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Rollenspiele und Bühnenstücke Eigene Bühnenstücke, Rollenspiele und Dialoge.

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Alt 18.01.2008, 13:53   #1
Rabenstolz
 
Dabei seit: 01/2008
Beiträge: 22

Standard Tinka und der König

Hallo,

es handelt sich hierbei um eine Geschichte, die als Hintergrund zu einem Rollenspiel gedacht ist. Sollte darin irgendjemand warum auch immer gewisse Charaktere aus dem Liverollenspiel wiedererkennen, so ist dies gewollt und von deren Spielern genehmigt und abgesegnet. Die Anlehnung an das Reich Iconess und seine Bewohner ist kein Zufall.

Viel Spaß beim Lesen,

Rabenstolz
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Alt 18.01.2008, 13:55   #2
Rabenstolz
 
Dabei seit: 01/2008
Beiträge: 22

Standard Kapitel 1: Sommerfeld

Die Sonne schien auf ein Getreidefeld, das golden wogend im Sonnenschein stand. Der Wind malte Wellen auf die reifen Ähren, und das Zirpen der Grillen erfüllte die warme, duftende Luft unter dem tiefblauen Himmel über dem Land. Am Horizont im Nordosten konnte man, wabernd im Dunst des Sommertages, eine Anhöhe erkennen, auf deren Spitze mächtig und stolz eine Burg thronte, deren hohe Zinnen und noch höhere Türme das Land überblickten.

Leises Rascheln huschte durch das Korn, gedämpftes Kichern erklang mal hier, mal dort, und gelegentlich blitzte rotes Haar unter einem Sonnenstrahl auf wie Kupfer in der Esse.
Auf dem Pfad näherte sich ein Reiter. Sein Pferd war ein gewaltiges Schlachtroß, mit starken Muskeln und breiten, eisenbeschlagenen Hufen, unter denen Funken stieben, wenn das Tier auf einen Stein trat. Der Reiter selbst trug eine karierte Wolltunika und ebenfalls karierte Hosen, einfache Wildlederstiefel und keine Waffen, doch so, wie er auf dem Pferd saß, war klar, daß er eigentlich ein Krieger war. Kurzes Haar und ein kräftiger Kinnbart paßten zu seiner hochaufgeschossenen Statur, und das einzelne lederne Armband am rechten Handgelenk betonte seine kräftigen Arme nur noch mehr.
Suchend bewegte sich der Kopf des Reiters nach links und rechts über das wogende Gold der Felder. Auf seinem Gesicht spiegelten sich teils Erheiterung und teils Ungeduld, und immer wieder zog er die dichten Brauen zusammen, wenn er meinte, etwas gesehen zu haben.
Neben ihm im Korn raschelte es, und sein Kopf fuhr herum, doch er sah nichts, hörte nur das leise Lachen. Ein widerwilliges Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab.
"Tinka!" Wie ein kurzer Donner rollte seine Stimme über die Ebene und schwappte wieder zu ihm zurück, gefolgt von einem Echo. "Tinka, komm heraus! Du hast mich lange genug genarrt jetzt!" Ein leichter Ruck an den Zügeln ließ das große Pferd stehenbleiben.
Eine Bewegung huschte in Kreisen um das Pferd durchs Feld.
"Aber Onkel Doooon!" Eine helle, kindliche Stimme voller Trotz antwortete dem Krieger, doch kein Kopf zeigte sich über den schaukelnden Ähren. "Du hast mir versprochen, daß du heute mit mir jagen gehst, Onkel Don!"
Wieder lächelte der Reiter und zuckte die Achseln. "Ich weiß, Tinka, ich weiß! Und es tut mir auch leid, daß ich nicht gleich heute morgen.."
"Nur weil deine doofen Ministranten dich beim Frühstück genervt haben!"
"Minister, Tinka, das sind meine Minister", korrigierte die tiefe Stimme die hellere. "Und es war wichtig, was sie mit mir zu besprechen hatten." Seine Ohren folgten der Stimme durch das Feld.
"Aber du hast es mir versprochen!" Das Rascheln der Halme kam näher. "Du hast gesagt, gleich nach dem Frühstück ziehen wir los, aber dann bist du mit den doofen Minuskeln-"
"Ministern..."
"Das ist mir doch egal! Du bist mit denen weggegangen! Da mußte ich ja alleine jagen gehen, Onkel Don!" Ein weiteres Rascheln, und eine zierliche Elfe im Kilt trat auf den Weg vor das Pferd. Die zwei Zöpfe links und rechts ihres Kopfes zitterten, während sie aus zornigen grünen Augen zu dem Reiter hochsah. Ihre Hand umklammerte einen Speer, dessen Spitze im Licht funkelte. Allerdings war sie kein Kind -mindestens für fünfundzwanzig Lenze konnte man sie halten.
In einer einzigen Bewegung schwang der Reiter sich vom Pferd und machte einige Schritte auf die Elfe zu, doch sie richtete die Speerspitze auf ihn.
"Nein! Ich bin sauer, Onkel Don!"
Jetzt lächelte er nicht mehr. Jetzt grinste er breit. Die Handbewegung, mit der er den Speer zur Seite wischte, war so schnell, daß die Kleine nicht reagieren konnte, und einen Wimpernschlag später stand er direkt vor ihr und drückte ihren Kopf an seine Brust.
"Ich habe mir Sorgen gemacht, Tinka, als du auf einmal weg warst", sagte er, ein wenig heiser vor unterdrückter Erleichterung. "Du kannst doch nicht einfach so weggehen, du weißt doch gar nicht, wie viele Leute dir Böses wollen, nur weil du meine Freundin bist."
"Aber die kennen mich doch alle gar nicht", murmelte die Elfe und schlang die Arme um seinen Bauch.
"Aber sie wissen, wer du bist, kleine Tinka, und sie würden dir wehtun, nur um mir wehzutun." Auf einmal ruckte sein Kopf hoch, ebenso wie das seines Schlachtrosses. Hufschlag war auf der Straße zu hören. "Schnell, Tinka, wieder ins Feld -los!" Erschrocken löste sie sich von ihm und war kurz darauf wieder zwischen den wogenden Ähren verschwunden. Der Krieger straffte sich und ballte die Hände zu Fäusten, da er sonst keine Waffen bei sich trug.
Vier Pferde näherten sich, und als er die Reiter erkannte, entspannte er sich. Die Wappen waren dieselben, die auch über den Zinnen der Burg flatterten, und die Männer zügelten ihre Pferde wenige Schritte vor ihm und sprangen ab, um sofort auf die Knie zu fallen.
"Mein König", sagte der vorderste, "Euer Minister für Magie hat schlechte Nachrichten gebracht, Sire. Ihr müßt..."
"Ich muß gar nichts, McFinnley", unterbrach der König seinen Lehnsmann. "Der Minister kann jetzt warten. Und Ihr... gebt mir Euer Schwert!"
"Majestät...?" Verwirrt zog der Mann seine Klinge aus der Scheide und reichte sie seinem Herrn. "Aber..."
"Ihr reitet jetzt zurück auf die Burg, McFinnley", sagte der König mit Bestimmtheit, "und Ihr dürft anfangen, nach mir suchen zu lassen, wenn ich und Tinka nach Mitternacht nicht zurück sind. Verstanden?"
"Jawohl, König Donegan", antwortete der Mann. Alle salutierten, saßen wieder auf und ritten den Weg zurück, den sie gekommen waren. Einen Moment noch sah er ihnen nach, dann drehte er sich um und blickte über das Feld.
"Tinka? Komm her, wir reiten in den Westwald, und gehen da jagen. Da soll es ganz seltene Hörnchen geben..."
Rabenstolz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.01.2008, 09:57   #3
Rabenstolz
 
Dabei seit: 01/2008
Beiträge: 22

Standard Tinka und der König

Die Hitze hatte sich wie schwerer Samt über das Land gebreitet. Wenn die Menschen morgens den blauen Himmel sahen, stöhnten sie bereits und sehnten jede noch so kleine Wolke herbei. Die Getreidefelder waren abgeerntet, aber die Äpfel schrumpelten ein, wo sie doch prall und reif zur Ernte sein sollten. Selbst die Grillen zirpten leiser, wußten sie doch, daß ihre Zeit schon längst vorüber sein sollte.
Die unterhalb der Burg in deren Mauern eingebettete Stadt neigte sich zum Meer hin, doch die Winde verspotteten die Menschen, die nach Abkühlung lechzten. Von den fernen Bergen herab und über den Glutofen, zu dem die Ebene geworden war, wehten sie und trugen nicht Salzgeruch, sondern Staub und noch mehr Hitze in die Enge zwischen den Steingebäuden. Manchmal, abends, wenn die Menschen sich auf den Zinnen versammelten, konnten sie über den fernen Gipfeln Blitze und Wetterleuchten erkennen. Anfangs hofften sie noch auf Sommerregen, bis der Feuerschein brennender Bäume und Gehöfte sie eines Besseren belehrten. Nur Blitze, doch keinen Regen bargen die Gewitter, und als die Tag-und-Nachtgleiche nahte, wirkten die Wogen der See bereits so lethargisch wie die Bewohner des Landes.
In den Hallen der Burg jedoch waren manche Leute noch sehr geschäftig, um so mehr, je länger der unnatürliche Sommer andauerte. Der König und seine Minister tagten nun fast jeden Tag, um der Lage Herr zu werden. Die Minister für Magie, Finanzen und Leibeigene diskutierten laut am Ratstisch im Thronsaal, wobei einer den anderen beschuldigte, Fehler gemacht zu haben: Der Minister für Magie beklagte sich, er könne keinen ausreichenden Wetterzauber wirken, weil ihm nicht genug Geld für die entsprechenden Komponenten zur Verfügung gestellt würden. Der Finanzminister erwiderte, er könne nicht mehr geben, weil die Steuereinnahmen ja nicht annähernd hoch genug seien, da die Leibeigenen auf den Feldern nicht genug arbeiteten, woraufhin der Minister für Leibeigene, vormals selbst Unfreier, entgegnete, daß es den Feldarbeitern ebenso schlecht gehe wie allen anderen, solange das Wetter sich nicht ändere. Was natürlich der Minister für Magie als Kritik an sich auffaßte, und so ging der ganze Streit wieder von vorne los.
König Donegan saß, äußerst unköniglich, an die Seite seines Thrones gelehnt auf dem kühlen Marmorfußboden und beobachtete seine Minister, die drei, die redeten, und die anderen fünf, die sich ausschwiegen. Das Kinn hatte er auf eine Hand gestützt, und sein Blick war finster, wie so oft in den letzten Wochen. Quer über seinen Beinen lag ein mächtiges Prunkschwert mit edelsteinverzierter Scheide. Als die Diskussion wieder einmal von vorne begann, schüttelte er leicht den Kopf und stand auf.
„Genug.“ Er sprach nicht laut, aber sein Baß rollte durch die Halle und brachte die anderen zum Verstummen. Müde rieb er sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. „Alles, was Ihr sagt, heißt doch nur, daß wir immer noch keine Lösung finden. McJoliff?“
Der Oberste Priester der Kreuzgläubigen erhob sich. „Sire?“
„Ihr bleibt noch einen Moment. Ihr anderen könnt gehen. Und versucht, nach einer Lösung zu suchen, anstatt Schuld und Fehler bei anderen zu suchen.“ Die drei Minister zuckten zusammen, wie jedesmal, wenn er das in den letzten Wochen gesagt hatte, und verbeugten sich. Dann verließen alle bis auf den Priester in der violetten Robe den Saal, und die hohen Türen schlossen sich mit einem leisen Donnern.
Der König ließ sich seufzend wieder auf den Marmor zurücksinken und schloß für einen Moment die Augen. McJoliff kam herüber und ging vor ihm in die Hocke.
„Du siehst müde aus, Don“, sagte der Priester leise. „Du überspielst es gut, aber dein Gesicht ist grau wie Asche, wenn du meinst, daß es niemand sieht.“
„Wie viele haben es außer dir schon bemerkt?“ fragte der König, ohne die Augen zu öffnen.
„Nicht viele. Nur die, die dich schon lang genug kennen.“
„Dann ist es gut.“ Donegan straffte die Schultern und sah dann den Priester an. „Ein Fitzgerald darf sich keine Schwäche leisten, und ein König erst recht nicht.“ Für einen Moment brannten seine braunen Augen von einem inneren Feuer, doch genauso schnell war es wieder erloschen, und sein Körper sackte wieder zusammen. „Aber du hast recht, Edward. Ich bin müde. Und ich habe noch viel zu viel zu tun, um zu schlafen.“
„Ich befürchte, Schlaf allein wird dir nicht viel nutzen, alter Freund. Du hast eine Göttin verärgert, und sie wird nicht ruhen, bis sie sich nicht an dir rächen konnte.“
„Morrigan hat damit nichts zu tun!“ Jähzorn flammte auf, und Donegans Blick hätte den Priester durchbohren können. „Erwähne die Schlampe nicht wieder! Sie mag die Kriegsgöttin meines alten Landes sein, aber hiermit hat sie nichts zu tun!“
Edward zuckte mit den Schultern. „Wenn du meinst. Ich sage, daß Götter untereinander wohl kommunizieren können, möge der Herr mir diese Blasphemie verzeihen.“
„Dafür bist du der Priester, und ich bin der König. Glaube, was du willst. Ich muß regieren.“ Mit einem Ruck stand er auf und machte einige Schritte durch den Raum, ohne McJoliff anzusehen. „Ich wollte etwas ganz anderes mit dir besprechen: Du mußt Tinka wegbringen.“
„Die Elfe?“ Fragend zog der andere Mann eine Augenbraue hoch und stand ebenfalls auf. „Warum das?“
„Sie ist zu sorglos, zu unbedacht. Du weißt selbst, wie sie ist, Mann! Ich bin durch sie zu verwundbar, solange sie hier ist.“
„Hast du denn einen Grund, um ihre Sicherheit zu fürchten? Immerhin ist sie nur ein Findelkind, das du aufgenommen hast.“
„Ein Findelkind, ja.“ Er lachte kurz und hart. „Ein Findelkind, das den König um den kleinen Finger wickeln kann. Denkst du wirklich, das ist noch niemandem aufgefallen, Edward? Nein, sie muß fort vom Hof, am besten in ein Kloster oder irgendwo anders hin, wo ich mir keine Sorgen um sie zu machen brauche.“
Einen Moment lang sah der Priester den König eindringlich an, wobei er das einfache Kreuz an seiner Brust befingerte. Sein Monarch erwiderte den Blick ungerührt, bis der Kleriker schließlich nickte.
„Einverstanden. Wie bald?“
Erleichtert seufzte Donegan. „So bald wie möglich.“
„Ich werde alles in die Wege leiten. Mein König.“ Mit einem angedeuteten Lächeln verbeugte sich McJoliff. „Und was wirst du nun tun, alter Freund?“
Der Mann in der karierten Tunika grinste und legte das Regierungsschwert quer über den Thron. Dann schritt auf eine kleine Tür an der rückwärtigen Wand zu.
„Jetzt, wo wir das geklärt haben, kann ich im Nordturm schauen, was meine kleine Malerin heute wieder schönes gepinselt hat.“
Der Oberste Priester der Kreuzgläubigen lächelte, ohne daß es seine Augen berührte. „Dann grüß Tinka mal schön von mir.“
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