Zwei oder drei Tage bei Poetry.de

Schmuddelkind · 14.12.2010, 02:55

Zwei, drei Tage brauch ich noch
dann bin ich über dich hinweg.
Denn dann kommt, so sagt man doch
die Nächste um die Eck.

Ein, zwei Tage geb ich mir
und keine Stunde mehr.
Dann zählt das Leben jetzt und hier
und keine alte Mär.

Morgen dann ist es soweit
dann ist Schluss mit Gram.
Vergessen dann die Zeit zu zweit
und was danach noch kam.

Heute hab ich dich geseh'n
und du sahst mich auch.
Dabei konnte ich versteh'n
Dass ich einen Tag noch brauch...

Aquaria · 14.12.2010, 14:09

Hi Schmuddelkind,

ich kann die Idee hinter diesen Versen gut nachempfinden: Das Gefühl, über jemanden hinwegkommen zu wollen und es nicht zu schaffen.
Die Strophen verstehe ich als inneren Monolog. Das LI setzt sich selbst ein Ultimatum und plant das Ende des Herzschmerzes. Jede Strophe beschreibt den Gefühlsstatus des LI von einem Tag, denn die Frist läuft von Strophe zu Strophe ab (gute Idee!):

Zwei, drei Tage
ein, zwei Tage
morgen
heute

Ein bisschen schade finde ich, dass die letzte Strophe in der Vergangenheit geschrieben ist. Effektvoller wäre eine Begegnung mit dem LD im hier und jetzt, dann könnte man z.B. den Schock einer zufälligen Begegnung beschreiben.

Der letzte Vers ist wieder auf den Punkt, noch einen Tag mehr, dann komm ich klar....Herrlich selbst belügend, als ob!

Und technisch:

saubere Kreuzreime in mal drei, mal vierhebigen Versen (am Metrum könnte man also noch ein bisschen feilen)

Für mich ein gut durchdachtes, nachfühlbares Gedicht. Gern gelesen und reingefühlt!

Grüße,
A.

Schmuddelkind · 14.12.2010, 14:25

Danke für diese ausführliche und größtenteils positive Rezension!

Ja, genau das wollte ich sagen. Dieses "sich selbst ein Ultimatum setzen" ist ein verzweifelter Versuch, den Herzschmerz hinter sich zu lassen, aber das kann man nicht planen. Umso schmerzvoller ist es dann, wenn man abwarten muss, bis es so weit ist, statt das darüber Hinwegkommen selbst in die Hand zu nehmen. Der letzte Vers ist tatsächlich eine naive Selbstlüge. Denn so wie ich heute meine Frist auf morgen verschiebe, werde ich das morgen auch wieder tun...

In gewisser Weise kann ich deine Kritik an der letzten Strophe nachempfinden. Vielleicht wäre es besser gewesen, im Präsens zu schreiben. Dann kann man vielleicht auch diesen entscheidenden Moment der "Fristverschiebung" deutlicher machen. Das muss ich mir mal noch durch den Kopf gehen lassen.

LG

Schmuddelkind · 14.12.2010, 17:02

P.S.: Es ist allerdings auch schwierig, die Strophe mit "Heute" zu beginnen (und das ist mir schon wichtig) und dann im Präsens weiter zu machen.

14.12.2010, 02:55	#1
Schmuddelkind Dabei seit: 12/2010 Ort: Berlin Alter: 38 Beiträge: 4.798 Meine Gedichte Meine Favoriten	Zwei oder drei Tage Zwei, drei Tage brauch ich noch dann bin ich über dich hinweg. Denn dann kommt, so sagt man doch die Nächste um die Eck. Ein, zwei Tage geb ich mir und keine Stunde mehr. Dann zählt das Leben jetzt und hier und keine alte Mär. Morgen dann ist es soweit dann ist Schluss mit Gram. Vergessen dann die Zeit zu zweit und was danach noch kam. Heute hab ich dich geseh'n und du sahst mich auch. Dabei konnte ich versteh'n Dass ich einen Tag noch brauch...

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14.12.2010, 14:09	#2
Aquaria Dabei seit: 02/2010 Alter: 42 Beiträge: 521 Meine Gedichte	Hi Schmuddelkind, ich kann die Idee hinter diesen Versen gut nachempfinden: Das Gefühl, über jemanden hinwegkommen zu wollen und es nicht zu schaffen. Die Strophen verstehe ich als inneren Monolog. Das LI setzt sich selbst ein Ultimatum und plant das Ende des Herzschmerzes. Jede Strophe beschreibt den Gefühlsstatus des LI von einem Tag, denn die Frist läuft von Strophe zu Strophe ab (gute Idee!): Zwei, drei Tage ein, zwei Tage morgen heute Ein bisschen schade finde ich, dass die letzte Strophe in der Vergangenheit geschrieben ist. Effektvoller wäre eine Begegnung mit dem LD im hier und jetzt, dann könnte man z.B. den Schock einer zufälligen Begegnung beschreiben. Der letzte Vers ist wieder auf den Punkt, noch einen Tag mehr, dann komm ich klar....Herrlich selbst belügend, als ob! Und technisch: saubere Kreuzreime in mal drei, mal vierhebigen Versen (am Metrum könnte man also noch ein bisschen feilen) Für mich ein gut durchdachtes, nachfühlbares Gedicht. Gern gelesen und reingefühlt! Grüße, A.

14.12.2010, 14:25	#3
Schmuddelkind Dabei seit: 12/2010 Ort: Berlin Alter: 38 Beiträge: 4.798 Meine Gedichte Meine Favoriten	Danke für diese ausführliche und größtenteils positive Rezension! Ja, genau das wollte ich sagen. Dieses "sich selbst ein Ultimatum setzen" ist ein verzweifelter Versuch, den Herzschmerz hinter sich zu lassen, aber das kann man nicht planen. Umso schmerzvoller ist es dann, wenn man abwarten muss, bis es so weit ist, statt das darüber Hinwegkommen selbst in die Hand zu nehmen. Der letzte Vers ist tatsächlich eine naive Selbstlüge. Denn so wie ich heute meine Frist auf morgen verschiebe, werde ich das morgen auch wieder tun... In gewisser Weise kann ich deine Kritik an der letzten Strophe nachempfinden. Vielleicht wäre es besser gewesen, im Präsens zu schreiben. Dann kann man vielleicht auch diesen entscheidenden Moment der "Fristverschiebung" deutlicher machen. Das muss ich mir mal noch durch den Kopf gehen lassen. LG

14.12.2010, 17:02	#4
Schmuddelkind Dabei seit: 12/2010 Ort: Berlin Alter: 38 Beiträge: 4.798 Meine Gedichte Meine Favoriten	P.S.: Es ist allerdings auch schwierig, die Strophe mit "Heute" zu beginnen (und das ist mir schon wichtig) und dann im Präsens weiter zu machen.