Wenn du mich liebst

[AquaFist]

Manchmal spüre ich eine tiefe Angst, vor Einsamkeit und vor Verlust.
Sie schnürt mir allmählich die Kehle zu, drückt immer fester auf meine Brust.
Raubt mir Schlaf, Kraft, Lebensmut und oft auch den Verstand,
doch wenn du mich liebst und ganz fest hältst, ist dies der Moment, in dem meine Angst verschwand.

[Ilka-Maria]

Liebe AquaFist,

du hast ein Faible für wenige, aber lange Verse, für die du den Titel "Gedicht" erschmeicheln willst, indem du die letzten Wörter der Zeilen reimst. So einfach geht das aber nicht. Derartige Mitteilungen an den Geliebten würden ihn in einem Brief erfreuen, denn ein wenig Poesie ist ihnen nicht abzusprechen; mit Lyrik haben sie hingegeben nichts zu tun. Besser wäre, sich vom Reimzwang zu lösen und sich stärker auf lyrischen Ausdruck zu konzentrieren. Im Falle deines Themas wäre das die Betonung eines seelischen Konflikts und des Bestrebens, zu einer Balance zu finden.

Den Vers "doch wenn du mich liebst" würde ich umformulieren, denn er klingt, als handele es sich um die Einforderung eines Liebesbeweises. So etwas hat immer einen negativen Beigeschmack. Im letzten Vers ist unverständlich, warum der letzte Halbsatz plötzlich in der Vergangenheit steht. Versuche es mal mit freien Rhythmen:

Manchmal spüre ich Angst,
eine abgrundtiefe Angst,
eine Bedrohung von Verlust
und Einsamkeit, die mir
die Kehle zuschnürt, erst allmählich,
aber immer ein bisschen mehr,
eine Bedrohung,
die mir auf die Brust drückt,
mir den Schlaf raubt, die Kraft
und den Lebensmut.
Am Ende den Verstand?
Aber du bist da, und wenn
du mich ganz fest hältst,
und wenn ich spüre, dass du mich liebst,
dann flieht mich die Angst.

Das ist nur ein Beispiel, man könnte die Verse auch anders schreiben, ohne ihren Sinn zu verändern. Probiere es einfach mal aus. Man könnte die beiden letzten Verse auch so fassen:

wenn deine Liebe mich durchströmt,
dann fliegt meine Angst
zum Fenster hinaus.

Spiele einfach mal mit deiner Phantasie. Hole dir Bilder in den Kopf.

Beste Grüße
Ilka

[AquaFist]

Liebe Ilka,

vielen herzlichen Dank für deine tollen Worte und Vorschläge, die ich wirklich zu schätzen weiß!

Du hast zu recht und richtig erkannt, dass sich meine "Gedichte" meist nur aus einem langen Vers bilden, freie Rhythmen haben und sich lediglich die Enden reimen, fern von jeglicher M. Dies ist mein Stil und soll sich abheben. Man muss es mögen und es mag schlicht und einfach sein, aber so bin ich auch.

Ich habe schon immer so geschrieben und mag es auch so, weil die bekannte Lyrik eine Sprache ist, die eben nicht jeder spricht und so auch ich nicht (noch nicht). Ich mag mich langsam herantasten und mache auch sehr viele Fehler, das ist mir bewusst. Dennoch mag ich einfach meine Gedanken teilen, selbst wenn sie nicht alle Regeln eines Gedichtes erfüllen, ähnlich den Prosatexten von Grass, der sich auch gerne mal Freiheiten nimmt.

Ich hoffe, dass es niemandem vor dem Kopf stößt und ich werde fleißig weiter üben und mich mehr in die "echte Gedichtswelt" einarbeiten.

Gerne auch mit eurer Hilfe, die ich auch dann zur Kenntnis nehmen werde, selbst wenn ich nicht auf die vielen Kommentare hier eingehen kann.

Daher sehr deutlich nochmal mein herzliches Dankeschön, liebe Ilka!

PS.: Wahrscheinlich wäre dann die Rubrik "Experimentelles" besser für meine Texte, die noch keine Gedichte sind, oder?

Ganz liebe Grüße!

[Ilka-Maria]

Zitat von AquaFist

Ich habe schon immer so geschrieben und mag es auch so, ...

Dann ist es so, und dann muss sich ein Leser wie ich daran gewöhnen. Silbenschleppzüge mit Endreim. Nicht Fisch und nicht Fleisch. Okay, warum nicht ...

Nicht schlecht. Aber lyrisch zu mager, um mich zu überzeugen.