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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 30.04.2017, 13:57   #1
männlich talking head
 
Dabei seit: 05/2016
Ort: NRW
Alter: 63
Beiträge: 754

Standard Am Totenbett

Tränen sollst du nach mir weinen,
wenn ich einst nicht mehr bin.

Im Sterben verweht dein süßer Duft
die Angst aus meiner kalten Gruft.

Doch fürwahr, ich war ein Schuft.

Stach in manch' süßen Leibes
unberührte Blüte,

trank zügellos und wie besessen
aus fremden, heißen, vollen Quellen,
die daheim schon lang vergessen.

Zumeist war's Lug nur und Betrug,
bekam von allem nie genug;

mit solch verdorbenem Gemüt,
an dem so manches Weib zerbrach,
ersuch um Einlass ich ganz oben.

Jedoch der Engel sieht im Buch
zu wenig Gutes für's Gesuch.

Wie feuchter Nebel kriechen
untote Wesen gierig in mich hinein,

gefräßig sich zu laben
an meiner Seele faulem Rest.

Der kalte Himmel steht erhaben,
feiert ohne mich sein Fest.

Aus schwarzen Augenhöhlen
kriechen verbogene Leiber
rastlos nach Liebe suchend
wie blinde Würmer über meinen Leib;

umschwirren Geister der Vergangenheit
mich noch als bleiche Schatten;

schon mein letzter Atemzug
ist als gerechter Raub
nur toter Staub.

Aus weiter Ferne aber
wähnt mir leis' doch mit Gewicht:
„Nun ist's genug.
Gab sie doch für dich ihr Leben.

Lass aus ihrer Seele Quell
es in dich fließen, klar und hell.

Gerät auch das noch zum Betrug,
bleibt es bei den Schatten nicht,
dann fressen dich die Ratten;

du bist am Zug.“

Die Kälte weicht, warm fließt es wieder,
der Alb vorbei, öffne die Lider.

Hell und erhaben steht nun der Himmel,
am Totenbett muntres Gewimmel,
der Schnitter, die Sense schon zum Hieb erhoben,
ging zum nächsten Bett nach oben.

Suche nach ihrer liebenden Hand,
dich, großer Gott, zu loben.

„Und sprach, oh Herr, ich laut im Todestraum,
dann sag ihr nichts, hilft es doch kaum,

denn was sie nicht weiß,
macht sie nicht heiß.“

„Nur Mut, mein Sohn,
bringt doch die Sonne an den Tag,
was zu verzeihen
wahre Liebe nur vermag.“

Erlöst nun vom Verderben,
könnt ich endlich ruhig sterben,

doch werd' von nun an ehrlich sie umwerben.
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