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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 28.01.2016, 14:35   #1
männlich Antropodefectum
 
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Standard Säuferseele

Säuferseele

Noch nicht ganz 12 Uhr Mittags. Sonntag Mittags. Ich betrinke mich, denn Morgen kommt Besuch. Die erste Sitzung des Weltrettungskomites beehrt mich in meinem versifften Hotel, bis dahin versiffe ich weiter im Wein. Ich versiffe im Elend der Welt, in geistigen Slums meines matschigen Kopfes. Der Rausch von gestern lässt mich meines traurigen Daseins erinnern und muss daher in Alkohol ertränkt bis in alle Ewigkeit vor sich selbst geschützt werden. Aufzuhören war nie eine ernsthafte Option. Entscheidungen sind sowieso nicht meine Stärken, vielleicht ist deshalb auch mein Leben so ein Dreck. Hör auf zu Jammern schreit die Stimme im Kopf. Ich gebe auf, die Stimme hat Recht. Aber als Kind eines Alkoholikervaters und einer Karriereabhängigen Mutter darf durchaus ein bisschen Selbszerstörung zelebriert werden. Sie ist sogar eine Notwendigkeit, es gibt schon genug Menschen und jeder neoliberale Trottel weiss, wenn von einer Ware viel vorhanden ist verliert sie an Wert. Wertloser, alles mit sich in den Abgrund reissender haufen Biomasse. Nein, dazugehören will ich nicht. Scheiss auf euch! Aber allein sein mit mir selbst ist ebenfalls keine Option. Rette ich jetzt die Welt oder schiesse ich mir in den Kopf? Alles so kompliziert und ich mag mich nicht entscheiden. Leben will ich, schreit die kleine miniatur Ausgabe von mir auf meiner linken Schulter ins Ohr. Doch lebe ich nicht jetzt gerade, in diesem Moment, ich Trinke und Schreibe. Das ist doch das was ich wollte. Da ich es jetzt tue, will ich aber etwas anderes. Ich will Essen oder Ficken oder Bier statt Wein. Nicht mehr alleine sein statt Einsamkeit. Ständige unzufriedenheit, ständiges suchen und nichts finden. Nichts tun und wollen oder tun was ich nicht tun will. Ein Meer aus Scheisse. Menschliches Leben der Extraklasse. Das liegt aber wohl alles an mir, weil ich ein im Selbstmittleid hängengeblibener Vollversager bin. Woran soll es auch sonst liegen? Ganz sicher nicht bei allen Anderen, die genau so beschissene Untermenschen sind wie ich. Das System kann auch nicht Schuld sein, denn das funktioniert für den grössten Teil dieses Clown Kabinetts vorzüglich. Nein, eigentlich nicht für den grössten Teil und lustig ists auch nicht. Die Dummen Vollidioten erkennen wohl einfach ihr fremdbestimmtes Leben nicht an oder haben es bereits akzeptiert. Sie schleichen wie Zombies durch Strassen der Grossstädte, verstopfen die öffentlichen Verkehrsmittel und bescheren mir chronische Würgereize. Letzteres liegt wohl wiederum an mir, weil die anderen ja gar nicht so scheisse sein können wie sie sind.

Warum denke ich so, musste es echt mich treffen? Jetzt bin ich nicht nur der Spast der Spasten, ich kann nicht mal mehr mit ihnen Leben, so zum Spast bin ich geworden. Schreibe Scheisse auf Computer-Tastaturen und hasse mich selbst, mein Leben und diesen ominösen Kevin. Wo kommen diese ganzen Gestörten eigentlich her, frage ich mich und zieh an der Zigarette, nippe am Weinglas, bis ich die Antwort gefunden habe. Es ist die von Menschenhand aufgezogene, in der Apokalypse endende, dramatische Theatervorstellung. Als gefangener Statist bleibt nur der Hirntumor der Dummheit. Wäre dies nicht der Fall, hätte ihm auch eine andere Rolle zugeteilt werden dürfen. Die Rolle des Statisten, spielt er aber mit unglaublicher Glaubwürdigkeit, sodass der Weg ins unheilbar Kranke triviale nur eine Frage der Zeit sein kann. Die Zeit ist der Faden der sich durch die menschliche Existenz zieht. Ich ziehe Zeit durch die Nase zum Studenlohn. Ein bisschen abstrakt aber mir gefällt die Vorstellung. Ich hoffe nur die Vorstellung ist Zeichen der Illusion und nicht symbolisches Kopfkino der Realität. Ist die Vorstellung der Realität schizophren? Die Schizophrenie liegt wohl im Denken des Menschen oder auch nur in der unzulänglichkeiten der deutschen Sprache. Ich werde hin und her gerissen wie nicht geliebte Babys. Mein Kopf spielt mit mir "Das verrückte Labyrinth". Denken macht nicht glücklich und ich bin nicht glücklich. Ich bin traurig, wütend und gefrustet, sowohl über mich selbst als auch über die Welt. Der Weltschmerz reisst genähte Wunden aus dem Körper. Der Hass auf die Menschen nährt den Hass nach mir selbst. Der Frust über das Endprodukt, treibt mir die Tränen des Zorns auf die Wangen des Nichts. Wie Mathias Beltz bereits wusste ist es schwierig für ein Nichts ein Etwas spielen zu müssen. Doch bis heute weiss niemand wie aus dem Nichts etwas werden konnte. Bis vielleicht auf die katholische Kirche aber die haben ihre kredibilität des öfteren verspielt. Trotzdem scheint es möglich zu sein.
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