Nöck.
So etwa hatte ich die Szene beim Schreiben vor Augen. Habe aber bewusst nur "sieht ein wenig so aus" und "Not" statt "sieht exakt so aus" und "Notzucht" geschrieben. Alles Liebe gummibaum |
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30.09.2018, 17:24 | #13 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Aha, lieber gummibaum, das hatte ich tatsächlich nicht so gesehen.
LG Nöck |
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