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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 04.10.2012, 09:13   #1
männlich Fridolin
 
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Standard Bell-Ami

Professor Schlurchens Dackelhund
kann eines Tages nicht mehr bellen.
Das Tier, laut ärztlichem Befund,
zählt zu den hoffnungslosen Fällen.

Doch Schlurch, der seinem Tierarzt grollt,
bricht sich mit eignen Mitteln Bahn,
entwickelt, der Chemie abhold,
ein Elixier mit Namen »Belldrian«.

Er flößt den Trank dem Tierchen ein
und hört zu seiner Überraschung:
Sein selbstgebrauter Kräuterwein
führt zu des Dackels Stimmbandwaschung.

Die Stimme rutscht Oktaven tiefer
und dröhnt nun wie die Kirchturmglocke,
und öffnet er zum Bellen seine Kiefer,
verjagt er selbst die größte Dogge.

Schlurchs Waldi, ziemlich klein und dicklich,
macht nun Furore als ein tolles Vieh.
Bei Dackeldamen wird er augenblicklich
zum hochbegehrten »Bell-Ami!«

Geändert von Fridolin (04.10.2012 um 14:37 Uhr)
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Alt 04.10.2012, 09:29   #2
weiblich Persephone
 
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Beiträge: 425

Ich liebe Professor Schlurch und seinen Dackel.
Und das "Belldrian"-Elixier könnte so manchem Pop-Fistelstimmchen eine echte Hilfe sein.

LG

Persephone
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Alt 04.10.2012, 11:03   #3
weiblich Poetibus
 
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Alter: 56
Beiträge: 562

Hallo, Fridolin,

dein Gedicht bringt mich zum Schmunzeln. Professor Schlurch hat nicht zufällig auch ein Anti-Jauldrian erfunden? Ich nehme dann die 1-Liter-Flasche. Mit meinem musikalischen Laien-Gehör ist, soweit ich das beurteilen kann, alles in Ordnung, aber irgendwie wurden meine Stimmbänder beim genetischen Zusammenbauen übersehen ...

Bei "Stimmbandwaschung" bin ich "hängengeblieben", aber im positiven Sinne - ich finde es originell, gefällt mir.

Generell finde ich im Gedicht viele Formulierungen, die mir gefallen, wie z. B.:

Zitat:
Professor Schlurchens Dackelhund

ein Elixier mit Namen »Belldrian«.

führt zu des Dackels Stimmbandwaschung.

Die Stimme rutscht Oktaven tiefer

zum hochbegehrten »Bell-Ami!«
Ich habe hier lediglich meine "persönlichen Glanzlichter" herausgepickt.

Wortspiele schätze ich sehr.

Nachdem ich nun einiges von dir gelesen habe (in anderen Foren und hier), denke ich, dass ich Hinweise und Anmerkungen geben kann, ohne dass es als Kritik aufgefasst wird, da ich den Eindruck gewonnen habe, dass du "aufgeschlossen" bist und es begrüßt, wenn jemand "genauer hinsieht".

Trotzdem denke ich, dass ich etwas dazu erklären sollte, denn ich sehe mir jedes Gedicht lange und gründlich an, immer mit dem Maximum meines gegenwärtigen "Levels" an Gelerntem und Übung. Also betrachte ich es unter vielen Gesichtspunkten, metrisch, prosodisch, vorgetragen, gesungen und sowohl als "Ganzes" als auch in Details, das geht "hinunter" bis zum einzelnen Buchstaben. Ebenso Inhalt und Form, einzeln und "gemeinsam". Das vorausgeschickt, ebenfalls die Tatsache, dass ich mich immer auch irren kann. Denn ich mache immer Fehler, ich bin am "Lernen", und gezwungen, manches wieder zu "verlernen", da es nicht stimmt(e). Fakt: Meine Gedichte sind mit absoluter Sicherheit nicht perfekt, daher hüte ich mich, mit Steinen zu werfen - ich gebe nur immer mein "momentan mögliches Bestes". (Was allerdings das Schreiben von Kommentaren etwas schwierig macht. Zum einen möchte sehr selten jemand einen wirklich langen Kommentar und zum anderen stelle ich immer wieder fest, dass ich entweder harmoniesüchtig oder überheblich bin. Es gibt keine "schlechten" Gedichte für mich, nur mehr oder eben weniger gekonnte. Oder "Nicht-Gedichte", wenn z. B. jemand gleich darunter schreibt, dass er/sie es nicht für nötig hält, auch nur auf die Rechtschreibung zu achten, gefolgt von: "Kommentiert jetzt mal endlich einer?!" In diesem Fall gehe ich davon aus, dass es sich um einen, unverblümt gesagt, "ins Forum geklatschten Text" handelt. Denn zum Gedichteschreiben gehört für mich als "Hauptkriterium" dazu, dass jemand bereit ist, ein Mindestmaß an tatsächlichem Interesse aufzubringen, sich wenigstens ein bisschen "Arbeit" zu machen. Weshalb ich in den meisten Kommentaren recht wenig schreibe, nun ja, ich warte, ob jemand "mehr möchte". Obwohl ich früher, in einem anderen Forum, gelernt habe, dass das nicht immer so gemeint wie geschrieben ist, da Kommentare, für den ich z. B. drei Stunden gebraucht habe, nicht mal den bekannten "Pieps" als Reaktion bekommen. Fazit: Ich habe es versucht, sehr oft sogar, aber irgendwann aufgegeben.) Tut mir leid, dass es etwas länger wurde, aber kürzer kann ich es nicht mehr "zusammenfassen". Ich möchte vermeiden, dass meine Ausführungen zu einem Missverständnis führen.

Ich habe mitbekommen, dass du deine Gedichte eher zum Vortragen oder als Lieder schreibst. Daher konzentriere ich mich auf "Reibungen" zwischen Metrum und Prosodie, die, wie ich denke, den "Klang" beeinträchtigen können, und, an einer Stelle, auf "Aussage und Betonung". Und, wie gesagt: Es sind nur Hinweise.
Zitat:
und dröhnt laut wie die Kirchturmglocke,
Beim Vortragen betone ich "laut" stärker als "dröhnt", genauer gesagt, ab "und" betone ich "aufwärts", d. h. bis "laut" immer stärker, während "wie die" schwächer werden. Vorgetragen "passt es".
Es ist auch metrisch korrekt, nur fällt "laut" in eine Senkung. Ich weise lediglich darauf hin, denn es ist eine rein "inhaltliche Sache". Prosodisch und metrisch stimmt es überein. Es ist also überhaupt nicht falsch, denn ich kann auch "dröhnt laut" XX betonen, im Zusammenhang, das geht z. B. auch bei "führt zu" oder "bricht sich". Diese Betonung wiederum führt metrisch zu einem Spondeus, gefolgt von einem Anapäst. Das ist allerdings nur mein "Geschmack", wenn ich zum Schluss komme, dass hier eine kleine "Schwachstelle" ist, was die Übereinstimmung von Betonung und Inhalt betrifft.

Der zweite Hinweis:

Zitat:
Das Tier, laut ärztlichem Befund,
Bei "ärztlichem" reiben sich Metrum und Prosodie miteinander, und metrisch ist es ebenfalls ein wenig "gebogen", da "-lichem" eine Nachsilbe ist, die eigentlich unbetont ist - Xxx. Auffällig ist diese Stelle nur aus ersterem Grund, ich selbst biege ebenfalls, daher auch hier: Nur ein Hinweis, keine Kritik, es ist zulässig und nicht "falsch". Ich mache hier aus dem Grund darauf aufmerksam, dass ich "ärztlichem" auch beim Vortragen (ein Glück, dass meine Wand sehr geduldig ist, sie muss sich eine Menge anhören) stark/schwächer/schwach, also "abfallend" betone.

Dieser Kommentar bezieht sich auf die "technische" Seite des Gedichts, da ich den Inhalt sehr gelungen finde, lustig, der Zusammenhang stimmt, die Formulierungen sind originell und erfrischend - ich kann da nur loben, was ich deshalb jetzt auch mache.

Da ich auch las, dass dir das Schreiben aus gesundheitlichen Gründen schwer fällt: Bitte fühle dich keineswegs zu irgendetwas "verpflichtet", nur weil dieser Kommentar von mir an dich recht lang ist. (Nebenbei: Ja, ich könnte einen Roman unter jedes Gedicht schreiben. )

Sehr gerne gelesen und mit Freude kommentiert.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 04.10.2012, 14:34   #4
männlich Fridolin
 
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Hallo Poetibus,

es ist richtig, dass ich viele Gedichte zum Vortrag geschrieben habe, so auch dieses, allerdings in einer ganz anderen Fassung für den Süddeutschen Rundfunk. Damals lebte Professor Schlurch noch, und Madame Schlurch reagierte ziemlich piquiert, als ich ihren Gatten zum Gegenstand eines Verses machen wollte. Ich hab natürlich vorher gefragt. Also suchte ich nach einem anderen, möglichst schrullig klingenden Namen. Meine Frau und ich spielten damals gern Scrabble. Und so fand ich heraus, dass sich mein bürgerlicher Name "Friedhelm Götz" prima schütteln lässt. Von da an nannte ich mich als Autor lyrischer Ver(s)brechen Gerd Flöhezimt und machte diesen Namen auch zur handelnden Figur. Unter diesem Pseudonym schrieb ich für den Rundfunk zahlreiche Versfolgen, u.a. auch über den Herrn Flöhezimt. Eine Hausbewohnerin, die früher beim Südfunk tätig war, hat mir vor einiger Zeit aus dem Schallarchiv einen Bandmitschnitt besorgt. Wenn du willst, kannst du die Geschichte von Flöhezimtens Bell-Ami anhören, gesprochen von dem unübertrefflichen Hanns Dieter Hüsch. Er konnte jeden Text zum Erlebnis machen, so auch meinen. Bei seinen Vorträgen, auch von anderen Autoren, hatte ich den Eindruck, dass ihm gerade Texte, die in der Metrik nicht so geglättet oder gar eigenwilliger waren, besonders ineressant erschienen.

Fridolins Bell-Ami

Die jetzige Fassung ist für mein Gedichtband mit Gedichten über Professor Schlurch bestimmt. Inzwischen habe ich "dröhnt laut" durch "dröhnt nun" ersetzt. Den Rest will ich mal so lassen.

Vielen Dank für deine intensive Beschäftigung und Komentierung.

LG Fridolin
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Alt 04.10.2012, 18:34   #5
männlich Pit Bull
 
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Hallo Fridolin!

Die stimmliche Mutation vom unscheinbaren Dackelhund zum schönen Bell-Amor, nein, Bell-Ami, ist Dir wieder auf herrlich „Schlurche“ Art gelungen.

Hier zwei Schmankerl:
Und zappelnd pappelt der Dackel wackelnd an die Pappel.
Bell-Ami, Bell-Amor, lass doch mal den Dackel vor.


Naja, ein Versuch war es wert.

VG Pitti
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Alt 06.10.2012, 10:49   #6
gummibaum
 
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Das Gedicht ist super, lieber Fridolin. Der kleine Dackel mit der tiefen Stimme geht mir nicht aus dem Sinn. Das Medikament bräuchte ich auch.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.10.2012, 14:10   #7
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Beiträge: 1.026

Vielen Dank Pitti und Gummibaum für die netten Worte.

LG Fridolin
Fridolin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.10.2012, 21:25   #8
weiblich Ex-Nitribitto
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Beiträge: 407

Standard Bell-Ami

Fridolin, du kommst immer wieder auf vertrackte Ideen. Herrlich!

Lieben Gruß
Nitribitto
Ex-Nitribitto ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.10.2012, 22:26   #9
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998

Lieber Fridolin,

die außer sich geratene Amplitude meiner Fieberkurve erlaubt mir nur ein

großartig

Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.10.2012, 16:35   #10
männlich Fridolin
 
Dabei seit: 04/2010
Beiträge: 1.026

Hallo allerseits,

vielen Dank nochmal fürs Lesen und Kommentieren. Noch als Ergänzung:

Nach Anregungen von verschiedener Seite habe ich meine Verse inzwischen geglättet und Überlängen beseitigt. Jetzt sind es durchgängig vierhebige Jamben, ich denke, dass nun auch die Einwendungen von Poetibus ausgeräumt sind.

Bell-Ami

Professor Schlurchens Dackelhund
kann eines Tages nicht mehr bellen
und zählt, nach ärztlichem Befund,
nun zu den hoffnungslosen Fällen.

Doch Schlurch, der seinem Tierarzt grollt,
bricht sich mit eignen Mitteln Bahn,
entwickelt, der Chemie abhold,
den Zauberheiltrank »Belldrian«.

Er flößt den Saft dem Tierchen ein
und hört zu seiner Überraschung:
Sein selbstgebrauter Kräuterwein
führt bei dem Hund zur Stimmbandwaschung.

Die Stimme rutscht Oktaven tiefer
sie dröhnt wie eine Kirchturmglocke,
und öffnen sich zum Wau die Kiefer,
nimmt Reißaus selbst die größte Dogge.

Schlurchs Waldi, ziemlich klein und dicklich,
wird über Nacht ein tolles Vieh.
Und Dackeldamen augenblicklich
umschwärmen ihn als »Bell-Ami!«

LG Fridolin
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