Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Forum durchsuchen Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Lebensalltag, Natur und Universum

Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 04.04.2008, 16:27   #1
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Standard Kleines Sommerfest

Durch Tränen erreichen Augenblicke Nichts.
Durch Sturm erreichen Fortgeschwommene
die Küste.

Wenn Regen durch Nadelbäume schleicht
in der Nähe von dem saisonalen Fest.

Wenn ein frisch gewischtes Saxophon
an angewärmten Lippen atmet,
und gefüllte Krüge über Köpfen brechen.

Was der Musiklehrer sagen wollte,
wirst du nicht herrausfinden können,
in dem du tiefer trinkst.

Und welche Wurst es ist,
wird der Vater verraten,
der die angekohlte Rote
ganz gerne mit viel Senfgemansche hat.

Zu meiner Mahnung zeigt mir Gott
fette Ameisen, die auf Stengeln
weg von Ihren Heimatorten balancieren.

Und ich bin dabei, nass zu werden,
und die Unterhose und die Haut
am kurzen Bart
an Obdachlose zu verschenken,
als ich denke,
Hilfen hätten besser Plastikstäbchen
in die Pommes Frites Schale reingelegt.
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.04.2008, 14:43   #2
blaue_Raupe
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 82

Hallo Inline,



jetzt bin ich wieder überrascht worden, weil ich angenommen hatte, hinter dem "Kleinen Sommerfest" ein kürzeres Stimmungsbild vorzufinden und war gespannt, was ausgesucht worden ist.
Da dem nun nicht so ist, sondern viel mehr ein Gedicht gefunden wurde, das eben kaum "in line" mit irgendetwas ist, möchte ich nur vorrausschicken, dass das eher nicht-Gefallen nicht daher rührt, dass ich beschwingte Sommerbilder oder süßlichen Heuduft darin vermisse.

Was mir größere Schwierigkeiten bereitet, ist zum einen das Gemisch aus den saloppen unverdichteten Räumen wie "ganz gerne mit viel Senfgematsche" und den verdichteteren, die mir in den Bildern aber nicht geglückt scheinen, wie der "durch die Nadelbäume schleichende Regen". "Schleichen" beinhaltet für mich eine vorwärts gerichtete, leise, vorsichtige Bewegung - mir Regen in Nadelgehölzen bringe ich das nicht überein und sehe auch noch nicht, wo die Funktion der Kombination den Text mittragen sollte.

Ähnlich verhält es sich z.B. mit "Durch Sturm erreichen Fortgeschwommene die Küste", das zwar die Wasserreferenz aus der ersten Zeile wieder greift, aber mich eher zum Gedanken verleitet, "Klar erreichen sie, aber tot, und wer weiß, welche."
Ich sehe die Wasserverbindung Tropfen/Meer/Tropfen in den Eingangszeilen, aber sie scheinen eher vom Rest abgetrennt, und dann springt der Text.
Plötzlich geht es um Blasinstrumente, geheimnisvolle Mitteilungen eines Musiklehrers (?) ("herausfinden") und Sprache, die ich mit Mühe noch im Gesamten unterbringe, etwa die über den Köpfen zerbrechenden Krüge oder das "tiefer trinken". Mag eine Verbindung zu den Fortgeschwommenen des Anfangs sein, wirkt aber auf mich gewollt und künstlich gestelzt, was durch die herben Stilbrüche umso mehr ins Auge sticht.
Da der Text an anderen Stellen sehr zerfasert, ausgefranst und "runtererzählt" wird und die Verdichtungsversuche noch hinken für mich, ergibt das noch kein überzeugendes Ganzes.

Wenn ein frisch gewischtes Saxophon
an angewärmten Lippen atmet,
...
Dieses Bild hingegen gefällt mir, sowohl klanglich als auch in der Verbindung von Instrument und Spieler.
Wenn es davon mehr gäbe mit entdeckbaren Links und auch evtl. Stimmungsbrüchen in Personen und Schauplatz, könnte ich mir das Alles besser vorstellen und auch ein Gesamtes weiter assoziieren.

Aber was soll ich mit Vater, Wurst und dem mahnenden Gott über Ameisen anfangen? Gegen hermetischere Texte habe ich im Prinzip nichts, hier allerdings hinterlässt der Text eher das Gefühl von Stückwerk mit vielen Fragezeichen.

In der letzten Strophe ahne ich zumindest, worauf der Gedanke hinauslaufen soll, und sie hebt auch nett an, aber es folgt die Haut(?) am(!) Bart, die dem Obdachlosen geschenkt werden soll.

Vielleicht ist es alles ein Bild des augenscheinlich Feinfühligen, der verloren auf einem Grillfest sitzt (zumindest die Musik-Stelle lässt es mich vermuten), jemand, der sich dort nicht hingehörig fühlt, aber auch nicht gehen soll oder kann (wie fette Ameisen), aber in Bild und Sprache ist es mir noch nicht ansprechend und dich genug umgesetzt und verknüpft.

Ich hoffe, es lässt sich trotzdem was damit anfangen.

LG
r~~~
blaue_Raupe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.04.2008, 14:53   #3
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Hi Raupe,

danke für deine Rückmeldung! Um es vorweg zu sagen, ich bin mit diesem Text selbst unzufrieden. Mir geht momentan viel durch den Kopf, so dass ich zwischen einer ganzen Menge an Stilen hin-und hergerissen bin. Das war nicht immer so.

Die Sätze mit dem Instrument sind eher melodisch. Der Anfang mit dem Schwimmen etwas philosophisch. Die Bratwurst rauh und alltäglich. Die Ameisen eine Art Gleichnis und der Schluß ein Wortspiel und anderes. Es ist wohl schwer so viele Brüche zu verstehen, und auch nicht sinnvoll soviele Brüche einzubauen.

Da ich gerade nicht viel Zeit habe, komme ich später auf deinen Kommentar zurück. So viel zunächst.

Danke und Gruß Inline
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.04.2008, 18:32   #4
blaue_Raupe
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 82

Hi nochmal,


Zitat:
danke für deine Rückmeldung! Um es vorweg zu sagen, ich bin mit diesem Text selbst unzufrieden. Mir geht momentan viel durch den Kopf, so dass ich zwischen einer ganzen Menge an Stilen hin-und hergerissen bin. Das war nicht immer so.
Wenn du selbst nicht zufrieden mit ihm bist, bringt es ja vielleicht noch was, wenigstens zu filtern, woran es in deinen und meinen Augen liegt.
Ich kenne die Brüche im Schreiben auch, wie wahrscheinlich die allermeisten, frühere Texte von dir noch nicht, also bleibt nur, erstmal noch nach diesem zu sehen.
Zitat:
Die Sätze mit dem Instrument sind eher melodisch. Der Anfang mit dem Schwimmen etwas philosophisch. Die Bratwurst rauh und alltäglich. Die Ameisen eine Art Gleichnis und der Schluß ein Wortspiel und anderes. Es ist wohl schwer so viele Brüche zu verstehen, und auch nicht sinnvoll soviele Brüche einzubauen.
Mittlerweile habe ich nochmal gucken können und werde zu den einzelnen Teilen noch was dalassen, hoffentlich als Gedanken- und Werksgrundlage.
Dass es zeitlich knapp ist, ist ja nicht so schlimm ... es läuft ja nicht davon und du kannst dir ja später die relevantesten Punkte rauspicken.
~
Durch Tränen erreichen Augenblicke Nichts.
Durch Sturm erreichen Fortgeschwommene
die Küste.

Wenn Regen durch Nadelbäume schleicht
in der Nähe von dem saisonalen Fest.
___
Wenn du von vielen Brüchen sprichst, stehn wir hier hinter dem erste kleinen ud vor dem ersten großen.
Soweit ich es sehe, eröffnest du mit einem Wortspiel, eben der Träne, die durch das Verschließen des Lids fällt und das Nichts durchfällt, und halt die übertragende Position des "Heulen bringt ja nichts"
Das Wasser bleibt, aber ich hab den Text jetzt nochmal angesehen und glaube, dass du auf anderer Bildebene schon auf die Ameisenwanderung Bezug nimmst - eben die Ameisen, die auf dem Weg fort sind, (wovor gewarnt wird) und den Sturm, der die, die der Heimat den Rücken gekehrt haben, wieder zurückträgt.
Was an Kritikpunkt bleibt, ist, dass ich in den Bildern keine Verwandtschaft sehe. Wenn die Bilder einem näherliegenden Bereich entstammten, wäre es reizvoller und leichter, Größen- und Bewegungsrelationen dazwischen auszumachen. Das könnte dann auch den Inhalt entlang der Grundlinie gewichten.
~

Wenn ein frisch gewischtes Saxophon
an angewärmten Lippen atmet,
und gefüllte Krüge über Köpfen brechen.

Was der Musiklehrer sagen wollte,
wirst du nicht herrausfinden können,
in dem du tiefer trinkst.
___
Die Musikstelle hast du als eine harmonischere beschrieben, das teile ich. Die gefüllten Krüge, die über Köpfen brechen, versteh' ich immer noch nicht - Klopperei, Skandal im Sperrbezirk?
Im 2. Stück gibt's zumindest wieder eine Ahnung. Der gesamte Text scheint sich ums Dableiben, Losreißen wollen und den Unterschieden zwischen zu Haus und der Fremde zu drehen.
LI macht also zunächst mit, peilt aber dadurch nicht besser, was der "ihm Verwandte"(?) Musiker mitteilen wollte ... "Geh fort von hier, mach was aus dir?" Könnte sein.
~

Und welche Wurst es ist,
wird der Vater verraten,
der die angekohlte Rote
ganz gerne mit viel Senfgemansche hat.

Zu meiner Mahnung zeigt mir Gott
fette Ameisen, die auf Stengeln
weg von Ihren Heimatorten balancieren.
___
Der sprachlich schwächste Teil für mich; in V1 & 2 schwingt bloß ein Hauch dessen mit, was ich weit herholen könnte, nämlich, dass es immer noch der Vater ist, der die Entscheidungen mittrifft, auch für das LI, sagt, welche Wurst seine sein wird und welche nicht.
Du sagst, dass es das Alltägliche, Profane bebildern soll, was im Bild schon mittragen mag, aber deshalb sprachlich gleich so einzureißen? Daher stammte u.a. der Begriff "Stückwerk" in meinem ersten Post.
Zu den Ameisen scheint eine winzige Spur des Fütterns zu führen, eine Wurstkonstante sozusagen, wenn die fettgefressenen Ameisen weg vom Heimatort ziehen und vielleicht verhungern werden, wenn der Vater nicht mehr die Gegrillte kredenzt.
Von Ameisen als Gleichnis habe ich nicht so die große Ahnung - das Einzige, das ich kenne, entstammt der griechischen Mythologie und scheint hier nicht zu passen.
Vielleicht kommt ja noch was.
~

Und ich bin dabei, nass zu werden,
und die Unterhose und die Haut
am kurzen Bart
an Obdachlose zu verschenken,
als ich denke,
Hilfen hätten besser Plastikstäbchen
in die Pommes Frites Schale reingelegt.
___
Das Wortspiel sehe oder verstehe ich nicht. Plastikstäbchen zum Balancieren anstelle der Halme, weil sie besser schwimmen, selbst mit Ameisenbesatzung im Sturm? Plastikstäbchen als "Hilfe" zum Entkommen?
Ich weiß es nicht, aber liegenlassen mochte ich alles nun auch nicht.

Bleiben die Kritikpunkte der hohen Zerrissenheit und des wenig Verwandten, in Bild und Sprache. Vielleicht hilft's, Fremdeinschätzung zu sehen um Lücken zu füllen ... oder eine Linie zu sehen.
Auf mich wirken die Bilder teils zu willkürlich gewählt, obwohl ich sehr vermute, dass du dir was dabei gedachthast, und sprachlich wenig gestützt, weil ich auch die Unterschiede, die sich in Sprache zu den zugehörigen Bildern herausschälen ließen, wenig ausgearbeitet sehe. Das Ganze ist ziemlich wild durchmischt und der innere Zusammenhang fehlt auf lesenswerterer Ebene, vielleicht ähnlich dem Gefühl beim Schreiben, wenn du arg unklar warst.

Das nochmal als Textwerk,

bis dann also,
VG
r~~~
blaue_Raupe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.04.2008, 15:14   #5
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Hi Raupe,

vielen Dank für Deine ausführlich Antwort! Da hast Du Dir ganz schön Mühe gemacht...

Bei den Krügen, denke ich tatsächlich an eine Schlägerei. Kommt ja bei Volksfesten oder Sommerfesten häufiger Mal vor. Hier geht es um ein Sommerfest. Und zwar erinnere ich mich an eines als ich 16 war. Es war ein Fußballturnier auch dort, und es hat zeitweise geregnet. Als ich ging, hab ich mich nochmals umgedreht, und eine Gefühl gehabt, das ich mit diesem Text beschreiben wollte. Wie wir beide wissen, ging das schief...

Wenn ich das Ding jetzt anschaue, finde ich vor allem die Sache mit der Wurst mies. Da hast du sicher recht, dass dies der schwächste Teil ist. Es ist irgendwo so plump und fügt sich garnicht in das Geschehen ein. Wurstkonstante :-). Die Ameisen sind meine Phantasie. Am Rand vom Fußballplatz ist ein Bach, und in der Nähe viele Ameisen. Ich hab mir vorgestellt, dass sie auf Blättern bis nach Amerika reisen, und nur die dicksten ankommen.

"Und ich bin dabei" hört sich so an als wäre man aktiv, aber das Regen macht das schon alleine. Bei der 2. Zeile meint man, denke ich, dass der Erzählende berichtet, dass er bis auf die Unterhose nass wurde. Statt dessen, wird alles ein bißchen verwirbelt. Zuletzt der üble Satz mit der Pommesschachtel.

Kann nur besser werden... Ich denke auch die Länge ist völlig überzogen... Vielleicht beim nächsten Versuch...

Danke und liebe Grüße

Inline
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Kleines Sommerfest

Themen-Optionen Thema durchsuchen
Thema durchsuchen:

Erweiterte Suche



Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.