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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft. |
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06.10.2012, 20:03 | #1 |
abgemeldet
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Der junge Mann und das Mädchen
Sie trafen sich auf einem Fest
und riefen: "Hoch die Tassen!" Sie tanzten ausgelassen, ein Glas Absinth gab ihr den Rest. Er war ein hübscher junger Mann mit schmalen blassen Händen. Sie wollte sich verschwenden und nahm ihn mit sich irgendwann. Sie wachte auf in seinem Arm, er sah auf sie hernieder, dann liebten sie sich wieder. Sein Körper war so weich und warm. Er hatte Witz, er hatte Geist und keinen Cent auf Tasche, griff manchen Tag zur Flasche. Doch sie verzieh es ihm zumeist. Sie ging zur Arbeit früh um fünf, er schlief noch wie ein Engel und war doch nur ein Bengel. Stumm stopfte sie ihm seine Strümpf. Die Liebe, sie macht dumm und blind. Sie stellte keine Fragen, wollt alle Last ertragen. Dann hieß es, sie bekäm ein Kind. Da machte er sich flink hinweg und kehrte niemals wieder. Nachts sang sie Wiegenlieder und kam sich vor wie ein Stück Dreck. Der junge Mann ist beim Papa dann flugs zu Kreuz gekrochen und schon nach ein paar Wochen war eine Braut mit Mitgift da. Er feierte sein Hochzeitsfest mit Pauken und Trompeten. Er kam nicht mehr zum Beten, sechs Schüsse gaben ihm den Rest. Nun wiegt sie sacht ihr kleines Kind in einer dunklen Zelle. Ein Lied, vergnügt und helle, trägt in die Nacht hinaus der Wind. |
07.10.2012, 10:50 | #2 |
R.I.P.
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Halli Hallo, Rosenblüte -
eine sehr rosenblütig-typische Moritat, die mir ausgezeichnet gefällt. Deine Gedichte kenne ich aus allen andern heraus. Und wie immer: Die soziale (An)Klage, der wahre Kern. LG Thing |
07.10.2012, 11:57 | #3 |
Dabei seit: 09/2012
Ort: Einfach geradeaus und dann links abbiegen.
Alter: 56
Beiträge: 562
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Hallo, Rosenblüte,
möglich, dass ich mich (bei jenen, die darauf bestehen, misszuverstehen) in die bekannten Nesseln setze. Aber mir stellt sich hier eine Frage, die wichtigste (für mich), in der letzten Strophe: Und was ist jetzt mit dem Kind? Er ging rücksichtslos gegen sie vor, egoistisch, er hat keinen weiteren Gedanken an sie verschwendet. Und sie - hat sie nicht auch nur an sich selbst gedacht? Hier sitze ich nun und schreibe diesen Kommentar, angefüllt mit ambivalenten Gefühlen. Er fällte sein Urteil (sie ist unwichtig). Sie fällte ihr Urteil (stirb, für das, was du mir angetan hast). Und beide fällten ihr Urteil über das Kind - egal, wo du bleibst. Ja, ich habe ein echtes Problem mit Rache und/oder Genugtuung. Mir entzieht sich der Sinn. Denn es ist generell so, dass es immer die Falschen (mit)trifft. Sie trinkt im Gedicht erst einmal Absinth und ist "ausgelassen". Hm. Er kehrt zu seinen Eltern zurück, die "alles schön in Ordnung bringen", nach deren und seiner Ansicht. Kurz - ich gehe davon aus, dass seine Eltern ihm beigebracht haben, so zu sein, wie er ist. Wer ist nun schuld? Alle? Niemand? Und - weshalb ist es, wie so oft, das unschuldige Kind, das büßen/bezahlen muss, für etwas, mit dem es überhaupt nichts zu tun hat? Rosenblüte, das Gedicht ist ganz ausgezeichnet geschrieben - herausragend die letzte Strophe. Es hat mit mitgenommen, im doppelten Sinn des Wortes. Freundlichen Gruß, Poetibus |
07.10.2012, 12:11 | #4 |
R.I.P.
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Nun, lieber Poetibus -
w e r bleibt denn immer mit den Kindern sitzen? Der Herr Papa gewiß nicht. Ich fühle mich ein bisserl mitschuldig, obwohl ich selbst keine in die Welt gesetzt habe. Und wieso hat sie auch an sich selbst gedacht? Na klar, hat sie. Sie war ja verliebt und glaubte zu dem Zeitpunkt noch an des Mannes Treue und Ehre. LG! Thing |
07.10.2012, 13:50 | #5 | |
Forumsleitung
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Meistens - aber es gibt auch gegenteilige Fälle. Und genau wie bei den Müttern gibt es auch bei den Vätern solche, die das schaffen, und andere, die überfordert sind.
Zitat:
Für mein Empfinden wiegt ein Vertrauensbruch - wie überhaupt jede Form des Verrats - wesentlich schwerer als Beileidigungen, Beschimpfungen oder körperliche Angriffe. Denn wer Vertrauen schenkt, liefert sich aus und wird nackt, verwundbar und wehrlos. Ein Vertrauensbruch hat deshalb die Qualität eines Mißbrauchs und kann den Betroffenen gar nicht gleichgültig lassen. Der Gedanke an Vergeltung oder zumindest Strafe stellt sich automatisch ein, und wenn eines von beiden kommt, wirkt das wie ein Ventil. Wer in solch einer Situation nicht wenigstens die harmlosen Formen der Rache, nämlich Schadenfreude und Genugtuung, empfinden kann, dem fehlt es meiner Meinung nach an Gerechtigkeitsgefühl. Ich möchte diese Empfindungen jedenfalls nicht missen, nur weil ein paar Moralprediger sie als unedel propagieren; lieber akzeptiere ich solche Empfindungen als ein Korrektiv, das die Seele gesund erhält. |
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07.10.2012, 13:54 | #6 |
Ich gestehe - ich bin sehr rachsüchtig.
Das Gedicht ist toll wie alles von Rosenblüte, aber ein Grund, warum es mir besonders gut gefällt, war meine unmoralische Befriedigung am Ende... LG Persephone |
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07.10.2012, 14:06 | #7 |
Forumsleitung
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07.10.2012, 14:08 | #8 |
Ganz ehrlich, kenn ich nicht.
Aber wenn Du das so sagst sollte ich ihn mir vielleicht mal ansehen. |
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07.10.2012, 14:09 | #9 |
Forumsleitung
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07.10.2012, 14:29 | #10 |
R.I.P.
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07.10.2012, 14:30 | #11 | |
abgemeldet
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Zitat:
Auch um des Kindes willen tötet sie ihn. Wenn es einmal groß ist, wird er erfahren, wer sein Vater war und was geschah. Vielleicht wird es dann stolz auf seine Mutter sein, die einst einen Patriarchen tötete. Aber ehe es soweit ist, verbringt es eine unbeschwerte Kindheit, umsorgt von seiner liebenden Mutter, umgeben von schützenden Mauern, von dicken Büchern aus der Bibliothek, von spannenden Geschichten, die das Leben schrieb, im schattigen Hof mit anderen Kindern spielend, niemals Hunger und Durst verspürend, weil der Wärter ihm immer Kuchen und Limonade aus den Fresspaketen zusteckt. Als kluges Kind wird es einmal in die Welt hinausgehen und aus den Fehlern der Anderen gelernt haben. Mutter und Kind sind gefangen und doch frei. Liebe Grüße Rosenblüte |
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07.10.2012, 14:35 | #12 |
R.I.P.
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Mutter und Kind sind gefangen und doch frei.
D a s ist der Kern. |
07.10.2012, 14:50 | #13 | ||
abgemeldet
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Aye
Zitat:
Zitat:
ist ganz so unmoralisch nicht. Mord ist zwar gegen die Moral, doch war es dieser Frau egal. Der Bengel musste Buße tun und ist der reinste Engel nun, auch wenn am Ende das Gericht dafür ein hartes Urteil spricht. Liebe Grüße Rosenblüte |
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07.10.2012, 15:01 | #14 | |
Forumsleitung
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Zitat:
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07.10.2012, 15:07 | #15 | |
abgemeldet
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Im Gesetz findet die Werteordnung einer Gesellschaft ihren Ausdruck. Unsere herrschende Moral verbietet grundsätzlich das Töten von Menschen. Deshalb ist Mord gegen das Gesetz und gegen die Moral.
Zitat:
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