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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 12.08.2016, 23:39   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Romantikers Klage

Die blaue Blume, die wir gefunden,
die Blüte des Geistes, der Poesie,
ihr Duft, zu heilen des Dichters Wunden
und zu beflügeln die Phantasie:

Des frühen Todes musste sie sterben,
durch Neubürgers kühlen Verstand geknickt,
mit ihr das Reich der Magie verderben,
in das wir kurz und mit Sehnsucht geblickt.

Durch feste Mauern ertönt ein Klingen,
dort werden die Waffen übend gekreuzt,
derweil beim Bürger die Münzen springen
und Friedrich den Hohenasperg beseufzt.

12.08.2016
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Alt 14.08.2016, 15:08   #2
Thing
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Standard Liebe Ilka-Maria -

in wunderschönen Versen besingst Du drei frühverstorbene Dichter, will sagen zwei Dichter und eine Dichterin.
Novalis, der so lange und tief an unglücklicher und glücklicher Liebe litt - er hat die Blaue Blume der Romantik zum Erblühen gebracht.
Er steckte sich an der Schwindsucht an, während er den kranken Schiller pflegte. Mit 29 Jahren hauchte er sein Leben aus.
Eine romantische, unerfüllte Liebe ließ Karoline von Günderrode - die "Sappho der deutschen romantischen Dichtung" - zum Selbstmord mit dem Dolch greifen.
Einer der größten Dichter deutscher Zunge (dem wir die Hälfte des Büchmanns verdanken), Friedrich Schiller, verfaßte - das Schicksal Schubarts vor Augen - sein unsterbliches Drama "Die Räuber".
Er wurde nur sechsundvierzig Jahre alt.

Dein Hohelied kommt auf meine Favoritenlist - hochverdient.

Ich verbeuge mich und grüße Dich!

Thing
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Alt 14.08.2016, 15:54   #3
gummibaum
 
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Das Gedicht gefällt mir, liebe Ilka.

Ich sehe allerdings nur einen: Novalis (Friedrich von Hardenberg), Schöpfer der Blauen Blume.

"Klingen" dürften die Waffen in seinen Ohren eigentlich nicht.

LG gummibaum
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Alt 14.08.2016, 16:02   #4
Thing
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Das Klingen der Waffen orte ich auf dem Hohenasperg.
In der zweiten Strophe ist für mich eindeutig Karoline von Günderrode zu erkennen und der Hohenasperg läßt deutlich auf Schiller schließen.

Warten wir ab, was Ilka-Maria dazu meint.

LG
von
Thing
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Alt 14.08.2016, 16:26   #5
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von gummibaum Beitrag anzeigen
Ich sehe allerdings nur einen: Novalis (Friedrich von Hardenberg), Schöpfer der Blauen Blume.

"Klingen" dürften die Waffen in seinen Ohren eigentlich nicht.
Novalis ist es nicht. Auch nicht Schiller.

Mit der Günderrode hat es ebenfalls nichts zu tun.

Im Kern handelt das Gedicht von der sehr kurzen Lebenszeit der Romantik, ca. 50 Jahre. Das aufkommende Bürgertum mit seinen wirtschaftlichen Interessen erstickte die Idee der blauen Blume, also die Phantasie und die Idee der Freiheit, im Keime. Mehr noch: In der Folgezeit wurde der Gedanke an den Nationalismus, wie ihn die Romantiker pflegten, pervertiert und führte zu Kriegen. Mit gutem Grund wurde der Friedrich, der in meinem Gedicht genannt ist, verdächtigt, verrückt gewesen (oder geworden) zu sein.
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Alt 14.08.2016, 16:43   #6
gummibaum
 
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Wir waren uns beide viel zu sicher. Zum Verrücktwerden ...

Friedrich gummibaum
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Alt 14.08.2016, 17:12   #7
weiblich Ilka-Maria
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Zugegeben: Das Gedicht komprimiert das Thema ziemlich stark.

Symbolisch ist mit dem Hohenasperg und seinem prominentesten Gefangenen, Christian Schubart, der Widerstand gegen den Freigeist der Romantiker gemeint. Schubart war dort zehn Jahre lang in Haft. Friedrich Schiller hatte ihn besucht, und ich meine, auch Hölderin sei einmal bei ihm gewesen (Friedrich Hölderlin ist in meinem Gedicht gemeint).

Vielleicht bringt das mehr Klarheit in die Sache.

Was die Romantik angeht, Leute: Safranski lesen!
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Alt 14.08.2016, 18:12   #8
Thing
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Hui, da hab ich aber danebengehauen!
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Alt 15.08.2016, 12:25   #9
gummibaum
 
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Hab sofort das Buch bestellt!
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Alt 15.08.2016, 12:47   #10
Thing
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Beiträge: 34.998

Jetzt liegt es unausgelesen, Lektüre folgt noch.
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.08.2016, 09:54   #11
männlich Nöck
 
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Liebe Ilka,

die blaue Blume der Romantik ist so unsterblich wie ihre Dichter. Mir gefallen die Gedichte dieser Zeit. Natürlich ist der erste Gedanke beim Lesen deiner Würdigung "Novalis".

Und auf mich hat die Farbe Blau schon immer eine starke Anziehungskraft gehabt (Deshalb tanke ich Aral ) Nein, Spaß beiseite. Der blaue Himmel und das blaue Wasser in den norwegischen Seen haben es mir besonders angetan. Zudem ist das Blau bei Blumen nicht die häufigste Farbe, sticht aber als Kontrast immer heraus.

Ein Gedicht, das ich mehrmals lesen musste, um es richtig wirken zu lassen.

Liebe Grüße
Nöck
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Alt 18.08.2016, 13:02   #12
weiblich Ilka-Maria
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Meine Lieblingsfarbe ist das Lila - man sagt, es sei die Farbe des heimlichen Rebellen.

Dicht gefolgt von Weiß.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.08.2016, 13:54   #13
männlich Nöck
 
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Beiträge: 2.662

Zitat:
Zitat von Ilka
Meine Lieblingsfarbe ist das Lila - man sagt, es sei die Farbe des heimlichen Rebellen.
Von heimlich allerdings keine Spur!

Weiß, die vollkommenste Farbe.

LG Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
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