Tochterliebe

[Isabel Seifried]

Immer sehnsuchtvoll nach Liebe,
Mutter, reich ich dir die Hand,
doch du willst sie nicht ergreifen,
deine Liebe mag nicht reifen,
nicht verbinden mag das Band.

Du, die ich von dir genommen,
deiner Gene eigen bin!
Die ich dir in vielem gleich,
und auch an Erfahrung reich,
die ich stets zu dir gekommen,
nur die Liebe selbst, im Sinn.

Du aber siehst in mir den Vater,
den du lebenslang gehasst,
dem du nicht vergeben hast.
Dass ich jemand anders bin,
eigen an Gefühlen, Schmerz,
eigen und mit eig´nem Herz,
nein, das kommt nicht in den Sinn.

Und so sagst du mir, ich sei es,
sei verrückt, wie dieser Mann,
weil ich Depressionen habe,
die er mir als Gen und Gabe,
gab und die ich leiden kann.

Ich jedoch bin jemand anders,
bin nicht er, sieh mich doch an!
Liebe dich mit vollem Herzen,
trotz der tiefen Seelenschmerzen,
und erinner´dich daran:
Du, ich bin nicht dieser Mann!