Vision

[G.Neville]

In einem Meer aus Blut werdet ihr waten,
Im stinkenden Hades der Entehrten braten.
Schreiende Wut wird sein euer täglich Brot,
Kein wehrhafter Engel wird lindern eure Not.

Flammende spektralfarbene junge Gesichter;
Nackte Jünglinge tanzen wie verlorene Lichter
Auf einem länglichen glühenden Rost
Werden sie liegen gleich gebratener Kost.

Kühlender Regen wird ihnen verwehrt sein.
Ihr Blut wird verwandelt in süßlichen Wein.
Kruzifixe wird man in schwarzes Pech tauchen
Und lachend die gläsernen Pfeifen schmauchen.

Güldenes Licht wird sich tausendfach brechen.
Dämonen mit den Siegern um die Wette zechen.
Der Verlierer muss den Siegern die Töchter schenken,
Diese werden ihnen genüsslich alle Glieder verrenken.

Ein Kind leckt an einer Marzipankugel
Inmitten eines infernalischen Trubel.
Der heilige St. Georg mit dem Schwerte
Wird folgen der blutigen Fährte.

Eine einsame gärende Hetäre
Reinigt mit Blut bespritze Altäre.

[C.Alvarez]

Zitat von G.Neville

Der Verlierer muss den Siegern die Töchter schenken,
Diese werden ihnen genüsslich alle Glieder verrenken.

Hallo G.Neville,
wenn ich das lese komme ich zu einer Interpretation, die womöglich deiner Intension widerspricht, aber naheliegend ist, so wie du dich ausdrückst:

"Diese", da sich dieser Begriff immer auf die im Text zuletzt genannten beziehen muss, heisst das also "Diese, die Töchter, werden ihnen genüsslich alle Glieder verrenken. Den Siegern also.
Sieger =Plural
Glieder=Plural von Glied.
Also bringst du hier eine eindeutige sexuelle Komponente ins Spiel. Die Töchter verrenken also jedem Sieger sein Glied. Oder im Plural wie du schreibst "Diese werden ihnen genüsslich alle Glieder verrenken." Ja, gut, warum nicht? Obwohl ich mir das "verrenken" anatomisch nicht so richtig vorstellen kann, da fehlt mir die Erfahrung mit der Manipulation männlicher Sexualorgane, scheint das wohl für die Töchter recht amüsant zu sein. Für die Sieger auch? Keine Ahnung, vielleicht doch.

Gern gelesen (die vierte Strophe).

Freundliche Grüsse

Corazon

[AlteLyrikerin]

Da ziehe ich Dantes "göttliche Komödie" vor.

Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.

[G.Neville]

@Corazon

Danke für Deinen hintersinnigen Kommentar. Wäre das klitzekleine Komma nicht, würde ich Deiner Lesart des von mir geschilderten apokalyptischen Geschehens durchaus zustimmen. Aber durch das Komma ist eigentlich klar, dass sich das Pronomen „diese“ nur auf die im ersten Satzteil erwähnten Sieger beziehen kann. Die kreative Brücke von menschlichen Gliedern (Extremitäten) hin zum männlichen Geschlechtsteil finde ich sehr amüsant. Aber Verrenken oder Verstauchen kann man anatomisch gesehen eigentlich nur Arme und Beine, wenn sie durch starke Drehungen, Biegungen in eine unnatürliche Stellung gebracht werden. Und wenn nach kriegerischen Handlungen die Sieger über die Besiegten herfallen, sind das in der Regel noch Verletzungen der eher harmlosen Art. Die Schwellkörper am Penis des Mannes sind für Verrenkungen und Verstauchungen denkbar ungeeignet. Zumindest ist mir das bei meinen sexuellen Aktivitäten noch nie passiert.


PS.: Dein Gedicht mit dem Titel. „Kreuz des Südens“ finde ich sehr stark. Wollte es zu meinen Favoriten geben, allerdings ist es verschwunden. Schade.

Liebe Grüße
G.Neville

[G.Neville]

@AlteLyrikerin

Sagen wir mal so: Visionen der eher apokalyptischen Art waren naturgemäß noch nie ein Honiglecken.

Liebe Grüße
G.Neville

[C.Alvarez]

Zitat von G.Neville

PS.: Dein Gedicht mit dem Titel. „Kreuz des Südens“ finde ich sehr stark. Wollte es zu meinen Favoriten geben, allerdings ist es verschwunden. Schade.

Kein Problem, ich schenke es dir:

Das Kreuz des Südens

Ich hab' heute nacht
das Kreuz des Südens gesehn',
ich such' es jede Nacht
es ist wunderschön.

Es verbirgt sich vor Europa,
da wäre das Suchen vergeblich,
aber hier wo ich lebe
sehe ich es täglich.

Vier Sterne voller Glanz,
früher ein Kompass für den Kapitän.
Ich wünschte so sehr
auch du könntest es sehn'.

Wir stünden in der Nacht
am menschenleeren Strand,
die Augen zum Himmel
aber die Hände Hand in Hand.

Mir werden die Augen ganz nass
wenn ich so allein dieses Bild sehe,
ich ruf meine Hunde ganz leise,
sie kommen. Ich gehe.

___________________________________

Ich hab' auch noch eine special edition des Gedichtes für dich:

https://www.poetry.de/picture.php?al...pictureid=3561

Liebe Grüsse

Corazon

[Ilka-Maria]

Wenn es die Goldene Himbeere für Hobby-Literaten gäbe, wäre sie dir sicher.

Man watet nicht in einem Meer, sondern durch das seichte Gewässer am Strand. Im Meer selbst sollt man besser gut schwimmen können, sonst säuft man nämlich ab.

Im Hades wird niemand gebraten, denn dort kennt man die Hölle der Katholiken nicht. Im Hades wandeln Schatten.

Von schreiender Wut ist noch nie jemand satt geworden, und ein wehrhafter Engel, der keine Not lindern kann, steht im Verdacht, nicht sonderlich wehrhaft zu sein und demnächst aus dem Himmel gefeuert zu werden.

Wessen Gesicht entflammt und Spektralfarben aufweist, braucht dringend einen Arzt.

Bei Strophe 2 sollte man sich außerdem entscheiden, ob die nackten Jünglinge, die offensichtlich Irrlichter sind, auf dem Rost tanzen oder auf ihm liegen, was voraussetzt, dass er eine gewisse Länge hat und die Horizontale statt Vertikale einnimmt.

Zwar hat es etwas Verlockendes, sich rösten zu lassen, wenn dabei Blut in Wein verwandelt wird, aber meines Wissens ist dieses Patent vor ca. 2.000 Jahren einem Wanderprediger zugesprochen worden und jeder Versuch der Nachahmung ein Verstoß gegen das Urheberrecht. Wer seine eigene Winzerei aufmachen will, sollte sich besser einen Weinberg kaufen.

Ganz wichtig ist zu erwähnen, dass Pech schwarz ist, damit man das Kruzifix nicht versehendlich in Kautschuk tunkt.

Das Kind hat wahrscheinlich einen gehörigen Dachschaden, ein Marzinpankügelchen von 10 bis 15 mm Durchmesser mit einer Kugel Eiscrème zu verwechseln, und der doppelt heilige Georg - heilig und St. muss halt sein, damit es selbst Klein-Doofi kapiert - hat mit einem Drachen allein nicht genug, sondern sucht die blutige Fährte, damit er in Drachenblut baden kann ... hoppla, ich glaube, der Typ heißt gar nicht Georg, sondern Siegfried.

Hätten wir noch die "gärende Hetäre": Vielleicht kommt dabei ein Glas Absinth heraus, der mit dem Lesen eines derartigen Schwachsinns einigermaßen versöhnen könnte. Manchmal ist ein Nebelschleier gnädiger als Spektralfarben. Obwohl ... Man muss bloß genügend intus haben, dann wird's wieder bunt, bevor die Pechschwärze eintritt.

Gerne gelesen und kommentiert.

[G.Neville]

@Ilka-Maria

Vielen Dank für diesen opulenten Kommentar. Ich habe ihn genossen.


Liebe Grüße vom Hobby-Literaten
G.Neville


PS.: Bin ich durch die Goldene Himbeere jetzt geadelt oder getadelt?

[G.Neville]

@Corazon

Ich danke Dir

Mauritius werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr zu sehen bekommen außer auf Google Earth. Aber durch Dein schönes Gedicht kann ich immerhin gedanklich dort verweilen.

Liebe Grüße
G.Neville

[Ilka-Maria]

Zitat von G.Neville

Vielen Dank für diesen opulenten Kommentar. Ich habe ihn genossen.

Ich auch.

Zitat von G.Neville

PS.: Bin ich durch die Goldene Himbeere jetzt geadelt oder getadelt?

Suche es dir aus. Oder nimm beides.